Debüt | Zwischen Freundschaft, Wodka und Putins Moskau: Der Roman „Moscow Mule“ von Maya Rosa
Maya Rosa erzählt in ihrem Debüt „Moscow Mule“ von zwei Studentinnen in Moskau 2006, deren Alltag zwischen Partys, Freundschaft und der wachsenden Kontrolle Putins pendelt. Ein witziger, melancholischer Blick auf eine ganze Generation
Die Romandebütantin Maya Rosa, 1987 in Russland geboren, lebt seit Jahren in Berlin
Foto: Peter Rigaud
Die in Moskau geborene und seit 2011 in Berlin lebende Autorin Maya Rosa legt mit Moscow Mule (Penguin, 320 S., 24 €) ein bemerkenswert leichtfüßiges Debüt vor. Die historische Anthropologin und Absolventin des Leipziger Literaturinstituts erzählt von Karina, die im dritten Semester Politischen Journalismus studiert und mit ihrer besten Freundin Tonya in Moskau lebt – beide teilen Freundschaften, Geheimnisse, gelegentlich auch Männer.
Und wie der Romantitel verrät, machen sie Party und kippen den Wodka-Cocktail Moscow Mule. Wir befinden uns im Jahr 2006: Der Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja schockiert die Studentinnen: Unter diesen Umständen wollen sie ihren Beruf nicht ausüben. Zudem müssen immer mehr Medien die Kremllinie befolgen. Da ist kein Platz mehr für einen kritischen Journalismus. Karina und Tonya beschließen, zu Philologie zu wechseln, weil sie sich dadurch eine Chance auf ein Stipendium im Westen erhoffen.
In 32 Kapiteln zeichnet Rosa ein lebendiges Porträt von Moskau Mitte der Nullerjahre. Zum anderen zeigt sie auch, wie Putins Einfluss immer mehr in den Lebensalltag einsickert. Etwa wenn eine Bekannte begeistert von Vorteilen schwärmt, die eine Parteimitgliedschaft bei den „Naschis“, der Jugendorganisation der Putin-Partei „Geeintes Russland“, mit sich bringe – etwa eine Gratismitgliedschaft in einem Fitnessstudio.
Obrigkeitshörigkeit und vorauseilender Gehorsam
Russlands Realitäten sind nicht nur politisch zu erklären: Mit scharfem Blick entlarvt Rosa – ganz die Anthropologin – auch eine diffuse Obrigkeitshörigkeit und vorauseilenden Gehorsam, die in der russischen Mentalität weiterhin verbreitet sind. Neben dem Inhaltlichen besticht der Roman auch durch seinen originellen Stil: Karinas plaudernder Tonfall verrät zugleich ihre Unsicherheit – zwischen dem Erwartungsdruck ihrer Mutter, von Bekannten und sogar Tonya, die ihr Tagträumerei vorwerfen, sucht sie nach einem eigenen Weg.
Moscow Mule ist ein witziger, manchmal melancholischer Roman über ein studentisches Leben und seine Absurditäten und ein Buch über eine Generation, die aus der Enge hinauswill, ohne sich dabei selbst zu verlieren.
Moscow Mule Maya Rosa Penguin, 320 S., 24 €