BSW: Fabio De Masi will Wagenknecht-Nachfolger werden. Heikel ist eine andere Personalie
Jetzt ist raus, welche Rolle Sahra Wagenknecht im BSW künftig spielen will und wer ihr an der Parteispitze nachfolgen soll. Doch internen Sprengstoff birgt die Kandidatur eines Unternehmers aus Brandenburg für den Bundesvorstand
Noch sitzt Sahra Wagenknecht in der Mitte – gerahmt von dem Duo, das künftig das BSW führen soll: Fabio De Masi und Amira Mohamed Ali
Foto: Tobias Schwarz/AFP/Getty Images
Sie hatten einen ausgewiesenen Experten für Personalpolitik dabei, als das BSW in den vergangenen Wochen im Hintergrund über seine personelle Neuaufstellung beriet. Einen, der sich auf einem anderen Feld als der Politik auf das Entdecken von Talenten, deren Förderung und Integration ins Kollektiv versteht. Der zudem Kommerz und Kult erfolgreich miteinander zu verschränken versteht.
Doch jetzt, am Anfang des Weges des BSW hin zu einer Lebensfähigkeit ohne Wagenknecht-Kult, wird der Name jenes BSW-Mitglieds weiter nur hinter vorgehaltener Hand genannt. Die künftige Besetzung des Amts des Generalsekretärs, für die er gehandelt wird, bleibt bis auf Weiteres vakant. Sie sind immer noch nicht vollends sortiert beim BSW, das nach dem Bundesparteitag am 6. und 7. Dezember in Magdeburg nicht mehr „Bündnis Sahra Wagenknecht“, sondern „Bündnis Soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftliche Vernunft“ heißen soll.
Was neben dem Vorschlag für den Parteinamen feststeht: Sahra Wagenknecht tritt nicht mehr als Bundesparteivorsitzende an. Der Europaabgeordnete Fabio De Masi will in Magdeburg ihr Nachfolger werden und das BSW fortan mit der bisherigen Vorsitzenden Amira Mohamed Ali führen. Er gehöre zwar nicht zu denen, die sich nach neuen Parteiämtern sehnten, sei „der Bitte von Sahra Wagenknecht und anderen“ aber „aus voller Überzeugung nachgekommen“. Die Unzufriedenheit im Land steige, das BSW werde dringend gebraucht.
Wagenknecht soll eine BSW-Grundwertekommission aufbauen
Wagenknecht indessen wird eine BSW-Grundwertekommission aufbauen und leiten. In dieser Rolle habe sie weiter Sitz und Stimme im BSW-Präsidium und im Parteivorstand: „Ich werde vielleicht nicht jedes Mal da sein“, sagte Wagenknecht lächelnd in Bezug auf die beiden obersten Parteigremien. Sie sei in den vergangenen anderthalb Jahren „extrem durch Aufgaben des Parteimanagements und des Organisatorischen beansprucht“ gewesen, was „mich für andere Aufgaben lahmgelegt hat“. Die inhaltliche und strategische Profilierung der Partei sei fortan ihr Fokus. „Ich möchte in Zukunft den Kopf wieder freihaben für die Dinge, die meine Stärken sind und die dem BSW am meisten helfen“, sagte Wagenknecht.
Damit wählt das BSW einmal mehr einen noch nicht ausgetrampelten Pfad in der deutschen Politik. Die Vorsitze von Grundwertekommissionen sind bisher meist Mitgliedern vorbehalten, die die Partei eher vom Rande her mit intellektuellen Impulsen versorgen, aber im inneren Machtgefüge keine zentrale Rolle einnehmen sollen. Bei der SPD sitzt Gesine Schwan der Grundwertekommission vor, bei der CDU hatte diese Position bis 2023 der Historiker Andreas Rödder inne.
Doch Rödders Art, dieses Amt auszufüllen, könnte Wagenknecht als Vorbild dienen – verfügte er doch mittels markanter Äußerungen über eine starke öffentliche und mediale Präsenz. Allerdings trat Rödder vom Vorsitz der CDU-Grundwertekommission zurück, weil er sich mit manchen dieser Äußerungen massive Kritik aus der eigenen Partei eingehandelt hatte. So hatte Rödder seiner CDU geraten – ebenso wie Sahra Wagenknecht –, sich gerade in Ostdeutschland auf Minderheitsregierungen einzustellen, die punktuell auch vor Unterstützung durch die AfD nicht zurückschrecken.
