Bundesnetzagentur: Netzbetreiber sollen Solaranlagen deaktivieren die Erlaubnis haben, um Blackouts zu verhindern – WELT
Die Netzbetreiber sollen künftig in kritischen Zeiten Solaranlagen abschalten können, um Blackouts zu verhindern. Das fordert der Präsident der Bundesnetzagentur. Außerdem soll die Einspeisevergütung bei negativen Marktpreisen gestoppt werden, um die Steuerzahler nicht weiter zu belasten.
Die Bundesnetzagentur fordert Abschaltmöglichkeiten für Sonnenkraftanlagen, um Solar-Blackouts zu verhindern. „Verteilnetzbetreiber müssen in die Lage versetzt werden, bei kritischen Netzsituationen Solaranlagen zu steuern, um die Netze stabil zu halten“, sagte Behördenpräsident Klaus Müller im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Es führt kein Weg daran vorbei, neue Solaranlagen steuerbar zu machen.“
Die entsprechenden Gesetzesänderungen müsse der Bundestag schon „ab diesem Herbst“ verabschieden. „Dann können alle Akteure das alles schnell genug an den Start bringen.“
Anlass für die Forderung ist der massive Solar-Ausbau. Der sei zwar „sehr erfreulich“, sagte Müller, betonte aber: „Gleichzeitig muss der Netzausbau vor Ort damit Schritt halten.“ Dies ist vielerorts nicht der Fall.
Neben der Abriegelungsmöglichkeit in kritischen Netzsituationen müssten Solarparks künftig auch „die Einspeisung stoppen, wenn niemand für den Strom bezahlen will“, forderte der Präsident der Bundesnetzagentur. „Die Einspeisung sollte sich künftig am Marktpreis und damit am Verbrauch orientieren.“
Derzeit erhalten Solarpark-Betreiber Garantiepreise vom Staat für ihren Strom, selbst wenn die Marktpreise negativ sind, weil der Strom nicht gebraucht wird. Das kostet den Steuerzahler Millionen Euro.
Interessen von Investoren sollen besser mit Versorgungssystem abgestimmt werden
„Es geht nicht darum, den Solar-Ausbau zu bremsen“, betonte der Behördenpräsident. „Es gilt aber, die technischen Möglichkeiten auszureizen, etwa wenn Solaranlagen um Speicher ergänzt sind, dann kann überschüssiger Strom gespeichert und nicht abgeregelt werden.“
Die Interessen der Investoren und des Systems müssten besser als bisher aufeinander abgestimmt werden. „All das pragmatisch umzusetzen ist zugegebenermaßen ein schwieriger Auftrag für alle Akteure. Da müssen wir jetzt ran.“
Außerdem soll mehr Windstrom aus dem Norden in den Süden kommen. Dafür sollen in den nächsten Jahren Tausende Kilometer neuer Überland-Stromleitungen verlegt werden. Ein wesentlicher Teil ist als Erdkabel geplant, und daran will die Bundesnetzagentur trotz Sparvorschlägen aus der Politik nicht rütteln. „Wir sollten jetzt Kurs halten“, empfahl Müller. Er widersprach damit mehreren Bundesländern. Um weniger Geld auszugeben, wollen sie lieber Freileitungen bauen.
Der Bundesnetzagentur-Chef erklärte, vor anderthalb Jahren hätte man mit so einer Entscheidung 16,5 Milliarden Euro einsparen können. Seitdem sei aber nach der geltenden Gesetzeslage mit Erdkabeln weiter geplant worden. Dabei sei man sehr gut vorangekommen. „Sollte die Politik jetzt doch noch einen Kurswechsel vollziehen, würde das zu einer signifikanten Verzögerung und folglich zu erheblichen Mehrkosten führen“, warnte Müller.
Die Agentur schätzt das Investitionsvolumen für den Ausbau der Übertragungsnetze nach früheren Angaben bis 2045 auf rund 320 Milliarden Euro – einschließlich der Wind-auf-See-Anbindungen, der sogenannten Offshore-Projekte. Laut Bundeswirtschaftsministerium müssen rund 18.000 Kilometer an Netz verstärkt oder ausgebaut werden. Die Anzahl der in Bau gegangenen Trassenkilometer habe sich im Jahr 2023 gegenüber 2021 verdoppelt.
dpa/ots/saha
Source: welt.de