Affäre um Magazin „Klar“: Der NDR-Rundfunkrat teilt kräftig aus

Der Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks hat eine Programmbeschwerde gegen die erste Folge des Magazins „Klar“ mit dem Titel „Migration: Was falsch läuft“ zurückgewiesen. Besonders gut gefallen hat dem Gremium der Film allerdings nicht. Er entspreche „nicht vollumfänglich den Erwartungen an die Qualitätsanforderungen des NDR an ein Reportageformat“, weise eine „beschränkte Perspektivenvielfalt“ und „zu starke Emotionalisierung“ auf. Er sei überfrachtet mit Einzelthemen, es fehle „inhaltliche Vertiefung sowie Herstellung von Zusammenhängen“.
Kesseltreiben von Beginn an
Das dürfte man über viele Sendungen sagen können, nicht nur im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Aber es wird ja nicht gegen jede Sendung ein solches Kesseltreiben veranstaltet wie gegen „Klar“. Kaum war die Sendung gelaufen, gab es ideologisch gefärbte Proteste, etwa von der zu 93,6 Prozent (Jahresetat 2023: 5,85 Millionen Euro) aus staatlichen Mitteln finanzierten „NGO“ Neue Deutsche Medienmacherinnen, die zu Programmbeschwerden gegen „Klar“ aufrief, weil dort „migrationsfeindliche Narrative“ verbreitet würden.
Kriminalität und Zuwanderung in einem Zusammenhang zu nennen, wie „Klar“ es tat, erschien als Sakrileg. Es folgte internes Mobbing mit einem Protestbrief von 250 NDR-Mitarbeitern, die öffentliche Herabwürdigung durch Anja Reschke in ihrer vom NDR produzierten Sendung, die verächtlich machenden Bemerkungen von Jan Böhmermann im ZDF und schließlich die Fortsetzung des Magazins – ohne Moderatorin Julia Ruhs im NDR, mit ihr beim Bayerischen Rundfunk.
Der Rundfunkrat verteilt Noten
Zu alldem verteilt der NDR-Rundfunkrat nun Noten, und da kommen alle Beteiligten schlecht weg – bis auf den Rundfunkrat selbst. „Weder dürfen Landesregierungen durch öffentliche Äußerungen versuchen, Einfluss auf die Programmgestaltung zu nehmen, noch darf der Anschein erweckt werden, dass Programm- oder Personalentscheidungen auf medialen oder internen Druck zurückgenommen werden“, sagte der Rundfunkratschef Nico Fickinger.
Das zielt auf die Ministerpräsidenten Daniel Günther und Markus Söder, die den Rauswurf von Julia Ruhs als schlechtes Zeichen für die Meinungsvielfalt deuten, aber auch auf die NDR-Verantwortlichen, die erst Julia Ruhs vor die Tür setzten und dann mit Tanit Koch eine neue Moderatorin aus dem Hut zauberten.
Dem Staatsvertrag des NDR zufolge, sagte Fickinger weiter, obliege es allein dem Rundfunkrat, „über die Frage zu entscheiden, ob eine Sendung oder Teile des Programms des NDR den Anforderungen des Staatsvertrages, der Qualitätsrichtlinien und den journalistischen Grundsätzen entsprechen“. Das werden einige, die in den vergangenen Wochen den Eindruck vermittelten, sie legten fest, was gesendet werden „darf“, wohl anders sehen.
Von der Führung des NDR erwartet der Rundfunkrat derweil, „dass sie in Zukunft früher und entschlossener auf interne Konflikte reagiert und taugliche Frühwarnsysteme installiert, dass sie Gremien und Öffentlichkeit künftig schneller und umfassender informiert, dass sie wirksame Maßnahmen ergreift, um innerhalb des Senders eine andere Debatten- und Fehlerkultur zu installieren, und dass sie geeignete Vorkehrungen trifft, um Meinungs- und Perspektivenvielfalt nachhaltig sicherzustellen und auszubauen“.
Mit anderen Worten: Macht gefälligst alles anders als bis jetzt. Wir sind gespannt.
Source: faz.net