Bedrohungen aus Russland: Pistorius fordert mehr Tempo von jener Rüstungsindustrie

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius ist unzufrieden mit dem Tempo in der Rüstungsindustrie. Er kündigte am Mittwoch anlässlich der Vorstellung des neuen Panzers „Leopard 2 A8“ in München für Dezember einen Rüstungsgipfel mit allen Beteiligten an. Dann werden neben dem Verteidigungsministerium und dem Bundeswehr-Beschaffungsamt in Koblenz auch Vertreter der Bundeswehr, der Rüstungsindustrie und des Bundeswirtschaftsministeriums zusammentreffen. „Wir müssen alle eine Schippe drauflegen“, sagte Pistorius.

Skalierbare Produktion

Der Verteidigungsminister sprach sich für klare Auftragszeiten, feste Preisabsprachen, skalierbare Produktion und resiliente Lieferketten aus. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Pistorius seine Unzufriedenheit mit dem Tempo in der Rüstungsindustrie geäußert. Die Geschwindigkeit der Produktion spreche er regelmäßig in seinen Runden mit der Industrie an. Pistorius geht es um klare Absprachen mit der Rüstungsindustrie, um die Produktionskapazitäten im Ernstfall schnell hochfahren zu können, um dann zügig moderne Systeme in Masse produzieren zu können.

Er sprach aber auch die Beschaffungsseite und damit die eigene Verantwortung in seiner Rede im KNDS-Werk in München-Allach an. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) habe für ihn aus nachvollziehbaren Gründen lange Zeit in der Kritik gestanden. Das in Koblenz ansässige Amt habe innerhalb von zwei Jahren die Wende geschafft und das Sondervermögen verausgaben können. Er kündigte eine weitere Prüfung der Strukturen des Beschaffungsamtes an, um bis zum Jahr 2029 das Ziel von Verteidigungsausgaben in Höhe von 3,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen.

Mit Vollgas die Herausforderungen angehen

„Mit Vollgas“ will Pistorius die bis dahin bestehenden Herausforderungen, die er als „enorm“ bezeichnete, angehen. „Wir können etwas auf die Beine stellen“, sagte er. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder forderte in seiner Rede neue Finanzierungsmodelle für die Rüstungsindustrie, die genauso gut seien wie die für Windkraft oder Solaranlagen.

Den neuen, vom deutsch-französischen Rüstungsunternehmens KNDS gebauten Kampfpanzer Leopard 2 A8 bezeichnete er als gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeit in Europa. Der erste, seit 1992 neu gebaute Leopard-2-Panzer, an dem sich auch Norwegen beteiligt hat, wird ab 2027 an die Bundeswehr ausgeliefert. Insgesamt hat der Bund davon 123 Panzer im Auftragsvolumen von 3,4 Milliarden Euro bestellt. Sie sollen bis zum Jahr 2030 ausgeliefert werden.

Vorlage für 75 weitere Leopard-2-Panzer

Pistorius kündigte in München für das kommende Jahr eine neue Vorlage an, um weitere 75 Panzer des Typs Leopard 2 A8 zu bestellen. Zur Zielgröße wollte er keine Angaben machen. Der neue Panzer gilt als einer der modernsten in der Welt. Er soll den aktuell erwartbaren Bedrohungen auf dem Gefechtsfeld begegnen und ist stark digitalisiert. Der Panzer verfügt über einen verbesserten Dachschutz und ist mit dem aktiven Schutzsystem des israelischen Herstellers Rafael ausgestattet. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Hard-Kill-System: Es zerstört anfliegende Geschosse des Gegners noch vor ihrem Aufprall auf die Panzerung.

Das System besteht aus vier Radarsensoren des Münchner Rüstungsunternehmen Hensoldt und zwei Werfereinheiten, die am Turm des Panzers angebracht sind. Gemeinsam mit dem „Gehirn“ des Systems, einem Hochleistungsrechner, bilden sie einen unsichtbaren Schild um den Kampfpanzer. Darüber hinaus wurde die Panzerung des Leopard 2 A8 gegenüber seinen Vorgängern verstärkt.