Liberale-Politiker: Konstantin Kuhle wechselt zur Kanzlei Blomstein

Berlin, Bundestag, 30. Januar 2025: 92 Jahre nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler debattiert das Parlament über Anträge zur Prüfung eines Verbots der AfD. FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle tritt ans Rednerpult. In energischen Sätzen bringt der Innenpolitiker seine Ablehnung der AfD zum Ausdruck und bezeichnet sie als „Organ hybrider Kriegsführung“ autoritärer Staaten wie Russland und China.

Anschließend geht es darum, wie man die anstehende Bundestagswahl effektiv vor ausländischer Einflussnahme schützen kann. Die Sorge vor dem Kreml und Propaganda auf der Plattform ist groß. Ende Dezember 2024 hat Elon Musk, Eigentümer von X, in einem Gastbeitrag offen für die AfD geworben und damit einen wochenlangen Streit ausgelöst.

Kuhle, der selbst seit Jahren Twitter- beziehungsweise X-Nutzer ist, bezeichnet Musk als „ziemlich unappetitlichen Typ“. Er kritisiert, dass er auf seiner Plattform „komische Dinge“ mache. Zwar werde im Zusammenhang mit Wahlbeeinflussung viel über den Techmilliardär gesprochen, „der zentrale Akteur bei der Beeinflussung von Willensbildungsprozessen in Deutschland ist aber Russland“, sagt der FDP-Politiker. „Unsere gesellschaftliche Resilienz gegen Desinformation, gegen die Unterwanderung durch autokratische Staaten, muss besser werden. Wir müssen darüber sprechen, warum das in Deutschland nicht hinhaut.“

Noch Landesvorsitzender der FDP in Niedersachsen

Es war die letzte Mahnung des damals 35 Jahre alten Parlamentariers im Plenum. Wenige Tage darauf folgte die letzte Sitzung im Bundestag. Einige Wochen später fand die Bundestagswahl statt. Die FDP scheiterte an der Fünfprozenthürde, und Kuhles Laufbahn als Abgeordneter endete nach mehr als sieben Jahren und zwei Legislaturperioden. Bis heute ist Kuhle Landesvorsitzender der FDP in Niedersachsen. In der Partei wurde jedoch kommuniziert, dass er im kommenden Frühjahr nicht mehr zur Wahl antreten wird.

Schon während des Bundestagswahlkampfs und nach der Niederlage brachte Kuhle in Interviews mehrfach zum Ausdruck, wie sehr es ihn reizen würde, wieder als Rechtsanwalt zu arbeiten. Derzeit ist er unter anderem für die Friedrich-Naumann-Stiftung in Südamerika unterwegs.

Kuhle wird „Special Counsel“

Von dort aus teilte er nun mit, dass er vom März an wieder in Vollzeit als Anwalt in einer Wirtschaftskanzlei in Berlin arbeiten werde: „Ich freue mich darauf, mit ganzer Kraft in meinen erlernten Beruf zurückzukehren. Die anwaltliche Tätigkeit bei Blomstein aufzunehmen, ist für mich besonders reizvoll, weil die Kanzlei Schwerpunkte in den Bereichen Nationale Sicherheit und Lateinamerika setzt.“ Bei der Sozietät steigt Kuhle als sogenannter „Special Counsel“ ein. Dabei handelt es sich um eine Zwischenstufe für berufserfahrene Anwälte, die jedoch nicht zur Partnerriege gehören.

Blomstein erhofft sich von dem prominenten Quereinsteiger einen Mehrwert für ihre Praxis für Nationale Sicherheit sowohl für nationale als auch für globale Themen. „Wir freuen uns sehr, Konstantin für unser Team zu gewinnen“, sagt Roland Stein, einer der Gründer von Blomstein. „Seine beeindruckenden und vielschichtigen Erfahrungen aus den Jahren seiner Arbeit im Bundestag werden unsere Kanzlei in jeder Hinsicht bereichern. Unsere Mandanten, die häufig vor komplexen regulatorischen Herausforderungen stehen, werden davon sehr profitieren.“

Von 2009 an hatte Kuhle Rechtswissenschaften an der Bucerius Law School in Hamburg studiert. Während seines Referendariats wurde er 2014 erstmals zum Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen gewählt. Ein Amt, das er trotz seiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2017 und seinem Einstieg bei der Kanzlei Herfurth & Partner in Hannover nach mehrfacher Wiederwahl weiter ausübte.

Doch mit seinem Erfolg als Berufspolitiker und dem Einzug in den Bundestag 2017 blieb weniger Zeit für seine anwaltlichen Tätigkeiten. Spektakuläre Prozessmandate hat er bei seiner neuen beruflichen Orientierung nicht im Sinn. Er kommt aus dem öffentlichen Wirtschaftsrecht, das ein breites Spektrum vom Kartell- bis zum Vergaberecht abdeckt. Seit einigen Jahren hält er Vorlesungen zum Staatsorganisationsrecht an der Georg-August-Universität in Göttingen, die er eigener Aussage nach auch künftig fortsetzen will.

Sein neuer Arbeitgeber Blomstein ist 2016 als Abspaltung jüngerer Anwälte aus dem Berliner Standort von Freshfields entstanden. Die Gründer konzen­trierten sich auf die Bereiche Vergaberecht, Kartellrecht, Beihilferecht und Außenhandelsrecht. Zudem verfügt Blomstein über ein Büro in Brüssel und über „Legal Hubs“ in Lissabon eine aktive Brasilien-Beratungspraxis. In Deutschland sind solche spezialisierten Teams abseits der internationalen Großkanzleien schwer zu finden. Gerade das mag für Kuhle, der sich in den vergangenen Jahren um intensivere Beziehungen zwischen Europa und Lateinamerika bemühte, den Ausschlag gegeben haben. Für ihn ist der Kontinent schon seit langer Zeit von großer Bedeutung: Als Schüler hat er ein Jahr im Hochland von Ecuador gelebt.