Auftritt wohnhaft bei Parteijugend: Dieser Konflikt ist für jedes Merz unausweichlich

Im Koalitionsausschuss ist man sich schnell einig geworden, auch weil man sich zwischen Union und SPD einig war, worüber man sich noch nicht einigen kann. Für Bundeskanzler Friedrich Merz sind damit Entscheidungen auf die nächste Tage und Wochen verschoben worden, die vor allem in den eigenen Reihen mit großer Anspannung erwartet werden. Wie groß diese ist, dürfte dem CDU-Vorsitzenden schon an diesem Samstag ausgerechnet in einem Vergnügungspark deutlich werden: Dann tritt er vor die Delegierten der Jungen Union bei ihrem Deutschlandtag.

Am Donnerstagabend jedenfalls boten die namentlichen Abstimmungen im Bundestag – mit Ausnahme des CSU-Vorsitzenden Markus Söder sind alle übrigen Parteivorsitzenden der Koalition da als Bundestagsabgeordnete gefordert – einen guten Anlass für die Verhandler, ihren Koa­litionsausschuss zu teilen und nach der erste Hälfte Erfolge vor der Presse zu verkünden.

Rasch hatte man sich nicht nur wie erwartet auf eine Strategie zum Ausbau neuer Gaskraftwerke geeinigt, ei­nen Deutschlandfonds für Investitionen in Start-ups und einen staatlich subventionierten Industriestrompreis bis 2028, der laut Finanzminister Lars Klingbeil den Staat zwischen drei bis fünf Milliarden Euro kosten dürfte. Mit der Senkung der Luftverkehrsteuer wurde man sich auch bei ei­nem Thema einig, das erst kurzfristig in den Fokus geraten war.

Keine Einigung in Sachen Verbrenner

Merz sagte, Ziel sei es, die Wettbewerbsfähigkeit der Un­ter­nehmen in Deutschland zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Klingbeil sagte, die Regierung mache ihre Hausaufgaben. Dass sie dabei auch auf Schulden setzt, wurde wenige Stunden später wieder deutlich: Am Freitagmorgen billigten die Haushälter im Bundestag den Etat für 2026 mit 98 Milliarden Euro neuer Schulden.

Der Koalitionsausschuss hatte da auch seine zweite Halbzeit lange schon beendet. Von dieser gab es keine Erfolgsmeldungen und Beschlüsse mehr zu verkünden, auch wenn Merz zum Ende der Pressekonferenz noch den Anschein erweckt hatte, zumindest bei einem Streitthema könne etwas passieren: beim Aus vom Verbrenner-Aus. So weit war man in der Koalition aber nicht.

In der EU ist das Aus für Verbrennermotoren bis 2035 beschlossen, und der Widerstand dagegen ist groß aus der Uni­on, vor allem aus der CSU. Ein „striktes, apodiktisches Aus“ für den Verbrenner wäre das industriepolitisch falsche Signal, sagte Söder am Freitag. Merz hat deutlich gemacht, dass er sich für eine Änderung des Beschlusses in der EU einsetzen will. Vorher aber muss sich die Regierung einig werden, was das Ziel sein soll.

Verhandelt wird über technische Details

In der Uni­on drängt man auf Technologieoffenheit und setzt auf moderne Verbrennermotoren. Zudem wird auf einen Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz verwiesen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, sich in diesem Sinne in der EU einzusetzen. Ein starres Verbot 2035 dürfe es nicht geben.

In der SPD will man von diesem Ziel nicht abrücken, auch wenn man sich in den vergangenen Tagen offener dafür gezeigt hatte, die Elektromobilität zumindest übergangsweise zu kombinieren mit modernen Verbrennungslösungen zur Aus­weitung der Reichweite. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch äußerte sich zuversichtlich. „Ich glaube, dass wir in den nächsten Tagen tatsächlich auch in dieser Bundesregierung ein Ergebnis bekommen“, sagte er im ZDF. In den Verhandlungen gehe es um tech­nische Details und die Frage, welche Übergangstechnologien zulässig bleiben sollen.

Junge CDU-Leute sehen Milliarden-Kostenfalle

Um Details und Grundsätzliches geht es auch bei dem Streitpunkt, den es erstmal in den Reihen der Union zu klären gilt: das Rentenpaket. Der bereits vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf aus dem Haus von Sozialministerin Bärbel Bas legt das Rentenniveau bis 2031 auf 48 Prozent fest und besagt, das künftige Berechnungen von diesem Niveau aus­gehen sollen.

In diesem letzten Punkt sieht die Junge Union (JU) nicht nur eine Milliarden-Kostenfalle zulasten der jungen Menschen, sondern auch eine Ver­einbarung, die über den Koalitionsvertrag hinausgehe. Sie zeigt sich enttäuscht von Merz, dass er dies nicht verhindert – bislang zumindest. Wenn der Kanzler an diesem Samstagvormittag beim Deutschlandtag der JU im Europapark Rust spricht, dürften sie ihm das deutlich sagen: Nach der Rede ist eine Diskussion mit Merz angesetzt.

Dabei hatte der Kanzler schon Sätze gesagt, die man in den Reihen der jungen Abgeordneten als Zuspruch verstehen konnte. Geändert worden ist der Entwurf von Bas aber nicht, und die Sozialdemokraten bestehen darauf, dass das Verab­redete umgesetzt wird. Auch aus der CSU hält sich die Unterstützung für die jungen Abgeordneten in Grenzen – schließlich ist das CSU-Prestigeprojekt Mütterrente ein Teil des Rentenpakets. In der Unions­fraktion gehören aber 18 Abgeordnete der Jungen Gruppe an, die droht, nicht zuzustimmen. Schwarz-Rot hat im Bundestag nur eine Mehrheit von zwölf Stimmen.

Am Freitag wiederholte der JU-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Johannes Winkel die Drohung, nicht zuzustimmen. Im Leitantrag der JU-Spitze wird das Rentenpaket als „eine schwere Hypothek“ bezeichnet. Wie reagiert Merz darauf? Bis Weihnachten sind noch zwei Koalitionsausschüsse angesetzt, für die man Erfolgsmeldungen braucht.

Source: faz.net