Demokratie wie Staatsform: Ist Demokratie die beste Staatsform, Jan-Werner Müller?
Laut jährlich veröffentlichem Global State of Democracy nimmt die Qualität der Demokratien weltweit ab, während autokratische Systeme auf dem Vormarsch sind. Diese können, wenngleich auf Kosten der Freiheit, durchaus mit Erfolgen aufwarten, was Wirtschaftskraft und Verbesserung der Lebensverhältnisse angeht – das zeigt das Beispiel Chinas. Können Demokratien aktuelle Herausforderungen wie Pandemien, Klimawandel oder Migration effektiv organisieren und lösen? Oder gibt es bessere Alternativen?
Im ZEIT-Podcast Nur eine Frage stellt ZEIT-Chefredakteur Jochen Wegner einfache, aber grundlegende Fragen, die viele von uns umtreiben, auf die eine klare Antwort jedoch oft schwer zu finden ist. Wir befragen die bestmögliche Expertin, den bestmöglichen Experten, den wir für das jeweilige Thema finden können.
Bei „Nur eine Frage“ wollen wir dieses Mal von dem Politologen Jan-Werner Müller wissen: Ist Demokratie die beste Staatsform?
Jan-Werner Müller ist Professor für Politische Theorie an der Princeton University und international bekannt für seine Arbeiten zu Demokratie, Populismus und politischer Ideengeschichte Europas. Bekannt wurde er mit seinem Buch Was ist Populismus? sowie weiteren Werken zu Demokratieverständnis und Demokratiepraxis. Gerade in diesen Zeiten, sagt Müller, zeige sich, was nur die Demokratie könne: den Bürgerinnen und Bürgern das Recht einzuräumen, die Mächtigen zur Rechenschaft zu zwingen.
Im Gespräch erklärt der Princeton-Professor, warum Demokratie immer Konflikt organisiert und nicht Konsens, weshalb Parteien unverzichtbar bleiben, wieso Föderalismus in Krisen ein Schutzwall sein kann – und wie Demokratien in kleinen Schritten ausgehöhlt werden können. Außerdem: Was soziale Medien wirklich verändern, ob „illiberale Demokratie“ ein irreführender Begriff ist und warum es trotz aller Frustrationen keinen empirischen Beleg für eine breite demokratieablehnende Stimmung in der Bevölkerung gibt.
Müller argumentiert, Demokratie sei „institutionalisierte Ungewissheit“: Man wisse nie, wer gewinnt – aber worauf man sich immer verlassen könne, seien faire Verfahren und Grundrechte. In Autokratien sei es umgekehrt. Müller warnt davor, Effektivität mit Autoritarismus zu verwechseln, und hält die Sehnsucht nach dem „wohlwollenden starken Entscheider“ für gefährlich: Was, wenn der eines Tages nicht mehr wohlwollend ist? Demokratische Sicherungen – von unabhängiger Rechtspflege bis zur Dezentralisierung – sind dann lebenswichtig.
Produktion: Pool Artists
Redaktion: Jens Lubbadeh
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