Berlinale: Regisseur provoziert mit Hamas-Parole

Die Berlinale, die im vergangenen Jahr durch israelfeindliche Bekundungen auf der Preisgala in die Kritik geraten war, wird den Nahost­konflikt nicht los. Nachdem die Schauspielerin Tilda Swinton ihre Sympathien für die antisemitische BDS-Bewegung bekundet und ihre Preisrede beim Empfang des goldenen Ehrenbären zu verdeckter Kritik an Israel genutzt hatte, tat der chinesische Regisseur Jun Li es ihr nach. Bei einem Auftritt in der Urania verlas er eine Erklärung des Schauspielers Erfan Shekarriz, die Israel als brutalen Kolonialstaat brandmarkte und ihm Genozid an den Palästinensern vorwarf. Der Bundesregierung und ihren Kulturinstitutionen hielt Shekarriz Mithilfe bei Apartheid, Völkermord und „dem brutalen Auslöschen des palästinensischen Volkes“ vor.

Li verlautbarte unter anderem die umstrittene Parole „From the river to the sea“, die mit hoher Wahrscheinlichkeit als Aufruf zur Vernichtung Israels zu verstehen ist. Die Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle hat darüber ihr Bedauern ausgedrückt. Der Zentralrat der Juden kritisierte Lis Aktion scharf und forderte Sanktionen. Der Staatsschutz ermittelt auf den Verdacht einer politischen Straftat.

Die Publikumsreaktion fiel nach Medienberichten gemischt aus. Es gab Applaus und Gegenrufe. Shekarriz, der die Ber­linale aus politischen Gründen boykottiert, spielt in Lis auf der Berlinale gezeigtem Film „Queerpanorama“ mit, der mit seiner positiven Darstellung eines Homosexuellen in den palästinensischen Gebieten anders als in Israel kaum eine Leinwand finden dürfte. Nachdem die Berlinale im vergangenen Jahr eine Solidaritätsgeste für die Hamas-Geisel David Cunio abgeschlagen hatte, trug die Intendantin Tuttle zur diesjährigen Eröffnung ein Foto des israelischen Regisseurs. Ein Zeichen der Ver­söhnung, das nicht auf ungeteilte Zustimmung trifft.

Source: faz.net