„Der Absturz“ von Édouard Louis: Wo dieser Hass entsteht

Eine sonderbare Krankheit war das, an der der Bruder von Édouard Louis erkrankt war. Eine unsichtbare Krankheit, schwer zu diagnostizieren, kaum zu messen, trotzdem tödlich. Man muss schon Schriftsteller sein, Seelenleser, Menschenkenner, um sie in ihrer ganzen Gefährlichkeit zu erfassen. So wie Louis: „Mein Bruder war an seinen Träumen erkrankt“, schreibt er in seinem Roman Der Absturz. Zu große Träume, zu kleines Leben. Das muss den Körper, in dem dieser ungleiche Zweikampf stattfindet, irgendwann zerreißen. Schon früh im Leben hatte der Bruder Suizid begangen und bei seinen Eltern angerufen, um sich zu verabschieden. Da lachte der Vater aus vollem Herzen: „Ha, ha, jetzt will er sich auch noch umbringen, was wir mit dem nicht alles erleben, na dann, schönen Selbstmord, tschüss.“