Arte-Serie „Blood River“ erzählt die Vorgeschichte einer großen Schlacht

Ganz im Süden des afrikanischen Kontinentes lag im 19. Jahrhundert die britische „Kapkolonie“. Sie war zunächst von Niederländern besiedelt worden, in einem geringeren Umfang auch von Deutschen und Hugenotten aus Frankreich. Aber seit 1814 stand die Gegend dauerhaft unter britischer Herrschaft, und vielen „Buren“ gefiel das nicht – erst recht nicht die von den Briten verfügte Abschaffung der Sklaverei 1834, der schon die rechtliche Gleichstellung freier Nichtweißer vorangegangen war. Ein „großer Treck“ setzte sich in Bewegung. Er führte tausende „Voortrekker“ in Richtung Nordosten, wo sie nach blutigsten Kämpfen mit den Kriegern des Zulu-Staates 1839 die Burenrepublik Natalia errichteten.

Das ist die Geschichte, an die „Blood River“ erinnern will. Wenn auch nur über einen kleinen fiktiven Ausschnitt: Unter der Lupe des Drehbuchs von Ada Nolta und Anne Badel steht die tapfere, von Anna Mouglalis aus „Choco Chanel & Igor Stravinsky“ wunderbar herb und vom Schicksal verhärtet gemimte Arztwitwe Catherine. Sie gehört zu einer Gruppe religiöser Fanatiker, die sich mit vier Karren und einem Dutzend Sklaven durch karges Land schleppt, fügt sich allem, was der Hugenotten-Pastor Daniel Malan (Antoine Reinartz) für richtig hält. Und hat die Nase am Ende gestrichen voll von der Ordnung, der sie sich allzu lang hingab.

Vorgeschichte der Schlacht am Blood River

Gezeigt wird die Geschichte eines Erwachens, verbunden mit der Geschichte von Catherines Sohn Joseph (Igor Van Dessel) und ihrer Tochter Marthe (Emma Brandau), die erkenntnismäßig schon zu Zeiten ihrer Ganzkörpertaufe sehr viel weiter ist als Catherine. Weitere Handlungsstränge spielen bei den schändlich behandelten Sklaven der Gruppe, außerdem bei den Zulu, die in diesen Jahren von Dingane (Matar Diouf) regiert werden, einem Halbbruder des ermordeten Königs Shaka.

In ihren Reihen kämpft Kosa (Marc Zinga), der die weißen Eindringlinge stirnrunzelnd im Blick hält. Und auch er hat eine Geschichte, die nach Ereignissen, die wir hier nicht vorwegnehmen wollen, erzählt werden kann. Sie münden darin, dass sich Kosa als Gefangener von Catherine wiederfindet. Mit gezücktem Gewehr treibt sie den Gefesselten durch die Gluthitze.

Dass die Handlung von „Blood River“ dem Ausbruch der „Schlacht am Blood River“ am 16. Dezember 1938 entgegenrollt, dürfte nicht überraschen. Das historische Gemetzel allerdings – fünfhundert Buren setzen sich mit Feuerwaffen gegen 12.000 Zulu zur Wehr – ist in dieser Serie nur durch fernen Lärm zu erahnen. Sie skizziert die Vorgeschichte der Schlacht und zeigt die Ermordung des Burenführers Piet Retief (Nicolas M. Auburtin). Aber dann sucht die Regie von Pierre Aknin, der zu einer fünften und sechsten Folge zwecks Vertiefung sicher nicht nein gesagt hätte, rasch wieder die Nähe der verhärmten Catherine. Pünktlich zur Schlacht wird ihre Charakterentwicklung mit einem antirassistischen, antikolonialistischen Bekenntnis vollendet.

Manch einer wird an solchen Stellen die Hände über dem Kopf zusammenschlagen: „Blood River“ ist zu stark als Lehrstück konstruiert. Reizvoll aber ist die epische Begleitmusik von Clément Tery und die altmodische Erzählstimme im Off (deutsch: Julia Kaufmann), die von der französischen Schriftstellerin Négar Djavadi („Desorientale“, „Die Arena“) geschrieben wurde und „Blood River“ wie die Verfilmung der Erinnerungen von Catherines Tochter Martha erscheinen lässt.

Dass man den im Senegal gedrehten Vierteiler mit Gewinn sieht, liegt größtenteils an diesen beiden – und ein kleines bisschen vielleicht auch daran, dass man „Blood River“ als Ergänzung zur legendären, vom Aufstieg des Zulu-Königreiches in den Jahren 1816 bis 1828 handelnden Fernsehserie „Shaka Zulu“ (1986) begreift. Eine zeitgemäßge Neuverfilmung jenes Stoffes aus Zulu-Perspektive lief in Südafrika unlängst unter dem Titel „Shaka iLembe“.

Blood River läuft morgen, 21.40 Uhr auf Arte und ist ab heute in der Arte-Mediathek abrufbar.

Source: faz.net