Attacken hinaus Café-Kette: „Auch wenn man LAP nicht mag, ist die Gewalt unentschuldbar“

Rote Farbe auf blauer Schrift – der Protest gegen die junge Café-Kette LAP Coffee wird zunehmend unübersehbar. In den vergangenen Tagen wurden vier Berliner LAP-Filialen mit roter Farbe beschmiert, teils versehen mit Boykottaufrufen. Hinter der Aktion steht mehr als bloßer Vandalismus: Sie ist Ausdruck wachsender Kritik an dem Unternehmen, dem Gegner vorwerfen, mit Dumping-Preisen die lokale Café-Kultur zu verdrängen.
Das erste LAP-Café wurde im Jahr 2023 von Ralph Hage und Tonalli Arreola am Rosenthaler Platz in Berlin-Mitte eröffnet. Inzwischen gibt es 20 Filialen, nicht nur in Berlin, sondern auch in Hamburg und in München. LAP liegt ein Geschäftskonzept zugrunde, das dem manch anderer Café-Kette ähnelt: Die Filialen sind klein, die Einrichtung lädt nicht zum verweilen ein. Dadurch richtet sich LAP hauptsächlich an eine Laufkundschaft – der Kaffee wird meist To-Go bestellt. In strahlend blauen Pappbechern wird einem das Heißgetränk serviert.
Ein Cappuccino kostet 2,50 Euro
Doch nicht nur durch die effiziente Bestellung und eine eindrückliche Farbgebung erzielt LAP Erfolge. Der Kaffee unterscheidet sich von den Produkten anderer Ketten wie Starbucks oder McCafé durch seinen niedrigen Preis: Ein Cappuccino kostet 2,50 Euro, ein Espresso nur 1,50 Euro. Die Produkte sind auch deshalb so günstig, weil sie nicht aus Siebträgermaschinen kommen, für deren Bedienung echtes Barista-Wissen vorausgesetzt wird. Den LAP-Kaffee brüht stattdessen ein Vollautomat – per Knopfdruck können Servicekräfte einen Cappuccino in unter zwei Minuten zubereiten.
Während Kaffee in den vergangenen Jahren immer teurer geworden ist, kann LAP relativ niedrige Preise anbieten. Damit zieht das Unternehmen eine breite Kundschaft an: LAP, das steht für „Life Among People“, auf Deutsch „Leben unter Menschen“. Laut den Gründern treffen „Fahrradkuriere, Gen-Z-Studenten und lokale Künstler“ in ihren Filialen aufeinander. Das Unternehmen bediene Kunden, die nicht bereit seien, vier Euro für einen Kaffe zu zahlen, heißt es in einer Werbekampagne des Unternehmens.
„Die Marketingbotschaft ist einzig: billiger Kaffee“
Kritiker halten die Werbeargumente von LAP nicht für authentisch. Dahinter stecke keine Wohltat für eine weniger zahlungskräftige Kundschaft, sondern eine Verdrängungsstrategie großer Geldgeber, beschweren sich einige im Internet. Der Kaffeeröster Philipp Reichel aus Berlin schließt sich der Kritik an: „LAP Coffee bedient sich zwar der coolen Ästhetik einer zeitgenössischen Kaffeekultur. Die Marketingbotschaft ist aber einzig: billiger Kaffee.“ Menschen wie ihm ginge es allerdings schon lange darum zu erklären, warum Kaffee seinen Preis haben muss. Für LAP gehe es dagegen nur noch um schnelles Wachstum und um Verdrängung. Eine Venture-Capital-finanzierte Kette sei das Gegenteil von Nachhaltigkeit und lokaler Wertschöpfung.
Tatsächlich wird LAP von internationalen Investoren unterstützt. Neben den deutschen Geldgebern „HV Capital“ und „FoodLabs“ befindet sich auch der amerikanische Fonds „Insight Partners“ und der französische Investor „Roundtable Ventures“ darunter. Auch die LAP-Gründer selbst kommen nicht aus der Berliner Café-Kultur – Hage ist bekannt für die Gründung des Lieferdienstes Yababa, der 2023 insolvent ging. Arreola war zuvor für den Lieferdienst Flink und den E-Roller-Verleiher Lime tätig.
Die Investorin und Partnerin bei General Catalyst, Paula Hübner Wehmeyer, äußert sich online zur Kontroverse um LAP Coffee: „Auch wenn man LAP nicht mag, ist die Gewalt unentschuldbar“, schreibt sie in einem Beitrag auf der Plattform LinkedIn über die Farbattacken auf die Filialen in Berlin. LAP verstärke zwar den Wettbewerb, doch der Markt für Cafés könne sich durch Innovation durchaus weiterentwickeln. Wehmeyer bemerkt, in Deutschland werde nur einer von zehn Kaffees außer Haus getrunken. In Dänemark oder Italien sei die Zahl höher – das verspräche Potential. „Die Anti-Neuheit-Mentalität am deutschen Markt wird alt“, sagt sie.
Gründer Ralph Hage bestätigt, deutsche Großbanken hätten es tatsächlich abgelehnt, in LAP zu investieren, trotz des frühen Profits seines Unternehmens. Konkurrenz solle das Unternehmen dabei nicht den lokalen Cafés machen, sondern wenn überhaupt Konzernen wie Starbucks. Auf der Plattform Linkedin schrieb er nach den Farbattacken, dass er bis fünf Uhr morgens mit dem Team geputzt habe. Sogar Nachbarn und Kunden hätten geholfen. „Zurück zum Geschäft.“