Bolivien: Boliviens Präsident spricht von Putschversuch

Nach einem möglichen Putschvdersuch haben sich Einheiten des
bolivianischen Militärs in La Paz zunächst von ihren Stellungen vor dem
Regierungspalast zurückgezogen. Dort hatten Soldaten zuvor den zentralen Platz der Stadt besetzt und waren in den Präsidentenpalast eingedrungen. Präsident Luis Arce sprach von einem Putschversuch. Aufnahmen des bolivianischen Fernsehens zeigten zwei Panzer und etliche Männer in Militäruniformen auf dem Murillo-Platz. Gepanzerte Fahrzeuge rammten die Türen des Palastes. 

La Paz ist die Hauptstadt des Departamento La Paz und der bolivianische Regierungssitz. Hauptstadt des südamerikanischen Landes ist Sucre im zentralen Südteil des Landes.

Auf der Online-Plattform X rief der Staatschef zur Achtung der
Demokratie
auf. „Wir verurteilen die irregulären Mobilisierungen einiger Einheiten der
bolivianischen Armee. Die Demokratie muss respektiert werden“, schrieb Acre. Ex-Präsident Evo Morales verurteilte ebenfalls auf X den
Aufmarsch der Truppen und nannte die Vorgänge einen „im Werden
begriffenen“ Putsch. Ähnlich äußerte sich das hohe Kabinettsmitglied
María Nela Prada. Soldaten und Panzer seien im Begriff, den Platz
einzunehmen. Die Menschen seien in Alarmbereitschaft, um die Demokratie
zu verteidigen. Boliviens Vizepräsident David Choquehuanca sagte: „Wir prangern vor der internationalen Gemeinschaft an, dass es sich um einen Staatsstreich gegen unsere demokratisch gewählte Regierung in Bolivien handelt.“  

General bestätigt Truppenbewegung

Auch das Militär meldete sich zu Wort. „Genug der Verarmung unseres Heimatlandes, genug der Demütigung des Militärs. Wir sind gekommen, um unseren Unmut zu äußern“, sagte Generalkommandant Zúñiga. Er befand sich ebenfalls vor dem Regierungspalast. Auch er sprach von „Angriffen auf die Demokratie“, ohne dies näher zu erläutern. 

Zúñiga bestätigte die Truppenbewegung. „Wir sind verärgert über den Affront, genug ist genug“, sagte er. Er hatte zuvor mitgeteilt, dass die drei Spitzen der Streitkräfte „ihre Bestürzung zum Ausdruck bringen“ wollten. „Es wird sicherlich ein neues Kabinett geben, die Dinge werden sich ändern, aber unser Land kann so nicht weitermachen wie bisher“, sagte er im Fernsehen.

Staats- und Regierungschefs in der Region verurteilten das Vorgehen der Soldaten. „Die Streitkräfte haben
wieder einmal einen verbrecherischen Staatsstreich
durchgeführt“, sagte Honduras‘ Präsidentin Xiomara Castro und rief die Mitglieder der Gemeinschaft der
Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten auf, den
Faschismus zu verurteilen, der die Demokratie in Bolivien
angefallen habe. Der Präsident von Paraguay, Santiago Pena, rief
dazu auf, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu respektieren.
Sein Kollege in Chile, Gabriel Boric, sagte, eine
Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung dürfe nicht geduldet
werden.

In Bolivien war bereits seit
Dienstag über eine Absetzung des seit 2022 im Amt befindlichen Zúñiga
spekuliert worden. Der General hatte zuvor angekündigt, er werde den
früheren bolivianischen Präsidenten Morales festnehmen, falls dieser
wie angekündigt darauf bestehe, bei der Präsidentschaftswahl 2025 zu
kandidieren. Der von 2006 bis 2019 amtierende und im Zuge von
Massendemonstrationen zurückgetretene Morales war Ende Dezember 2023 von
der Wahl ausgeschlossen worden.

Vertrauter von Evo Morales

Arce hatte die letzte Präsidentschaftswahl im Oktober 2020 im ersten Anlauf gewonnen. Der Kandidat der Bewegung für den Sozialismus (MAS), gilt als Vertrauter von Ex-Präsident Morales. Nach seinem Sieg hatte er versprochen, er wolle für alle Bolivianer regieren und aus den zurückliegenden Fehlern seiner Partei lernen.

Bolivien war nach der Präsidentschaftswahl im Oktober 2019 von heftigen Unruhen erschüttert worden. Die Kandidatur des damaligen Präsidenten Morales war nach einem verlorenen Referendum über eine dazu notwendige Verfassungsänderung umstritten. Morales setzte seine Kandidatur gegen das Wählervotum auf juristischem Wege durch. Später räumte er ein, dies sei ein Fehler gewesen.

Die Opposition warf dem seit 2006 regierenden sozialistischen Präsidenten damals Wahlbetrug vor. Eine Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprach in einem Bericht von schwerwiegenden Manipulationsversuchen und empfahl Neuwahlen. Morales trat daraufhin zurück und ging zunächst nach Mexiko und später nach Argentinien ins Exil. Nachdem Acre ins Amt eingeführt worden war, kehrte Morales aus dem Exil nach Bolivien zurück.

In einer früheren Version des Artikels wurde La Paz irrtümlich als Hauptstadt bezeichnet. Wir haben den Fehler korrigiert.