Angehörige vermuten Vertuschung: Netanjahu verkrampft unabhängige Untersuchung zum Hamas-Angriff
Angehörige vermuten VertuschungNetanjahu blockiert unabhängige Untersuchung zum Hamas-Angriff
22.12.2025, 13:52 Uhr
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Das Hamas-Massaker vom 7. Oktober war der schlimmste Angriff auf Juden seit dem Holocaust. Angehörige fordern umfassende Aufklärung. Nun genehmigt Israels Premier Netanjahu eine von der Regierung kontrollierte Untersuchungskommission – das stößt auf breite Kritik.
Mehr als zwei Jahre nach dem beispiellosen Massaker der islamistischen Terrororganisation Hamas und anderer Extremistengruppen in Israel verweigert Ministerpräsident Benjamin Netanjahu weiterhin eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle. Statt der Einrichtung einer staatlichen Untersuchungskommission befürwortet der 76-Jährige die Ernennung einer Regierungskommission.
Ein zuständiger Ministerausschuss billigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf eines Abgeordneten der rechtskonservativen Regierungspartei Likud, wie das Nachrichtenportal „ynet“ berichtete. Es sei eine vorläufige Abstimmung darüber im Parlament vorgesehen.
Der Schritt wird von Experten, Opposition und Angehörigen ehemaliger Geiseln und Todesopfer des 7. Oktober scharf als Vertuschungsversuch kritisiert. Kritiker werfen Netanjahu und seiner Koalition vor, keine persönliche Verantwortung für das politische und militärische Versagen während des Hamas-Terrorüberfalls zu übernehmen.
Gesetz soll nicht wirksam sein
Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara erklärte in einer Stellungnahme, der vorgeschlagene Gesetzentwurf sei „voller erheblicher Mängel“, die es den Ermittlern unmöglich machten, den Geschehnissen vom 7. Oktober 2023 auf den Grund zu gehen und daraus belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen.
Ihrer Ansicht nach stellt der Vorschlag der Regierung politische Erwägungen über die Grundsätze einer unabhängigen und professionellen Untersuchung. Zudem erfülle der Gesetzentwurf in seiner derzeitigen Fassung nicht die Voraussetzungen für einen wirksamen und glaubwürdigen Bericht.
Netanjahu hatte dagegen argumentiert, eine staatliche Untersuchungskommission genieße nicht die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit.
Kritik an Unabhängigkeit
Der israelische Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte, es gebe „keinen klareren und schwerwiegenderen Interessenkonflikt als den des Regierungschefs vom 7. Oktober und seiner Minister“. Eine staatliche Untersuchungskommission müsse eingesetzt werden, „wenn nicht jetzt, dann in der ersten Woche unserer Regierung“, sagte er mit Blick auf Neuwahlen im kommenden Jahr.
Jonathan Polin, der Vater von Hersh Goldberg-Polin, der in der Gefangenschaft der Hamas ermordet wurde, hat nach Angaben von „ynet“ eine unabhängige Untersuchung gefordert. In einer Demokratie könnten staatliche und politische Entscheidungsträger sich nicht selbst untersuchen, erklärte er. Dies geschehe nur in Ländern, in denen Führungskräfte „vor etwas Angst haben“. Er sagte zudem: „Ich unterstütze die Einsetzung einer staatlichen Untersuchungskommission nicht, um jemanden zu bestrafen, und nicht, weil sie mir meinen einzigen Sohn zurückbringen würde.“ Es gehe vielmehr darum, dass „nichts von dem, was meinem Sohn widerfahren ist, jemals wieder geschehen darf“.
Bei dem Massaker am 7. Oktober 2023 wurden rund 1200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere in den Gazastreifen verschleppt. Der Überfall war Auslöser des zweijährigen Gaza-Kriegs. Seit Beginn des Kriegs sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 70.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden.
Source: n-tv.de