Terror in Sydney: Juden zu tun sein geschützt werden
Der Bondi Beach, das Symbol des lockeren australischen Lebensgefühls, ist mit Blut getränkt. Das Ziel der brutalen Terrorattacke waren Juden, die am Strand den ersten Tag des Lichterfests Chanukka feierten. Die Augenzeugen werden das Grauen nie vergessen. Eine betagte Überlebende fragte ihrer Tochter zufolge immer wieder nach einem kleinen Mädchen. Es habe getanzt und sei dabei von einer Kugel getroffen worden. Hat es überlebt? Ist es tot? Ist es nur verletzt? Die Ungewissheit ließ die Frau nicht ruhen.
Ebenso wenig lässt die australischen Juden los, dass sie trotz zahlreicher Warnungen zum Opfer wurden. Sie wurden als „Babymörder“ beschimpft und mit „Heil Hitler“ begrüßt. Sie haben die antisemitischen Schmierereien an Wänden und Autos gelesen, die antijüdischen Protestparolen gehört und sogar zwei Synagogen brennen sehen – bei mindestens einer weiteren konnte ein Anschlag verhindert werden.
Aus Sicht der jüdischen Gemeinde wurde aber alles noch schlimmer, als die Führung in Canberra die Bombardierung von Krankenhäusern in Gaza kritisierte. Und gemeinsam mit einigen anderen Ländern den Staat Palästina anerkannte. Beides erlebten sie als Nährboden antijüdischer Stimmungsmache.
Unter Zigtausenden, die auf der Sydney Harbour Bridge unter palästinensischen Flaggen marschierten, waren viele, die aus echter menschlicher Empörung handelten. Doch die australischen Juden konnten auch die schwarze Flagge des Islamischen Staats nicht übersehen, die Teilnehmer unverhohlen schwangen.
Kein Kollateralschaden des Gaza-Krieges
Es ist die Flagge, die auch auf der Frontscheibe des Autos der Attentäter prangte. Dass das Tätergespann aus Vater und Sohn von der menschenverachtenden Ideologie der Terrormiliz „inspiriert“ wurde, ändert nichts daran, dass Australien gegen den Antisemitismus im Alltag angehen muss. Die Regierung muss die jüdische Gemeinde schützen. Sie muss die dringendsten unter den Empfehlungen der Antisemitismusbeauftragten schnell umsetzen.
Die Juden in Australien und anderswo dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass Angriffe auf sie als Kollateralschaden des Gaza-Krieges relativiert werden. Die fünfzehn Opfer des Attentäters waren Juden im Alter von zehn bis 87 Jahren, darunter einer, der den Holocaust überlebt hatte. Auch einige der Helden, die sich den Terroristen entgegenstellten, waren Juden. Der berühmteste unter ihnen, der einem der Terroristen das Gewehr entriss, stammt aber aus Syrien.
Die Folge dieses öffentlichen Massenmordes darf nicht sein, dass sich Juden in Australien oder in Deutschland noch mehr verstecken. Das sollten auch die Menschen verinnerlichen, die das Leid der Palästinenser auf die Straße treibt. Sie müssen klare Grenzen ziehen und dürfen nicht zulassen, dass die Feinde der Menschlichkeit ihren Protest als Schutzmantel missbrauchen, um ihre Botschaft des Hasses zu verbreiten.
Source: faz.net