Bundesregierung beschließt Rentenpaket: Das sind die Details – WELT

Das Bundeskabinett hat das Rentenpaket II beschlossen. Die Ministerrunde machte am Mittwoch den Weg für die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) frei, wie die Nachrichtenagenturen dpa und Reuters berichten.

Zuvor hatte die Koalition monatelang über die Pläne gerungen. Das Finanzressort blockierte den Gesetzentwurf zuletzt noch im Streit um den Bundeshaushalt. Mit dem Kabinettsbeschluss ist nun der Bundestag am Zug. Das Bundeskanzleramt hatte zuvor die Länder um Fristverkürzung gebeten, so dass der Bundesrat die Reform bereits in seiner Sitzung am 5. Juli beraten kann.

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Das sind die Rentenpläne im Überblick:

  • Rentenniveau: Es wird garantiert, dass das Rentenniveau bis 2039 nicht unter 48 Prozent eines Durchschnittslohns sinkt, der zum Zeitpunkt des Rentenbezugs in Deutschland gezahlt wird. Das Rentenniveau ist nur eine Rechengröße und sagt nichts über die Höhe einer individuellen Rente. Kerngröße ist die sogenannte Standardrente nach 45 Beitragsjahren, in denen ein Beschäftigter jedes Jahr genau den Durchschnittslohn verdient hat. Das wäre seit dem 1. Juli 2023 eine Rente von 1692 Euro monatlich.
  • Garantie greift ab 2027: Laut Gesetzentwurf könnte das Rentenniveau ab 2027 ohne Gegenmaßnahmen sinken, auf zunächst 47,8 Prozent und dann 46,9 Prozent 2030. 2035 könnte es bei 45,3 Prozent liegen und 2045 bei nur noch 44,9 Prozent. Das Rentenniveau sinkt, weil auf einen Rentner weniger Beschäftigte kommen, aus deren Beiträgen die Renten gezahlt werden.
  • Finanzierung: Gesetzlich wird nun garantiert, dass die Rentenerhöhungen immer mindestens so hoch ausfallen, dass 48 Prozent eines Durchschnittslohns erreicht werden. Das kostet zusätzliches Geld. Finanziert wird dies aus der Rentenkasse, die sich zum größten Teil aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern speist. Aus dem Bundeshaushalt fließen zudem jährlich über 100 Milliarden Euro in die Rentenversicherung.
  • Beiträge steigen: Die Niveaugarantie kostet Geld. Laut Gesetzentwurf steigt der Beitragssatz, den Beschäftigte und Arbeitgeber zahlen, in den 2030er-Jahren voraussichtlich weitaus stärker als bisher angenommen – und zwar von derzeit 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent eines Bruttolohns im Jahr 2035. Der Beitrag läge damit um 1,1 Prozentpunkte höher als nach geltendem Recht zu erwarten. Ein Prozentpunkt entspricht derzeit Beitragsseinnahmen von über 15 Milliarden Euro in einem Jahr
  • „Generationenkapital“: Der Beitragsanstieg soll durch ein neues Instrument gedämpft werden. Aus Schulden des Bundes soll bis 2036 ein Kapitalstock von 200 Milliarden Euro angehäuft werden. Dieser soll durch Anlage etwa in Aktien und Fonds ab Mitte der 2030er-Jahre jährliche Ausschüttungen an die Rentenversicherung von zehn Milliarden Euro ermöglichen. Das wären 2045 1,25 Prozent der laut Gesetzentwurf dann erwarteten Rentenausgaben von insgesamt 802 Milliarden Euro. Die Regierung will dazu eine „Stiftung Generationenkapital“ einrichten, die von einem Vorstand und einem Kuratorium geführt wird. Zunächst soll der Atomendlager-Fonds Kenfo die Milliarden verwalten.
  • Finanzierung der Aktienrente: Ab 2024 zahlt der Bund jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag als Darlehen in ein Stiftungsvermögen, das Generationenkapital genannt wird. In diesem Jahr sind es zwölf Milliarden Euro. Der Betrag wird in den Folgejahren jährlich um drei Prozent erhöht. Im Jahr 2025 wären es laut Gesetzentwurf 12,4 Milliarden Euro, im Jahr 2045 schon 22,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen 15 Milliarden Euro, die der Bund bis 2028 aus eigenen Mitteln – etwa durch Übertragung von Vermögenswerten wie Unternehmensbeteiligungen – beisteuern will: „Bis zum Jahr 2036 soll das Generationenkapital ein Volumen von 200 Milliarden Euro erreicht haben.“

Wie geht es nach dem Kabinettsbeschluss weiter?

Damit das Generationenkapital noch 2024 eingerichtet werden kann, drückt die Regierung aufs Tempo. Per Brief bat das Kanzleramt die im Bundesrat versammelten Länder um Fristverkürzung bei den Beratungen. Auch in der Koalition ist das letzte Wort nicht gesprochen. Die FDP zeigte sich zuletzt gar nicht mehr zufrieden mit den Plänen.

FDP-Chef Christian Lindner hält weitere Reformen für nötig. „Die Beiträge in der gesetzlichen Rente werden aufgrund der Alterung der Gesellschaft voraussichtlich bis in die 30er Jahre steigen, wenn sich nichts ändert“, sagte der Finanzminister. Die FDP hatte kritisiert, letztlich würden junge Leute stärker belastet, um die Rente der älteren Generation zu stabilisieren. Sowohl im Bundestag als auch in der Regierung sei weitere Arbeit nötig, betonte Lindner. „Generationengerecht ist eine Rente dann, wenn sie auf der einen Seite dafür sorgt, dass Menschen sich nicht vor dem Alter fürchten müssen, aber auf der anderen Seite auch die Aktiven nicht überlastet werden.“ Hier sei die Debatte noch nicht beendet.

Auch dem parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion, Johannes Vogel, sind die künftigen Beitragsbelastungen für die heute jüngere Generation zu hoch. Die Absicherung sei mit den Heil-Lindner-Plänen nicht generationengerecht. Im Gesetzesverfahren gebe es ausreichend Gelegenheit für Verbesserungen. Nun lobte FDP-Fraktionschef Christian Dürr das Rentenpaket aber als „Jahrhundertreform“. „Zum ersten Mal in der Geschichte unseres Landes profitieren Millionen von Arbeitnehmern und späteren Rentnern von den Kapitalmärkten“, sagte er im rbb24 Inforadio.

Source: welt.de