AfD: Ex-Verfassungsrichter Di Fabio hält Ruf nachher AfD-Verbot zu Händen zu früh
Der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio hält Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für ungewiss. „Aktuell bin ich nicht sicher, ob die Voraussetzungen für ein Verbot schon gegeben sind“, sagte er der Bild am Sonntag.
Ein AfD-Verbotsverfahren könne „erfolgversprechend und sogar politisch notwendig sein“, wenn sich die Partei weiter radikalisiere und darauf abziele, die geltende Verfassungsordnung zu untergraben oder sogar abzuschaffen, sagte der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht. „Vielleicht sollte man das Pulver lieber trocken halten, weil man es womöglich später noch benötigt.“
Die in Teilen rechtsextreme Partei sei noch nicht so weit radikalisiert, dass man sie pauschal als Nazi-Partei bezeichnen könne, sagte Di Fabio zudem. „Es mag Gestalten bei der AfD geben, die mit der Ideologie und den Symbolen der NSDAP liebäugeln. Das müssen wir sorgfältig beobachten, niemand kann ausschließen, dass die Partei sich weiter radikalisiert,“ sagte er.
Doch wenn wir so tun, als hätten wir bereits eine Nazi-Partei vor uns, dann verfeindlichen wir auch diejenigen, die aus irgendwelchen sachlichen oder weniger sachlichen Gründen die AfD wählen.“ Das seien immerhin ein Viertel der Deutschen.
AfD kommt in Umfragen auf ein Viertel der Wählerstimmen
Auch werde man der AfD im Falle eines Wahlsiegs bei den anstehenden Landtagswahlen in mehreren Bundesländern nicht die Bildung einer Landesregierung verweigern können. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegt die AfD bislang in den Umfragen mit Abstand auf dem ersten Platz. In bundesweiten Umfragen steht sie derzeit bei 25 bis 26 Prozent. Im neuen Jahr gibt es Landtagswahlen in in Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und die Wahl zum
Abgeordnetenhaus in Berlin.
Sollte die AfD tatsächlich bei einer Wahl die absolute Mehrheit der Mandate erhalten, stünde Deutschland „eine ernste Herausforderung“ bevor. Allerdings würde er „nicht den drohenden Untergang der Demokratie an die Wand malen“. Das Grundgesetz hielte in dem Fall Möglichkeiten bereit, „gegen eine Landesregierung einzugreifen, die den verfassungsrechtlichen Rahmen verlässt“, sagte Di Fabio. „Mit anderen Worten: Auch eine AfD-Regierung müsste sich an Recht und Gesetz halten.“
Sein Kollege, der ehemalige Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle, hatte diese Woche gewarnt, die Wahl eines AfD-Politikers zum Regierungschef könnte illiberale Entwicklungen in ganz Deutschland verstärken.
Politiker gespalten über AfD-Verbot
Die Innenminister von Bund und Ländern hatten im Frühjahr die Einsetzung
einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum weiteren Umgang mit der AfD
vereinbart, die sich inzwischen konstituiert hat. Das Bundesamt für
Verfassungsschutz hatte Anfang Mai mitgeteilt, dass es die AfD fortan
als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstufen werde. Wegen
einer Klage der AfD gegen diesen Schritt hat die Behörde die
Einstufung aber bis zur gerichtlichen Klärung verschoben.
Die Meinungen über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren sind in der Politik geteilt. Die SPD ist tendenziell dafür. CDU und CSU stehen einem solchen Verfahren skeptisch gegenüber, sie befürchten, dass davon nur die AfD profitieren würde. Über ein Parteiverbot kann nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Einen entsprechenden Antrag können entweder der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen.