China und Japan: Woher kommen die Spannungen zwischen China und Japan?

Nach militärischen Vorfällen im Ostchinesischen Meer wächst die Sorge um eine mögliche Eskalation der Spannungen zwischen China und Japan, beide Länder werfen einander Provokation vor. Die Verhältnisse in der Region sind dabei vielschichtig. Wie stehen die beiden Länder zueinander? Welche Rolle spielen die USA und Taiwan? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Vor den Okinawa-Inseln ist es zu kurzzeitigem Kontakt zwischen
japanischen und chinesischen Kampfflugzeugen gekommen. Innerhalb von wenigen
Stunden kam es laut Japans Verteidigungsministerium zu zwei Vorfällen, in denen
zwei chinesische J-15-Kampfjets in Japans Luftraum eindrangen und dabei japanische
Kampfflieger mit ihrem Feuerleitradar ins Visier nahmen. Der Radar
hilft den Piloten dabei, sich bewegende Ziele im Visier zu behalten – und gibt
ihnen die Möglichkeit, bei Bedarf auf sie zu feuern. Die Flugzeuge sollen dabei
von dem chinesischen Flugzeugträger Liaoning aus gestartet worden sein, der vor
allem im westlichen Pazifik im Einsatz
ist.

Japans Verteidigungsminister Shinjiro Koizumi bezeichnete
die Aktion als „gefährliche und äußerst bedauerliche“ Vorgänge. Als Reaktion
auf den Vorfall habe Japan selbst Flugzeuge entsendet. Es gebe jedoch keine Schäden oder
Verletzte.

Chinas Marine wies die Anschuldigungen umgehend als „komplett
unvereinbar mit den Fakten“ zurück. Vielmehr habe sich ein japanischer
Kampfjet wiederholt chinesischen Einheiten genähert und sie während eines
Trainings gestört. Der Vorfall steht vor dem Hintergrund des sich
verschlechternden Verhältnisses zwischen Japan und China.

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Welche Beziehung haben Japan und China?

Japan und China sind dem Ostasienwissenschaftler Joachim
Glaubitz
 (PDF) zufolge die „strategisch wichtigsten,
politisch und kulturell einflussreichsten Staaten der asiatisch-pazifischen
Region.“ Das Verhältnis der beiden Länder sei dabei seit Langem geprägt von
Misstrauen und Rivalität, da für China Japan als der einzige ernstzunehmende Konkurrent
im Rennen um die Vormachtstellung in der Region gilt. 

Wirtschaftlich und technologisch unterhalten beide Länder zwar teils enge Beziehungen zueinander, gleichzeitig sind die territorialen Machtansprüche Chinas im Ostchinesischen Meer eine Bedrohung für die japanische Wirtschaft. Denn viele wichtige See- und Handelsrouten würden durch das Gebiet verlaufen, die Japan jedoch militärisch nicht schützen könne, so Glaubitz.

Denn während China militärisch seit
vielen Jahren massiv aufrüstet, war die japanische Politik seit dem Ende des
Zweiten Weltkrieges vorwiegend pazifistisch geprägt. Die Nachkriegsverfassung untersagt dem
Land das Recht auf souveräne Kriegsführung. Über das Selbstverteidigungsrecht kann
Japan dennoch ein Militär unterhalten, welches dem direkten Konkurrenten China jedoch
stark unterlegen ist. Angesichts der zunehmenden Aggressivität seiner Nachbarn
China, Russland und Nordkorea hat Japan in den vergangenen Jahren jedoch ebenfalls
mit militärischer Aufrüstung begonnen.

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Welche Rolle spielt Premierministerin Sanae Takaichi?

Trotz der klaren Konkurrenz bemühten sich beide Staaten in
der Vergangenheit um annähernd freundschaftliche Verhältnisse. Diese Bemühungen
erhielten Anfang November einen Dämpfer. Die neu ernannte Premierministerin
Japans, Sanae Takaichi, hatte mögliche Militäraktionen Chinas vor Taiwan als
eine potenzielle „existenzielle Bedrohung für Japan“ bezeichnet. Da die
Nachkriegsverfassung festlegt, dass japanische Streitkräfte nur im Falle einer
Existenzbedrohung des Landes mobilisiert werden dürfen, wurde die Aussage als
eine Drohung an China interpretiert, dass ein Angriff auf Taiwan eine
militärische Reaktion Japans auslösen könnte.

