Arbeitsmarkt: Herbstbelebung bleibt aus
Normalerweise bringt der Oktober einen Aufschwung am Arbeitsmarkt: Ausbildungen beginnen, und viele Arbeitnehmer starten nach der Urlaubssaison in eine neue Beschäftigung. Doch in diesem Jahr sieht es anders aus: „Die Herbstbelebung am Arbeitsmarkt fällt in diesem Jahr weitgehend aus“, sagte die Vorstandsvorsitzende Andrea Nahles am Mittwoch in Nürnberg.
Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Oktober nahezu unverändert geblieben, sie ging minimal um 16.000 auf 2,791 Millionen Menschen zurück. Saisonbereinigt hat die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 27.000 zugenommen. Die Arbeitslosenquote blieb unverändert bei sechs Prozent. Einen so geringen Rückgang der Arbeitslosigkeit in einem Oktober hatte es den Fachleuten zufolge in den vergangenen 20 Jahren nicht gegeben.
Die Beschäftigung in Deutschland wächst noch, doch das Wachstum flacht sich zusehends ab: Laut den jüngsten Daten waren im August 34,92 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das waren 118.000 mehr als im Vorjahresmonat, aber der Vorjahresabstand werde zunehmend kleiner, erklärt Nahles, „ein Jahr zuvor war er noch doppelt so groß wie jetzt“. Die Kurzarbeit bewegt sich weiter auf einem erhöhten Niveau. Im August wurde für 184.000 Beschäftigte konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt. Vom 1. bis einschließlich 24. Oktober wurde schon für 67.000 Personen konjunkturelles Kurzarbeitergeld angemeldet, und Nahles sagt, dass sie mit einem weiteren deutlichen Anstieg im Herbst rechne.
Folgen der wirtschaftlichen Schwäche nehmen zu
Wegen fehlender Impulse aus der Wirtschaft bleibt auch die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften schwach: Im Oktober waren 689.000 Stellen bei der BA gemeldet, 60.000 weniger als vor einem Jahr. „Die Folgen der wirtschaftlichen Schwäche nehmen am Arbeitsmarkt weiter zu“, resümiert Nahles. Der Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Industrie bereitet Branchenvertretern Sorge. „Wer Industriearbeitsplätze sichern will, muss an die steigenden Sozialabgaben ran“, fordert Thilo Brodtmann, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA).
Die Aussichten auf baldige Besserung gibt es nicht. „In der Arbeitslosigkeit werden wir dieses Jahr keine Trendwende mehr sehen“, erklärte Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB). Und auch die Beschäftigungsaussichten bleiben gedämpft: „Die Flaute am Arbeitsmarkt hält an. Industrie, Bau, Handel und Zeitarbeit schrumpfen“, berichtet Weber mit Verweis auf das IAB-Barometer, das einen Ausblick auf die kommenden drei Monate gibt.
Die Flaute am Arbeitsmarkt macht sich auch in den Finanzen der Bundesagentur für Arbeit bemerkbar. „Wir gehen davon aus, dass wir Ende dieses Jahres mit einer roten Null abschließen und dann im nächsten Jahr deutlich ins Minus rutschen“, sagte BA-Chefin Andrea Nahles am Mittwoch. Das sei zum Teil auf die steigenden Arbeitslosen- und Kurzarbeiterzahlen zurückzuführen, da kein konjunktureller Rückenwind in Sicht sei.
Es gibt im kommenden Jahr aber auch einen Sondereffekt: Die Bundesregierung hat entschieden, dass sie künftig die Aufgaben der Förderung von Weiterbildung und beruflicher Rehabilitation, die bisher steuerfinanziert von den Jobcentern geleistet wurden, auf die Bundesagentur für Arbeit übertragen wird. „Das allein hat ein Volumen von 900 Millionen (Euro)“, sagte Nahles. Und das sei einer der wesentlichen Gründe, warum die BA im nächsten Jahr „klar ins Minus“ rutschen werde.