Autoindustrie vor Abstimmung: „Die Zölle sind welcher falsche Ansatz“

Kurz vor der entscheidenden Abstimmung in der EU über europäische Strafzölle gegen Elektroautos aus China, womöglich am heutigen Freitag, gibt es in Deutschland Einigkeit der Appelle von der Gewerkschaft IG Metall bis zum Vorstandsvorsitzenden von Mercedes, Ola Källenius. Alle wenden sich gegen die Zölle und warnen vor einem Handelskonflikt mit China.

„Wir lehnen die geplanten Import-Zölle ab und fordern die Bundesregierung auf, gegen die Einführung der Zölle zu stimmen. Mit Blick auf die Zukunftsperspektiven für hunderttausende Beschäftigte bei den deutschen Automobilherstellern und deren Zulieferern sagen wir unmissverständlich: Die Zölle sind der falsche Ansatz, denn sie verbessern nicht die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der IG Metall-Vorsitzenden Christiane Benner und der Gesamtbetriebsratsvorsitzenden aller deutschen Autohersteller.

„Die Zölle sind der falsche Ansatz“

Gefordert wird, dass die EU und China „alles tun, um mit Hochdruck auf dem Verhandlungswege Lösungen für ein faires Wettbewerbsumfeld auf den internationalen Automobilmärkten zu finden.“ In einem eskalierenden Handelskonflikt würden alle verlieren, lautet die Schlussfolgerung der Gewerkschaftsvertreter. Gefordert wird ein CO2-orientiertes Handels- und Förderregime, mit dem die regionalen und lokalen Wertschöpfungsketten vorangebracht würden.

Die Vertreter der IG Metall sorgen sich auch um die indirekten Folgen von etwaigen Strafzöllen der EU gegen chinesische Elektroautos – der Anreiz für chinesische Hersteller, eine Autoproduktion innerhalb der EU einzurichten. Für diesen Fall verlangen die Gewerkschaftsvertreter, dass in diesen Fabriken dann auch europäische gefertigte Komponenten eingebaut werden müssten. Auf diese Weise könne auch eine deutsche und europäische Zulieferindustrie profitieren und die Innovationen mehr in Europa stattfinden.

„Die Einführung der geplanten Maßnahmen und ein daraus potenziell resultierender Handelskonflikt würden unsere Transformation erschweren, dem Klimaschutz schaden und langfristig Arbeitsplätze gefährden“, argumentiert der Vorstandsvorsitzende von Mercedes-Benz, Ola Källenius. Die EU sollte mit China eine Verhandlungslösung suchen, anstatt Zölle zu erheben. „Ein Nein am Freitag von der Bundesregierung wäre ein Signal für eine solche Verhandlungslösung, anstelle eines Handelskonfliktes.“

„Die Bundesregierung muss klar Stellung beziehen

Källenius sieht keinerlei Nutzen der Strafzölle für die europäische Autoindustrie: „Anstatt neue Zölle einzuführen, sollten wir lieber daran arbeiten, bestehende Handelsschranken im Sinne der Welthandelsorganisation WTO abzubauen. Zölle werden uns bei Europas bedeutenden Herausforderungen – Wettbewerbsfähigkeit, Transformation und Digitalisierung – nicht weiterhelfen.“ Wichtig sei der faire und auch vor allem der freie Welthandel, der treibe Innovationen und Wachstum an.

„Ein Votum der EU-Staaten, ab Ende Oktober hohe zusätzliche Zölle auf E-Pkw aus China zu erheben, wäre ein weiterer Schritt weg von globaler Zusammenarbeit“, warnt Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der deutschen Automobilindustrie (VDA). Mit einem Beschluss der Strafzölle wachse das Risiko eines globalen Handelskonfliktes, der die Exportnation Deutschland besonders treffen würde.

Die VDA-Präsidentin wendet sich gegen die EU-Kommission und deren Subventionsbericht zur chinesischen Autoindustrie: Mit Blick auf die ursprünglichen Ziele der Untersuchung sei das daraus folgende Ergebnis nicht überzeugend. Deutsche und europäische Hersteller, die aus China heraus in die EU exportieren, würden mit höheren Zöllen belastet als einzelne Wettbewerber aus China und den USA – für Müller ein unverständliches Resultat.

„Die Bundesregierung muss am Freitag klar Stellung beziehen – und nicht zustimmen, sondern ablehnen“, sagt Müller. Eine Enthaltung sei keine Option. Die deutsche Regierung müsse gleichzeitig konstruktive Verhandlungen aller Beteiligten fordern. Die deutsche Automobilindustrie setze sich für freien und fairen Handel ein, und das Ausmaß und die Art und Weise von staatlicher Unterstützung in China stellten daher eine Herausforderung dar. Daher müssten in konstruktiven Gesprächen Lösungen gefunden werden, in denen beide Seiten, sowohl China als auch die EU, aufeinander zugehen.