Auf verdongeln Espresso: Don’t worry, be happy
Wir wissen ja nicht, wie es Ihnen geht, aber wir brauchen einen Feel-Good-Manager oder besser noch Happyness-Manager, wie das jetzt in modernen Unternehmen heißt. Die sind ja dafür da, dass Mitarbeiter sich besser fühlen und produktiver arbeiten. Wenn wir so wenige Tage vor der Wahl in den USA auf die Weltlage gucken, so ein Happyness-Manager hätte alle Hände voll zu tun.
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Mitunter hat man den Eindruck, dass wirklich alles außer Rand und Band geraten ist. Nehmen wir mal diesen Vorschlag zu Krankschreibungen. Finden wir sensationell, was der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, da ersonnen hat. Man könne sich ja jetzt auch stundenweise krankschreiben lassen und davor und danach arbeiten. Müsste halt nur die Grippe mitspielen, denken wir so bei uns. Kopfweh bis 14 Uhr, volle Arbeitsleistung bis 19 Uhr, dann gepflegter Feierabend. Wir zweifeln, doch wollen wir uns klugen Argumenten keinesfalls verschließen: „Die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren sehr stark verändert, insbesondere durch die Digitalisierung und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten“, sagte Reinhardt zur Begründung dieser durchaus als kreativ zu bezeichnenden Idee. Wie das genau jetzt mit Teilzeitkrankmeldungen zusammengeht, darüber grübeln wir noch. Als Aprilscherz im goldenen Oktober und tristen November lassen wir das jetzt jedenfalls nicht durchgehen. Auch im größten Chaos muss es rote Linien geben.
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Ob es in der Ampelregierung überhaupt noch rote Linien gibt, man weiß es nicht. Fest steht in jedem Fall, dass die deutsche Wirtschaft schrumpft und auf absehbare Zeit nicht signifikant wachsen wird. Jetzt wird in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt – wirklich. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sind erwiesenermaßen Macher und beriefen Wirtschaftsgipfel ein, um den stotternden Deutschland-Motor wieder in Gang zu bringen. Allerdings gipfelte jeder für sich selbst, offenbar ohne den jeweils anderen von seinem Vorhaben zu informieren. Munteres Detail: Weder bei dem einen noch bei dem anderen Gipfel war Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingeladen. Gemein.
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Diese vermeintliche Petitesse verwundert vielleicht auch nur auf den ersten Blick, denn mit so richtig vielen Erfolgen kann Habeck nicht punkten. Ehrlicherweise hatte sein vielleicht etwas zu eilig ausgedachtes Heizungsgesetz zwar den Absatz von Wärmepumpen kräftig befeuert, entwickelte sich dann aber zum Rohrkrepierer. Dass Scholz und Lindner ihn nicht bei ihren Gipfeln dabeihaben wollten, interpretieren wir dennoch als schnöde Missachtung: Der Robert muss jetzt auf die stille Treppe.
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Wussten Sie, dass das Erziehungsinstrumente der „stillen Treppen“ übrigens als überholt gilt? Das Konzept sei destruktiv, sagt inzwischen sogar die Supernanny, die in den frühen Jahren dieses Jahrhunderts damit für steile TV-Quoten sorgte. Wir würden das Konzept der Stille ausgesprochen gerne wiederbeleben. Donald Trump und Elon Musk zusammen auf der stillen Treppe, was für ein schönes Bild. Bitte lange so bleiben.
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Überall so viel Krawall, der Kopf, er dröhnt. Vielleicht wäre es Zeit für eine Teilzeitkrankschreibung. Bei den Dauerzwistigkeiten in der Koalition weiß man auch nicht mehr, für wen oder was die Streithähne eigentlich kämpfen. Um Neuwahlen? Angesichts der bescheidenen Umfrageergebnisse aller Koalitionäre wäre das ein wagemutiges Unterfangen. Es wäre alles andere als sicher, dass auch nur einer der drei wieder in die Regierungsverantwortung käme. Von Ministerposten ganz zu schweigen. Uns kommt die ehemalige schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) in den Sinn, die einst den Merksatz prägte: „Und was wird dann aus mir?“
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Vielleicht ist es aber auch ein Trugschluss, dass früher alles ruhiger war. Wer alt genug ist, kann sich an die Aufregung um den Sonderzug nach Pankow erinnern – das Kultlied des Kultsängers Udo Lindenberg. In dem Lied wurde der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker als „Oberindianer“ bezeichnet und sorgte im geteilten Deutschland für fast diplomatische Verwicklungen.
Diskriminierend, befand nun das Berliner „Humboldt Forum“, das Großes plant. Es geht um zwei Auftritte von acht Chören in dem Zentrum für Kunst, Kultur, Wissenschaft und Bildung, wo Lindenbergs Kultsong aufgeführt werden soll. Statt Oberindianer wird jetzt „Ober-I“ gesungen. Das I wird dabei lang gehalten. Wir haben keine Lust mehr auf schlechte Laune: Kreativität ist die Fähigkeit eines Individuums oder einer Gruppe, in phantasievoller und gestaltender Weise zu denken und zu handeln. So, be happy.
Auf einen Espresso…
… ist eine Kolumne, in der verantwortliche Redakteurinnen und Redakteure der F.A.Z. jeden Samstag mit einem Augenzwinkern auf die Ereignisse der Woche zurückblicken.