Bundeshaushalt 2025: Wo jener Staat noch sparen kann

Nächste Woche wird es spannend. Dann läuft die Frist ab, die sich die Ampelkoalition gesetzt hat: Noch im Mai will die Bundesregierung ihr Rentenpaket beschließen – doch da stellt sich Finanzminister Christian Lindner bisher quer. Er findet, die anderen Minister wollen zu viel Geld ausgeben. Vor einem halben Jahr hat das Bundesverfassungsgericht es der Bundesregierung schwieriger gemacht, Schulden aufzunehmen – seitdem ist der Bundeshaushalt ein großes Streitthema. Wer bekommt noch mehr Geld?

Dabei geht es dem bundesdeutschen Fiskus eigentlich gar nicht so schlecht. Zwar haben die Steuerschätzer vor wenigen Tagen ihre Prognose nach unten korrigiert, aber ihre Voraussage lautet nach wie vor: Die Steuereinnahmen steigen immer weiter, so wie schon seit Jahren, sie steigen schneller als die Preise und auch schneller als das, was Deutschland erwirtschaftet. Immer größer wird der Teil, den der Staat bekommt.

Drohende Ministerinnen

Doch der Ampelkoalition reicht das Geld nicht aus. Zu groß sind die Wünsche, zu vielfältig die politischen Ziele. Für Menschen ohne Arbeit gibt es mehr Bürgergeld. Die Bahn bekommt jedes Jahr ein paar Millionen Euro mehr, um ihre maroden Schienen wieder in Schuss zu bringen. Die Bundeswehr soll wieder kriegstüchtig gemacht werden, wie es sich der Verteidigungsminister wünscht. Zudem steigen die Zinsen, die Schulden des Bundes machen sich nun wieder schmerzhaft im Staatshaushalt bemerkbar. Überdies glaubt die Bundesregierung, dass sie ihre Energiewende nur durchsetzen kann, indem sie Subventionen verteilt. Im Klima- und Transformationsfonds, dessen Nutzung das Bundesverfassungsgericht eingeschränkt hat, gibt die Regierung allein in diesem Jahr trotzdem noch 49 Milliarden Euro aus – ungefähr so viel wie für Bildung und Forschung, Gesundheit und Familien zusammen.

Jetzt fehlen 25 Milliarden Euro, doch die Zusatzwünsche der einzelnen Ministerien machen die Lücke noch viel größer. Wieder beginnt das Spiel, das schon im vergangenen Jahr für Aufregung gesorgt hat: Ministerinnen drohen, symbolisch wichtige Haushaltsposten zu kürzen, zum Beispiel das Geld für die Bundeszentrale für politische Bildung oder für das Technische Hilfswerk – mit dem Ziel, die Verantwortung dafür beim Finanzminister abzuladen und ihn noch zu erweichen. Vielleicht stimmt er am Ende doch einer weiteren Ausnahme für die Schuldenbremse zu? Auf der anderen Seite steht die Opposition und nimmt anscheinend unsinnige Ausgaben aufs Korn, zum Beispiel Radwege in Peru, für die nach Angaben des zuständigen Ministeriums 44 Millionen Euro fällig werden.

Wahr ist: Weder die Millionen für die Bundeszentrale für politische Bildung noch die Millionen für Radwege werden den Bundeshaushalt sanieren. Die größten Ausgabenposten sind andere. Ganz oben auf der Liste steht das Sozialministerium, dessen Ausgaben noch nicht mal alle Sozialleistungen der Bundesregierung abdecken, das aber trotzdem mehr als ein Drittel des Haushalts ausmacht. In diesem Posten steckt vor allem das Geld für die Rentner, insgesamt 130 Milliarden Euro. Das Geld gilt landläufig als Ausgleich dafür, dass viele Menschen Renten bekommen, ohne selbst eingezahlt zu haben – so eindeutig ist es aber nicht. Im Jahr 1999 führte die rot-grüne Koalition die Ökosteuer ein, mit deren Einnahmen bis heute ebenfalls die Rentenkasse entlastet wird.

Die Bundesregierungen der vergangenen Jahre sind nicht sehr sorgfältig mit der Rentenkasse umgegangen. Immer wurden noch mehr Leistungen eingeführt, die es immer schwieriger machten, den Zuschuss des Bundes zu senken. Fachleute fordern schon lange eine Reform der Rente, doch die würde eher langfristig wirken und nicht gleich im kommenden Jahr den Haushalt um 25 Milliarden Euro entlasten.

Die teuersten Bahnstrecken der EU

Das Problem betrifft nicht nur die Rente. Da, wo der Finanzminister viel sparen kann, da dauert das Sparen auch lange. Zum Beispiel an der Verwaltung, die unter Ökonomen als verbesserungswürdig gilt: Fast überall könnte der Staat mit gleichem Geld mehr erreichen. Das Beschaffungswesen der Bundeswehr gilt immer noch als ineffizient, und Bahnstrecken baut niemand in der Europäischen Union so teuer wie die Deutschen.