Was Fabio De Masi über die Brandmauer und Koalitionen mit der AfD sagt
Auf Minderheitsregierungen unter anderem in Sachsen-Anhalt nach der Landtagswahl 2026 stellt sich auch das BSW ein. „Wir wollen auf keinen Fall in Koalitionen, die nur dazu da sind, Mehrheiten gegen die AfD zu organisieren, aber nicht mit der aktuellen Politik brechen, die die Unzufriedenheit im Land erhöht“, sagte der designierte Parteichef De Masi zuletzt dem Freitag: „Und wir werden auch mit der AfD in keine Koalition gehen. Dann muss es eben Minderheitsregierungen geben, und man muss mit uns sprechen, wenn man von Fall zu Fall unsere Unterstützung haben möchte. Wir werden Anträge in der Sache prüfen.“
Derzeit ist das BSW als Koalitionspartner in zwei Landesregierungen vertreten. Aus dem Thüringer Landesverband hat der Bundesvorstand keinen Kandidaten für seine Neuwahl in Magdeburg vorgeschlagen, aus Brandenburg hingegen gleich zwei: Friederike Benda, BSW-Landesvorsitzende in Brandenburg, soll weiter auch dem Bundesvorstand angehören. Neu wäre dort der von Wagenknecht & Co. vorgeschlagene Brandenburger Landtagsabgeordnete Oliver Skopec.
Oliver Skopec steht dem BSW-nahen „Zukunftsbündnis Wirtschaft“ vor
Skopec ist Mitgründer und Vorsitzender des als Verein organisierten „Zukunftsbündnis Wirtschaft“, das das Ziel verfolgt, den Dialog zwischen dem BSW und der Wirtschaft zu fördern. Seine vom Bundesvorstand unterstützte Kandidatur dürfte das Rumoren im BSW weiter befeuern: Etlichen Ex-Linksparteimitgliedern ist die exponierte Rolle diverser Unternehmer aus dem Kreis Wagenknechts ein Dorn im Auge. Die Unternehmer wiederum hadern mit der fundamental kapitalismuskritischen Ausrichtung der Ex-Linken.
Aus diesen Gründen ist der Manager Oliver Jeschonnek gerade vom BSW-Landesvorsitz in Hessen und vom Kreisvorsitz in Frankfurt am Main zurückgetreten. Jeschonnek fungiert im „Zukunftsbündnis Wirtschaft“ weiter als Stellvertreter des Vorsitzenden Oliver Skopec. Skopec sagte über den Rücktritt Jeschonneks dem Freitag, dieser vermisse im BSW die erfolgreiche „Verschränkung von sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft“, und weiter: „Aber ich bin zuversichtlich, dass wir das auch mit der Heterogenität unserer Mitgliedschaft hinbekommen.“
Der bisherige BSW-Generalsekretär Christian Leye kandidiert beim Parteitag in Magdeburg als stellvertretender Parteivorsitzender. Diese Funktion wollen der Bauingenieur und Wirtschaftswissenschaftler Shervin Haghsheno, der nordrhein-westfälische BSW-Landeschef Amid Rabieh ebenso wie Friederike Benda aus Brandenburg behalten. Bundesgeschäftsführer soll Lukas Schön, Bundesschatzmeister Ralph Suikat bleiben.
Was wird aus der SPD-BSW-Koalition in Brandenburg?
Des Weiteren soll das Präsidium auf bis zu sieben Stellvertreter wachsen, und zwar, nach dem Willen der Parteispitze, um Jessica Tatti aus Baden-Württemberg, zuletzt Geschäftsführerin der BSW-Gruppe im Bundestag, den Nahost-Experten Michael Lüders sowie den Brandenburger Landtagsabgeordneten Skopec.
Der ist in Potsdam dieser Tage mit der Frage nach dem Fortbestand der Koalition mit der SPD befasst. Im Landtag steht die Abstimmung zum Medienstaatsvertrag auf der Agenda, das BSW will ihr, anders als die SPD, eigentlich nicht zustimmen und verlangt eine grundlegendere Reform des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Skopec sagte dem Freitag: „Ich bin konstruktiv und pragmatisch geprägt als Unternehmer und will das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, also nicht die Regierungskoalition in Brandenburg beenden. Die Verhandlungen zum Medienstaatsvertrag haben aber vor unserer Zeit, also ohne BSW stattgefunden, und wir brauchen dringend eine grundlegende Reform des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks.“
Sahra Wagenknecht sagte indessen in Berlin: „Wir wollen die Koalition in Brandenburg fortsetzen.“ Sie selbst bereitet sich auf eine Rückkehr in den Bundestag vor. Werde dem Antrag des BSW auf Neuauszählung der Bundestagswahl stattgegeben und ziehe dieses dann doch noch ins Parlament an, werde sie dort BSW-Fraktionschefin werden.