Der Vorfall löste eine Kettenreaktion aus. Während die japanische
Regierung sich bemühte, die Aussagen der Premierministerin zu relativieren,
die Opposition Kritik übte und US-Präsident Donald Trump zur Mäßigung aufrief,
hielt Takaichi grundlegend an ihrer Aussage fest. Das muss sie auch: Mit ihrem
chinakritischen Kurs gewann die rechtskonservative Politikerin den Wahlkampf,
in dem sie mit ihrem Wahlspruch „Japan ist zurück!“ eine neue Stärke und
Wehrhaftigkeit des Landes versprach. Nach ihrer rhetorischen Verschärfung
gegenüber China stiegen ihre Umfragewerte. Ein Abrücken von diesem Kurs könnte demnach
ihre Machtbasis gefährden.

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Wie reagierte China?

Derweil zeigte China eine ähnlich scharfe Reaktion auf
Takaichis Aussagen. In einem inzwischen gelöschten X-Post schrieb der Generalkonsul
in der japanischen Metropole Osaka, ein Kopf, der sich einmische, gehöre
„abgeschlagen“. 

China sprach Reisewarnungen nach Japan aus und
stellte den Import von japanischen Meeresfrüchten ein. Außerdem wurden
Kulturveranstaltungen japanischer Künstlerinnen und Künstler kurzfristig abgesagt.
Zudem erhöhte China seine Präsenz in japanischen Gewässern und ließ etwa die Küstenwache
vor den von Japan kontrollierten Senkaku-Inseln patrouillieren
, die auch China
für sich beansprucht.

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Welche Rolle spielt Taiwan?

Zentral für den derzeitigen Konflikt ist die Rolle Taiwans.
China erkennt den Inselstaat nicht an und betrachtet ihn als abtrünnige Region.
Die Regierung in Peking übt steigenden Druck aus und droht Taiwan immer wieder
mit seinem Militär. Eine Invasion Chinas in Taiwan wird dabei nicht ausgeschlossen.

Das löst international Sorgen aus, weil in einem solchen
Falle mit einer Reaktion der USA gerechnet wird. Diese positionieren sich seit
jeher als Schutzmacht des demokratischen Inselstaats. Unter anderem unterstützen
sie Taiwan mit Rüstungsgütern und betonen regelmäßig, dass ein chinesischer
Angriff auf das Land Konsequenzen hätte. Japan ist derweil ein bekannter, enger
Verbündeter der USA. Die Implikation Takaichis, ein Angriff auf Taiwan könne auch
eine militärische Mobilisierung Japans auslösen, ist jedoch neu.

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Welche Verhältnisse herrschen im Ostchinesischen Meer?

Entsprechend angespannt sind die Verhältnisse in der Region.
Auf der einen Seite steht Chinas expansionistische Politik mit seinen
Drohgebärden Richtung Taiwan. Auf der anderen Japan, welches zuletzt ebenfalls
seine Militärpräsenz im Ostchinesischen Meer erhöhte – zum Beispiel durch die
geplante Stationierung von Raketen nahe Taiwan –, wodurch sich China wiederum
bedroht sieht
.

Hinzu kommt die ambivalente Rolle der USA. Zum einen
verbindet das Land eine enge Partnerschaft mit Japan. Donald Trump drängte Japan
und Südkorea zuletzt vermehrt zu mehr Aufrüstung, das US-Militär hat zahlreiche
Stützpunkte in beiden Ländern. Sollte es in Taiwan tatsächlich zu einer gewaltsamen
Auseinandersetzung zwischen den USA und China kommen, könnte dementsprechend
auch japanisches Staatsgebiet Ziel chinesischer Angriffe sein.

Gleichzeitig näherten sich der US-Präsident und Chinas Präsident
Xi Jinping zuletzt wieder an. Die von Trump verhängten US-Zölle auf chinesische
Waren hatten einen Handelsstreit provoziert, den Trump bei seinem Staatsbesuch
in China Ende Oktober jedoch für beendet erklärt hatte. Beide Staatschefs sprachen
sich nach einem gemeinsamen Treffen dafür aus, „Partner und Freunde“ sein zu
wollen. Dies heizte Befürchtungen an, die USA könnten sich im
Ernstfall von Taiwan abwenden.

Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, Reuters und AFP

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