Wie der Bundeshaushalt auf Dauer entlastet werden kann, darüber müsste die Bundesregierung dringend sprechen. Jetzt aber muss sie erst einmal ihre Wünsche fürs nächste Jahr eindampfen. Und da kann sie nur mit einem kleinen Teil des Budgets arbeiten. SPD-Haushälter Dennis Rohde verweist auf einen Bericht des Bundesrechnungshofs: Nur zehn Prozent der Ausgaben könne die Regierung flexibel kürzen, der Rest sei längerfristig gebunden. Sein Kollege von den Grünen, Sven Christian Kindler, kommt angesichts dessen zu dem Schluss: „Wenn man die Haushaltslücke über Kürzungen ausgleichen will, dann hat die Koalition aus nachvollziehbaren Gründen große Teile der Wirtschaft, des sozialen und kulturellen Lebens gegen sich.“ Einsparungen gingen nämlich leicht zulasten der Investitionen, weil man da einfach den Baubeginn verschieben kann.

Wo Lindner schnell sparen kann

Zu den Ausgabeposten, wo sich relativ schnell viel sparen ließe, gehört das Bürgergeld. Alles, was dazugehört, summiert sich auf mehr als 40 Milliarden Euro. „Die Höhe ist zu einem gewissen Grad vorgegeben, aber es gibt Spielräume“, sagt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Auch das war der Grund dafür, dass Arbeitsminister Hubertus Heil in der Haushaltseinigung fürs laufende Jahr versprochen hat, mehr Menschen in Arbeit zu bringen. Bisher ist er damit noch nicht weit gekommen und hat jetzt mehr Ausgaben angemeldet. „Da kann man nachsteuern“, glaubt Ökonom Heinemann.

Ansonsten bleibt ungefähr das, was die Bundesregierung gerade probiert: die Einsparungen halbwegs gleichmäßig über alle Bereiche zu verteilen. Clemens Fuest, der Chef des Münchener Ifo-Instituts, findet sogar: Wenn die Koalition sich gar nicht einigen kann, dann könne sie alle Subventionen um einen bestimmten Prozentbetrag kürzen. Politische Schwerpunkte wären damit nicht gesetzt, aber das Geld wäre eingespart. Je nach Rechnung würde jede Staatszahlung dabei um 25 bis 40 Prozent sinken.

Bei diesem Vorschlag denkt mancher womöglich an eine Liste des Umweltbundesamtes mit umweltschädlichen Subventionen, die sich streichen ließen. Vieles davon liefe auf Steuererhöhungen hinaus, die angeblichen Einsparungen gelten unter Ökonomen als heillos überschätzt. Doch die Liste lenkt den Blick auf die andere Seite des Staatshaushalts: Auch wenn der Staat immer mehr Geld bekommt, sind manche Leute der Ansicht, das reiche noch nicht, die Abgaben müssten steigen.

Vermögenssteuer lohnt sich nicht

Die populärsten Vorschläge bringen da allerdings wenig. Die Vermögensteuer wieder einführen? Die nützt nicht dem Bund, sondern den Ländern – und auch denen kaum, denn es ist teuer, den Wert von Vermögen fair zu bestimmen. Die Reform der Grundsteuer war kompliziert genug, und die beschäftigt sich nur mit Immobilien. Deshalb wären die Einnahmen einer Vermögensteuer nicht viel höher als ihre Verwaltungskosten.

Auch ein höherer Spitzensteuersatz brächte nicht viel, ein paar Milliarden Euro vielleicht, schätzt die Ökonomin Dominika Langenmayr von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt – es gibt zu wenige wirklich reiche Leute in Deutschland. Wer den Haushalt über die Einkommensteuer sanieren will, der müsste die Mittelschicht belasten. Oder, auch das ginge: auf viele Produkte statt sieben Prozent Mehrwertsteuer 19 Prozent verlangen. Auch das träfe allerdings die Breite der Deutschen und würde die Inflation steigern.

Einnahmen lassen sich aber auch anders erhöhen als mit Abgaben. Wenn die Bundesregierung die Wirtschaft mit billigen Reformen in Gang brächte, zum Beispiel durch Bürokratieabbau, dann stiegen die Steuereinnahmen schneller. So entstünde mehr Spielraum für die Politik. Auf diese Weise schaffte es Finanzminister Wolfgang Schäuble während der Zehnerjahre, immer neue soziale Wohltaten zu finanzieren und trotzdem keine neuen Schulden zu machen. Das aktuelle Haushaltsloch lässt sich auf diese Weise aber auch nicht mehr stopfen.