Ayelet Gundar-Goshen: „Vielleicht sind Worte doch noch nützlich“

DIE ZEIT: Zu Beginn Ihres Romans Ungebetene Gäste trifft die jüdisch-israelische Mutter Naomi auf ihrem Balkon einen namenlosen palästinensischen Arbeiter, der einen Hammer in der Hand hält. Sie hat Angst, er könne ihr und ihrem Baby etwas antun. Wie wichtig ist dieses Gefühl des Misstrauens für die Erzählung?

Ayelet Gundar-Goshen: Das ist die DNA der Geschichte. Ich wollte einen inneren Thriller schaffen. In diesem Genre droht Gefahr üblicherweise von außerhalb. Aber der ultimative Horror ist, zu wem wir selbst durch unsere Angst werden. Die christliche Kultur kennt nichts Sanfteres als eine stillende Mutter. Doch eine stillende Mutter kann ein sehr gefährliches Tier sein – Naomi ist gefährlich. Sie fühlt sich bedroht und will ihr Baby um jeden Preis beschützen.