Kapitalmarkt-Altersvorsorge: Rente ohne Bas

Immer mehr Anleger setzen für ihre Altersvorsorge auf den Kapitalmarkt und auf ETF. Gerade Jüngere, Frauen und Menschen ohne hohes Einkommen sparen fleißig monatlich in ETF-Sparplänen. Sie wissen, dass sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen müssen, wenn sie im Alter ein gutes Auskommen haben wollen, da sich Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) ganz in der Tradition ihres Amtsvorgängers Norbert Blüm (CDU) aus den 80er- und 90er- Jahren sieht, den politischen Fokus auf die immer höhere Subvention der gesetzlichen Rente und ihrer aktuellen Bezieher zu legen, allen demographischen Widrigkeiten zum Trotz.
Nicht immer nur auf Subventionen setzen
Dabei bieten die Innovationen der Finanzbranche in den vergangenen Jahren hier Möglichkeiten, von denen früher nur zu träumen war. Sie beherzter zu nutzen, von der Betriebsrente bis zum günstigen ETF-Sparplan, ist vernünftig. Da dies Millionen schon tun, dämmert vielleicht auch der Regierung noch, dass Politik gegen „das Kapital“ oft auch Politik gegen einen großen Teil der Wähler und ihrer Interessen ist. Den eigenen Arbeitgeber zum Klassenfeind zu erklären, das ist in einer Welt im harten globalen Wettbewerb doch mehr als vorgestrig.
Der politische Schluss aus der wachsenden Bedeutung der Kapitalmärkte für große Teile der Bevölkerung sollte deswegen aber keine Subvention für die kapitalgedeckte Altersvorsorge sein, wie derzeit geplant. Das an diesem Mittwoch im Kabinett vorliegende Altersvorsorgedepot hantiert mit Zulagen, diversen Prozentsätzen, Obergrenzen und Zertifizierungsprozessen. Es wird wieder maximal kompliziert und bürokratisch, getreu dem Motto, der Bürger muss schon als Bittsteller antreten und sich mit Anträgen um dann vom Staat großzügig gewährte Zulagen bewerben.
Der Hebel über das Steuerrecht wäre so viel einfacher. So ist wenig ersichtlich, warum langfristiges Sparen in Aktien und ETF derzeit steuerlich so viel schlechter gestellt wird als die kurzfristige Spekulation mit Gold und Krypto. Auch Immobilien genießen manchen Steuervorteil. Aber politisch ist es natürlich schöner, jedes Jahr großzügig ein paar Brotkrumen auszuzahlen aus der vorher vereinnahmten Abgeltungsteuer. Die Finanzbranche freut sich über die neue Subvention, Mitnahmeeffekte inklusive, die vor allem wieder jene vereinnahmen, die sich sowieso schon um ihre Geldanlage kümmern.
Steuern senken wäre einfacher
Immerhin ist bislang kein zwischenzeitlich diskutierter Staatsfonds in Sicht, der mit politischen Vorgaben, wie genau investiert werden muss, nur so überhäuft wird.
Wer politisch langfristig denkt, der macht es wie die Skandinavier oder Niederländer. Der berücksichtigt die Trägheit einiger Menschen. Längst nicht alle nehmen ihr Schicksal in die eigene Hand und bauen ihre ETF-Rente ohne Bärbel Bas auf. Viele kümmern sich nicht um ihre Altersvorsorge. Hier helfen die Opt-Out-Modelle, wonach aktiv widersprochen werden muss, damit nicht ein Teil des Arbeitseinkommens in eine Betriebsrente oder den Aufbau einer Rente am Kapitalmarkt investiert wird. Solche Modelle helfen, die Vermögen in der Bevölkerung breiter zu verteilen. Eigentlich ganz im sozialdemokratischen Sinne.
Source: faz.net