Abwrackprämien: Das Verschrotten von Autos schadet dem Klima

Zu einer Kontroverse über Verschrottungsprämien und E-Fuels hat eine Veröffentlichung des anerkannten amerikanischen Umweltinstituts International Council on Clean Transportation (ICCT) geführt. Das Institut führte an, dass das für 2030 gesteckte Klimaziel einer Verringerung von Emissionen an Treibhausgasen durch den Autoverkehr in Deutschland deutlich verfehlt werde, eine Verschrottungsprämie für alte Autos das Ziel aber näherbringen werde. Eine Prämie für das Verschrotten aller Diesel-Pkw mit einem Alter von mehr als 15 Jahren und von allen Benzinern mit mehr als 25 Jahren würde die Emissionen an Treibhausgas, vor allem CO2, durch Pkw in Deutschland bis 2030 um elf Millionen Tonnen oder 14 Prozent reduzieren. Die Kosten für ein derartiges Programm wären allerdings beträchtlich, sie werden vom ICCT auf 35 Milliarden Euro geschätzt.

Zugleich lehnt das ICCT die Nutzung von klimaneutralen E-Fuels in alten Autos ab. Die Kosten für die E-Fuels seien zu hoch, und andererseits würden sie bei den aktuellen europäischen Regeln nur als Beiwerk zu Kerosin hergestellt, also in viel zu kleinen Mengen.

Diese Darstellungen haben zu harten Reaktionen von Monika Griefahn geführt, der Vorstandsvorsitzenden der Lobbyorganisation E-Fuel Alliance. Griefahn gehörte zu den Mitbegründern von Greenpeace Deutschland und war in den Neunzigerjahren sozialdemokratische Umweltministerin in Niedersachsen. „Wir erachten die Verschrottung von Millionen von Fahrzeugen weder als sozialverträglich noch als nachhaltig“, kommentiert der von Griefahn geführte Verband. „Vorschläge wie die des ICCT schaden dem Klimaschutz und der Akzeptanz neuer Technologien.“

„Weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig“

Während ICCT bei der Analyse der Emissionen an Treibhausgas inklusive CO2 nur auf den vorhandenen oder nicht vorhandenen Auspuff von Pkw sieht, vertritt die E-Fuel-Initiative einen breiteren Blickwinkel: Durch das Verschrotten von alten Autos und die Herstellung eines neuen Elektroautos, vor allem der Batterie, wird viel Energie verbraucht. Weil heute die meist aus China stammenden Batterien, aber auch die Autos selbst, nicht vollständig mit Energie aus klimaneutralen Quellen hergestellt werden, errechnete der Verein Deutscher Ingenieure vor einem Jahr, dass ein neues Elektroauto allein wegen der Produktion von Antriebsstrang mit Batterie und Elektromotor mit einem „CO2-Rucksack“ von 10 Tonnen CO2 und CO2-Äquivalenten startet, wenn es fabrikneu auf die Straße kommt. Damit könne ein Diesel 110.000 Kilometer gefahren werden.

Die E-Fuel Alliance greift die Rechnung des ICCT auf, dass acht Millionen Autos verschrottet werden sollten und durch Elektroautos ersetzt würden. Für eine mittelgroße Batterie von 60 kWh Kapazität entstehe derzeit eine Emission von mindestens 15 Tonnen CO2. Die vom ICCT angenommene Einsparung von jährlich elf Millionen Tonnen CO2 werde durch die bei der Produktion von Batterien für E-Autos entstehende CO2-Menge – in der Überschlagsrechnung 120 Millionen Tonnen CO2 – wieder zunichtegemacht.

Monika Griefahn folgert daraus: „Der Vorschlag, fahrtüchtige Fahrzeuge zu verschrotten, ist eine Absurdität und in keiner Weise nachhaltig, weder ökologisch noch ökonomisch.“ Zum Schutz von Ressourcen müssten die bereits eingesetzten Materialien so lange wie möglich genutzt werden. Griefahn spricht sich zwar dafür aus, am Ende der Nutzungsdauer die Autos zu recyceln, aber die daraus gewonnenen Rohstoffe könnten nicht in gleicher Wertigkeit wiederverwendet und damit einfach wieder zu einem Auto zusammengebaut werden. Die Schlussfolgerung lautet: „Wir können nicht reinen Gewissens fahrtüchtige Autos verschrotten und dafür auf verzichtbare Mengen seltener Rohstoffe wie Kupfer und Nickel oder Mangan für die Elektrofahrzeuge zugreifen“.

Zu wenig Anreize für Produktion von klimaneutralen Treibstoffen

Der vom ICCT ab 2030 in Aussicht gestellten Einsparmöglichkeit von 11 Millionen Tonnen CO2 im Jahr – ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für die Autoproduktion – stellt die E-Fuel Alliance von Griefahn die Möglichkeit gegenüber, 2030 mit der Beimischung von fünf Prozent klimaneu­tralen E-Fuels zum bisher genutzten fossilen Benzin oder Diesel in Europa eine CO2-Reduktion von 60 Millionen Tonnen im Jahr zu erreichen. Das entspreche dem jährlichen Ausstoß von 40 Millionen Fahrzeugen.

Bestritten wird die Annahme des ICCT, dass E-Fuel 2030 rund 2,90 Euro je Liter kosten würden, mit der dann vom ICCT der Einsatz von E-Fuels als zu teuer und unsinnig dargestellt wird. Studien der Internationalen Energieagentur oder von Fraunhofer enthielten Kosten von weniger als 2 Euro je Liter E-Fuel. Dabei gehen die Verfechter der E-Fuels davon aus, dass solche Treibstoffe nicht mit teurer und begrenzt verfügbarer grüner Energie in Deutschland hergestellt würden, sondern kostengünstig im Ausland.

Beklagt wird gleichzeitig von der E-Fuel Alliance, dass es in den Regeln der EU zu wenige Anreize für die Produktion von klimaneutralen Treibstoffen gebe. Der Markthochlauf der E-Fuels in der EU werde künstlich ausgebremst, daher sei „das Problem der vermeintlich mangelnden Verfügbarkeit und zu hohen Kosten von E-Fuels hausgemacht“. Gleichzeitig wird aber gegenüber den Verfechtern der Elektroantriebe angemerkt, dass diese davon ausgingen, dass Elektroautos immer mit grünem Strom geladen würden: „Die Annahme, dass ein im deutschen Strommix geladenes Elektrofahrzeug zu 100 Prozent emissionsfrei fährt, ist falsch.“