Bärbel Bas: Lachen muss erlaubt sein

Jetzt wird’s ernst. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Matthias Miersch, verbittet sich Gelächter. „Wir sind uns alle hier einig, dass das Auslachen einer Ministerin überhaupt nicht geht“, befindet er. Es ging um die Reaktion, die Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) beim Arbeitgebertag entgegenschlug, als sie über den steuerfinanzierten Teil der Rente meinte, er belaste die Beitragszahler nicht.
Hatte sie damit etwas Lachhaftes gesagt? Auf den ersten Blick nicht. Das Rentenniveau, die berühmte „Haltelinie“, wird nicht von den abhängig Beschäftigten durch ihre Beiträge stabilisiert, sondern von den vielen wirtschaftlichen Akteuren, die ganz unterschiedliche Steuerarten bedienen. Alle zahlen Steuern, nicht alle zahlen Rentenbeiträge. Die Lohnkosten erhöht das Durchsetzen der Haltelinie nicht.
War das Lachen der Unternehmer also töricht? Nein, denn womöglich richtete es sich auf die Suggestion, die Steuerfinanzierung belaste alle, also niemanden. Wer Steuereinnahmen für Rentenzahlungen ausgibt, kann sie aber nicht mehr investiv verwenden. Sie sind Staatskonsum und fehlen beispielsweise bei Bildungsausgaben, Forschungsinvestitionen und Infrastrukturprojekten. Das wiederum berührt die Wohlfahrt der abhängig Beschäftigten durchaus.
Bas hat die Beitragszahler angesprochen, als wären sie nicht zugleich Steuerzahler, als kämen die Steuern von irgendwelchen anderen. Sie lenkt davon ab, wer die Zeche zahlt. Das ist ein rhetorischer Trick, über den schon deshalb gelacht werden darf, weil er unschwer zu erkennen ist. Netter Versuch.
Er lenkt zurück zu Matthias Miersch und seinem Lachverdikt: „dass das Auslachen einer Ministerin überhaupt nicht geht“. Das kommt uns doch zu wilhelminisch vor, ein wenig wie das Verbot von Majestätsbeleidigung. „Wat hier jelacht wird, det lache ick“, sagte einst der Berliner. Das Lachen der Unternehmer auf dem Arbeitgebertag setzte nach ein, zwei Sekunden ein, es war nicht geplant, es war spontan.
So ist das mit dem Lachen. Es zu maßregeln, steht in der Gefahr, selbst lächerlich zu sein. Sinnvoller wäre es, wenn Miersch und die Seinen nachdächten, weshalb und worüber gelacht wurde. Vielleicht ja über den vergeblichen Versuch, den Bürgern einzureden, sie seien vor allem Beitragszahler und erst in zweiter Linie Steuerzahler. Dieser Versuch ist komisch, weil die Bürger beide Mal als Zahler angesprochen werden. Und also wird gelacht.
Source: faz.net