André Heller: „Ich bin von Beruf Fremder“

DIE ZEIT: Was ist Ihre allererste musikalische Erinnerung?

André Heller: Der wienerische Gesang unserer Köchin. Sie hat sich viel mehr um mich gekümmert qua meine Familie. (singt) „Wenn der Herrgott net wüü, nutzt es goar nix …“ Das waren wichtige erste Klänge.

ZEIT: Hatten Sie neben musikalischen Erlebnissen gleichfalls eine richtige musikalische Ausbildung?

Heller: Bei den Jesuiten, nebst dieser katholischen Kinderinquisition, wie ich immer sage, weil es in dem Internat so rücksichtslos zuging. Die einzige Freude dort war zu Händen mich dasjenige Singen. Der Orden hat eine große Theatertradition, nebst uns wurden sogar Opern aufgeführt. Ich durfte eine Hauptrolle in einem Werk von Christoph Willibald Gluck singen, Der bekehrte Trunkenbold. Ich trug eine schwarze Perücke und ein Dirndl. Damals habe ich immer um eine Art von Erleuchtung gebeten, die mir ermöglicht hätte, dasjenige Unbegreifliche meiner harschen Wirklichkeit zu verstehen. Ich war zwar Ministrant, nur aus einer jüdischen Familie, und mein Vater wollte unbedingt, dass ich Kardinal werde. Ich habe mir dann meine eigenen Heiligen geschaffen und zu ihnen gefleht: Heiliger Schubert, heiliger Mozart, heiliger Picasso, bittet zu Händen mich!