Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Verhaltene Reaktionen auf Tom Buhrows Reformvorschläge

Die Reformideen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von WDR-Intendant Tom Buhrow sind auf ein geteiltes Echo gestoßen. Er teile nicht die „pauschale Skepsis des ARD-Vorsitzenden in Bezug auf die Reformfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks„, sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler. Einen Alleingang Buhrows kritisierte Berichten zufolge die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder, Heike Raab (SPD). Sachsens Medienminister Oliver Schenk (CDU) lobte Buhrow dagegen für seinen „Weckruf“.  

Buhrow, der zurzeit auch Vorsitzender der gesamten ARD ist, hatte am Mittwochabend in einer Rede vor einem kleinen Kreis in Hamburg eine grundlegende Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vorgeschlagen. Darin stellte er auch den gleichzeitigen Fortbestand von ARD und ZDF infrage. Buhrow trat vor seinem Publikum ausdrücklich als Privatmann auf, seine Rede wurde aber auch als Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt. 

Sein Sender sei „offen und bereit für diese grundsätzliche Debatte“ und scheue „dabei auch keinen Vergleich der Systeme“, sagte ZDF-Intendant Himmler zu Buhrows Vorschlägen. „Als nationaler, zentral organisierter Sender ist das ZDF effizient aufgestellt und dabei lern- und veränderungsfähig.“ Das ZDF habe bewiesen, dass erfolgreiche Reformen möglich seien. 

„Akzeptanzverlust und Vertrauenskrise“

Die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Länder, Raab, verwies auf Reformschritte, die bereits in Gang gesetzt worden seien. „Wir werden den ARD-Vorsitzenden an seinen jüngsten Aussagen messen und dann Anfang des kommenden Jahres über die weiteren Reformschritte beraten“, sagte die SPD-Politikerin, die auch rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin ist, der Nachrichtenagentur dpa. Buhrows Befund, „dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter einem Akzeptanzverlust leidet und in einer Vertrauenskrise ist, den teile ich und den teilen wir im Länderkreis“.   

Nach Angaben von Raab hatten die Länder die Senderchefs des ÖRR am 19. Oktober zu einem Gespräch eingeladen, „in dem wir diese Erwartungshaltung – Reformen in Gang zu setzen – sehr klar zum Ausdruck gebracht haben.“ Gegenüber der Süddeutschen Zeitung sagte Raab, der Termin mit den Ländern sei „dann offenbar, wenn man die Rede liest, eine vertane Chance von Herrn Buhrow“ gewesen.   

Lob von Christian Lindner und Reiner Haseloff

Positiv zu Buhrows Rede äußerte sich dagegen Raabs Kollege in der Rundfunkkommission Oliver Schenk. Der sächsische Medienminister sprach von einem „Weckruf“ und forderte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse „in breiten Teilen der Bevölkerung und quer durch alle Altersschichten akzeptiert werden“. Dies sei die Grundlage für einen beitragsfinanzierten und damit von allen mitgetragenen Rundfunk. Das Vertrauen in den ÖRR sei jedoch „massiv beschädigt“ worden.  

Lob erhielt Buhrow auch von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der den Vorstoß des WDR-Intendanten als Meilenstein bezeichnete. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der auch im ZDF-Verwaltungsrat sitzt, sagte dem Spiegel, die Impulse von Buhrow seien „bemerkenswert“.

Kai Gniffke äußert Zweifel an Idee von rundem Tisch

SWR-Intendant Kai Gniffke, der Buhrow 2023 als ARD-Chef nachfolgen wird, sagte, er nehme Buhrows Ideen „als Ansporn, mutig zu sein und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftsfest zu machen“. Buhrow fordere zu recht, Netflix und Co. die Stirn zu bieten, sagte Gniffke. Um dafür die Ressourcen zu haben, sei es „richtig, auch Dinge zu überdenken, die wir lange für unantastbar gehalten haben, Stichwort Hörfunk-Wellen, Orchester, Produktionsstätten oder lineare TV-Kanäle“.

Gniffke ließ zugleich Zweifel an der Idee eines Runden Tisches erkennen. Dafür müssen man die Zuständigkeit für Medienpolitik erst neu regeln: „Das kann Jahre dauern. Diese Geduld habe ich nicht. Meine Sorge ist, dass in dieser Zeit der Reformeifer erlahmt. Wir sollten jetzt den Elan in der ARD nutzen, um gemeinsam mit unseren Aufsichtsräten mutige Reformen anzuschieben.“