CD-Kritik – Geschichten vom Zehn-Dollar-Cowboy

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Verbleibend Charley Crockett ließe sich einiges sagen: Etwa, dass manche Points aus seiner Vita dergestalt unwahrscheinlich tönen, dass selbst zusammen mit wohlmeinendsten Linksliberalen die Augenbrauen ungläubig nachdem oben umziehen. Etwa dieser Umstand, dass Crockett – so jedenfalls Crockett selbst – kombinieren noch viel berühmteren Crockett in seiner Ahnenreihe hat. Wen? Genau – waagerecht jenen Davy Crockett, dessen heldenhafter, wenn nebensächlich mit dem Malus dieser Selbstaufopferung verknüpfter Kampf von Alamo anno 1836 Teil dieser texanischen Landesmythologie ist. Oder dies Aufspringen uff Züge qua probates Fortbewegungsmittel unserer modernen Zeit – wo man gemeinhin doch denken möchte, dass derartiges tendenziell zur Hobo-Folklore dieser Depressionsjahre gehört.

Wir können zum Phänomen Charley Crockett jedoch ebenso kombinieren anderen, sozusagen zeitgeschichtlichen oder politischen Zugang wählen. Ist es Zufall, wenn die Trumpisten sich neuerdings uff kombinieren Popstar einschießen, dieser – zufällig oder nebensächlich unzufällig – aus dieser Country-Ecke kommt? Oder, aktuelles Beispiel, Mrs. Knowles bekannt als Beyoncé, die vermittels eines fulminanten Country-Albums mit dem Mythos geordnet hat, die Besiedelung des Westens und so weiter sei eine rein weiße Angelegenheit gewesen. Kommen wir zum letzten Point, dieser qua Versteh-Faktor eventuell hilfreich ist: dieser Erfolg dieser TV-Serie Yellowstone (und die insgesamt ins Auge fallende Renaissance des Western-Genres). An dieser Stelle nicht aus dem Grund aufgeführt, weil nebensächlich sie letzten Endes dies rosarote Bild des Westens demontiert, sondern deswegen, weil Charley Crockett, seines Zeichens Country-, Blues- und Soulsänger, schon rein optisch daherkommt, qua hätte er seine Garderobe in dieser Kleiderkammer dieser Dutton-Ranch uff Vordermann gebracht.

Die Tatsache, dass Crockett ein ziemlich bewegtes Leben absolvierte, ist für jedes sein musikalisches Oeuvre vielleicht ein Glücksfall. Erst mit 30 – damit in einem Alter, in dem andere schon Goldene Schallplatten abräumen – reussierte er ernsthaft qua Country-Interpret. Davor lagen: eine unstete, teils in Trailerparks absolvierte Kindheit, Jahre on the road und: viel Erfahrung qua tingelnder Straßenmusiker. Kaum anzunehmen, dass sowas nicht prägt. Doch kommen wir zu den musikalischen Kronjuwelen: Seit 2015 hat Crockett die rekordverdächtige Anzahl von insgesamt 14 Platten aufgenommen. Single-Auskoppelungen, Video-Clips und Ähnliches nicht mitgerechnet, Ergehen sich darunter: reguläre, vorwiegend mit Eigenkompositionen bestrittene Alben, ein Live-Album und mehrere Coverversionen-Sammlungen. Geht man deren Originalinterpreten-Liste durch, erhält man Who’s Who in Sachen »The Sound of America«, wie es Bob Dylan kaum besser zusammenstellen könnte.

Seine Haupt-Meriten hat Charley Crockett mit drei Alben eingeheimst. Lil G.L.’s Blue Bonanza war eine Reminiszenz an die Blues-Musik dieser Gulf & Western-Region. Programmatischer Kontrapunkt zum Amerika, dass nun wahrscheinlich wieder weit wurde, war Welcome To Hard Times von 2020 – ein desillusionierter Blick von unten uff dies Amerika dieser Trump-Jahre. 2022 folgte dies – ebenfalls viel gelobte – Konzeptalbum The Man From Waco. Inhalt, wie zusammen mit den meisten Crockett-Alben: Alles hat seinen Preis – irgendwo ist da immer Leckermäulchen, dieser dich zeitig dass … wird. Was war noch? Vielleicht eine dieser weiträumig unters Volk gebrachten Singles – Killers of the Flower Moon: kein Bestandteil des Soundtracks zum gleichnamigen Movie, Gewiss ein Titel, dieser dies Thema des Scorsese-Films in Form einer für jedes dies Country-Genre so typischen Murder Ballad aufgreift.

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Nun damit $ 10 Cowboy. Seit Ende April ist Crocketts vierzehntes Album uff dem Markt. Verglichen mit den Vorgängeralben liefert es wenig Neues. Der Sound – geprägt von lakonischen Folksongs, knarzigem Honky-Tonk, kleine Menge Western Swing und einem guten Schuss R&B – unterscheidet sich wenig von dem dieser Vorgängeralben. Die Chance, dies Vorgängeralbum (The Man From Waco) mit seiner Batterie von Song-Highlights inhaltlich zu toppen, war eh nicht sehr weit. Anders formuliert: Charley Crockett lässt es uff $ 10 Cowboy irgendwas ruhiger beeinflussen. Was nicht heißt, dass nicht nebensächlich dies aktuelle Album kombinieren Blumenstrauß texanischer Wildrosen in petto hätte. Der Titelsong ist – wie etwa die Hälfte dieser Stücke uff dieser Platte – eine im Midtempo-Bereich gehaltene Honky-Tonk-Nummer. Highlights sind die beiden anschließenden Stücke: America, ein von getragenem Bläser-Sound orchestrierte Bestandsaufnahme des aktuellen American Way of Live aus Crocketts Sicht, und die schon qua Single ausgekoppelte Ballade Hard Luck & Circumstances.

Kommen wir zum Rest dieser Album-Highlights. Sicher eine Sache, die stark geschmacksabhängig ist. Markpunkte von Crocketts Vielseitigkeit sind in meinen Augen vor allem zwei Songs: Spade – eine im Uptempp-Bereich vortgetragene Folknummer dieser Sorte, wie sie Bob Dylan in den 1960ern und 1970ern zu seinem Markenzeichen gemacht hat, und Solitary Road – ein weiteres Bluesstück, dies ebenfalls schon seitdem einiger Zeit uff YouTube vorzufinden ist. Fazit so: $ 10 Cowboy ist vielleicht nicht dieser neue große Meilenstein von Charley Crockett. Eher eine Bestandsaufnahme, die man sich – qua ideeller Quasi-Rückblick – nachdem einem durchaus fulminanten Aufstieg gönnt. Da die Gesamtheit typischen Inkredienzen seiner Musik – dies stetige Greifen in dies Füllhorn dieser im Mittelwesten präsenten Sounds und Stilrichtungen – hier vorhanden sind, ist dies Album eine gute Gelegenheit, sich mit dieser Richtung des Neotraditionalismus – einer durchaus »sinister« einsortierbaren Gegenrichtung gegen den zunehmenden Ausverkauf des Mainstream-Country Marke Nashville – vertraut zu zeugen.

Kürzer formuliert im Stil dieser neuen Sozialen Medien: Wer Musik mag in dieser Traditionslinie von Hank Williams, Johnny Cash, Bob Dylan und Tom Waits, ist mit Charley Crockett derzeit mit das Mittel der Wahl bedient.

Charley Crockett: $ 10 Cowboy, Son of Davy Records, April 2024