China: Was jener Gottkaiser Mao China antat, könnte Xi jener ganzen Welt zumuten – WELT

Eigentlich ist sicher, dass die liberale Gesellschaftsordnung der autokratischen Zentralplanung überlegen ist. Doch die fortschreitende innere Zersetzung des Westens ist Chinas Chance. Wir müssen uns dringend auf unsere Stärken besinnen, denn das Machtgefüge verschiebt sich.

Kürzlich strahlte der Fernsehsender Arte eine sehenswerte Doku-Serie über das Leben und Wirken von Mao Tse-tung aus. Die Serie trug den passenden Titel „Der rote Kaiser“. Denn Mao nutzte das Bekenntnis zu Marx und Lenin nur als Tarnkappe. Weder kannte er sich im Marxismus aus, noch wollte er diese Lehre in China umsetzen. Josef Stalin verglich den chinesischen Politiker daher mit einem Radieschen: außen rot und innen weiß.

Vielmehr knüpfte Mao an die Stellung der chinesischen Kaiser an, die als Götter der irdischen Sphäre galten. Als Gottkaiser regierte er rücksichtslos nur nach eigenen Vorstellungen, die im „Großen Sprung nach vorn“ und der „Kulturrevolution“ unermessliches Leid über die Bevölkerung brachten. An Grausamkeit konnte er es gut mit Josef Stalin und Adolf Hitler aufnehmen, die Hannah Arendt als Meister des Totalitarismus porträtiert hat.

Deshalb sollte es die Welt erschrecken, wenn der gegenwärtige Führer Chinas, Xi Jinping, unverhohlen an Mao anknüpft. Denn wenn Xi als zweiter roter Gottkaiser von China ebenfalls rücksichtslos seine eigenen Vorstellungen umsetzt, hat dies für den Rest der Welt weit gravierendere Folgen als zu Maos Zeiten. Damals war China von Kriegen und Misswirtschaft geschwächt und konnte der Welt nur mit seiner Atombombe drohen.

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Das China Xis hingegen ist dank der marktwirtschaftlichen Reformen seiner Vorgänger zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt geworden und will bis 2050 zur größten Militärmacht der Welt aufsteigen. Was der Gottkaiser Mao seinem Land antat, könnte ein Gottkaiser Xi der ganzen Welt antun.

Auch wenn es nicht zum Schlimmsten kommen mag, ist zu erwarten, dass Xi China und die Welt nach seinen Vorstellungen neu ordnen will. Die chinesische Elite und Masse sollen mit „Furcht in ihren Herzen, Vorsicht in ihrer Rede und Zurückhaltung in ihren Handlungen“ seiner Linie folgen.

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Doch diese ist nicht immer gerade und zielführend. Nach dem Scheitern der rigorosen Politik von „Null Covid“ hob die Regierung im Dezember 2022 schlagartig alle Beschränkungen auf und ließ dem Virus freien Lauf. Den Tod von schätzungsweise einer Million Menschen nahm sie kommentarlos hin.

Obwohl die erhoffte wirtschaftliche Erholung nach der Covid-Kehrtwende ausblieb, unternahm die Regierung lange nichts. Angeblich wollte Xi „quantitatives“ durch „qualitatives“ Wirtschaftswachstum ersetzen. Der aufgeblähte Immobiliensektor sollte sich gesundschrumpfen und Platz für nachhaltigeres Wachstum machen.

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Doch Ende September überraschte die Regierung in einer erneuten Kehrtwende mit einem Konjunkturpaket im Umfang von schätzungsweise sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der von Vielen schon abgeschriebene Aktienmarkt schoss wie ein manipulierter „Penny Stock“ um zwanzig Prozent nach oben.

Auf Weltebene stärkt Xi Jinping den Widerstand gegen den Westen. Unter seiner Führung arbeitet China militärisch-industriell eng mit Russland, Iran und Nordkorea zusammen. Als Anführer der Staatengruppe der BRICS-Plus, die Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Äthiopien einschließt, will Xi den „Globalen Süden“ auf die Seite der Gegner des Westens ziehen.

Eigentlich bräuchte der Westen die Herausforderung Chinas und seiner Helfer nicht zu fürchten. Denn die Geschichte hat gezeigt, dass die liberale Gesellschaftsordnung autokratischer Zentralplanung haushoch überlegen ist. Doch Gefahr droht dem Westen durch die fortschreitende innere Zersetzung seiner Ordnung. Hoffentlich bringt die Bedrohung von außen die Rückbesinnung auf die eigentliche Stärke.

Thomas Mayer ist Gründungsdirektor des Flossbach von Storch Research Institute.

Source: welt.de