Schädigung von Gläubigern: 15 Monate Bewährungsstrafe für jedes Ex-Milliardär Benko

René Benko hat sich wegen betrügerischen Bankrotts abermals schuldig gemacht. Im zweiten Prozess gegen den Gründer der kollabierten Immobiliengruppe Signa wegen des Verdachts des Vermögensentzugs zulasten der Gläubiger wurde er am Innsbrucker Landesgericht von einem Schöffensenat zu fünfzehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Benko und seiner Ehefrau Nathalie wurde vorgeworfen, im Rahmen der Insolvenz Benkos als Einzelunternehmer 370.000 Euro an Bargeld, Schmuck und Uhren in einem Tresor bei Verwandten und damit vor den Gläubigern versteckt zu haben. Teilweise wurde er von den Vorwürfen freigesprochen. Seine Ehefrau wurde im Zweifel frei gesprochen. Der in der Anklage vorgebrachte Schaden ist gemessen an den Milliardenforderungen im Insolvenzfall der vor zwei Jahren zusammengebrochenen Signa-Gruppe vergleichsweise gering.

Beide machten zu Beginn ihrer Einvernahmen vom Recht Gebrauch, nicht auszusagen. Sowohl der gescheiterte Unternehmer als auch seine Frau bekannten sich unschuldig. Benko, sichtlich mitgenommen und deutlich schlanker als früher, sah seine Frau das erste Mal nach seiner Inhaftierung im Januar dieses Jahres.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) sah jedenfalls eine Schädigung der Gläubiger. Es habe ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Aufstellen des Safes im Haus von Onkel und Tante von Nathalie Benko im Tiroler Oberland am 11. März 2024 und dem Insolvenzantrag Benkos nur fünf Tage zuvor bestanden. Im Zuge der Erhebungen des Insolvenzverwalters sei indes aufgefallen, dass Uhren, für die es zwar Versicherungsdokumente gab, nicht im Vermögensverzeichnis von René Benko aufgeschienen waren. Ein ehemaliger Sicherheitsmitarbeiter der Familie habe schließlich den Hinweis auf einen möglichen Tresor außerhalb der Villa – die der Oberstaatsanwalt bei seinem Eröffnungsplädoyer angesichts eines Tresorraums als bestgesicherten Ort Österreichs bezeichnete – gegeben. Bei einer Hausdurchsuchung seien die Ermittler im Keller, versteckt hinter Kartons, fündig geworden.

Benkos Verhalten laut Ankläger „verblüffend“

Als verblüffend bezeichnete der öffentliche Ankläger in seinem Vortrag indes René Benkos Verhalten nach seiner Festnahme, als er zu den anklagegegenständlichen Vermögenswerten befragt worden war. Zuerst habe er sich nicht dazu geäußert, mehrere Wochen später jedoch eine schriftliche Erklärung abgegeben. Demnach habe er vier Uhren seinen sechs- und elfjährigen Söhnen im Jahr 2021 zu Weihnachten geschenkt und sie sich danach noch „gelegentlich ausgeborgt“. Bilder des Weihnachtsfestes würden jedoch „alterstypische“ Geschenke an die Buben zeigen, eine betreffende Uhr habe Benko am 25. Dezember indes wieder selbst getragen. Weitere Uhren seien für die Versteigerung eines Charity-Events gedacht gewesen. Uhren sowie Manschettenknöpfe sollen einen Wert von 250.000 Euro gehabt haben.

Die 120.000 Euro an Bargeld im Tresor soll sich Nathalie Benko, die sich selbst als „Fulltime-Mami“ bezeichnet hatte und wie ihr Ehemann die Ausführungen des Staatsanwaltes mit Kopfschütteln quittierte, nach Angaben von Herrn Benko als Haushaltsgeld zusammengespart haben und gehöre daher ihr. Ob dies wirklich „glaubwürdig“ sei, müsse nun das Gericht entscheiden, hegte die WKStA fundamentale Zweifel. Auch vermissten die Anklagebehörde eine in diesem Fall nötige Meldung über eine Schenkung an das Finanzamt. „Das Ehepaar wollte nicht erwischt werden, wie es Vermögen vor Gläubigern versteckt zu einem Zeitpunkt, wo bereits strafrechtliche Ermittlungen laufen“.

Vorwürfe laut Benkos Verteidiger „Hokuspokus“

Benko-Verteidiger Norbert Wess ging indes in seinen Plädoyers mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hart ins Gericht und beantragte einen Freispruch. Die Vorwürfe seien falsch, in der Anklage gebe es keine konkrete Beweisergebnisse. „Das ist Hokuspokus.“

Außerdem werde in der Anklage völlig das Jahr 2021, als es zu den Geschenken gekommen sein soll, außer Acht gelassen – einem Jahr, in dem sich Benko beruflich und wirtschaftlich auf dem Zenit befunden habe. Zu dieser Zeit seien sämtliche Familienmitglieder mit Geschenken bedacht worden. Es habe sich sehr wohl um übliche Geschenke gehandelt. Tatsächlich war 2021 nach bisherigen Erhebungen das weitverzweigte Konglomerat schon gravierend unter Druck.

So wie Benko etwa einen sogenannten Lebensring im Wert von mehreren Millionen an Mutter und Tochter verschenkt habe, habe er auch seinen Töchtern etwas zukommen lassen – als Erinnerung an den Vater, wie es in der schriftlichen Gegenäußerung hieß, auf die Wess wiederholt verwies und die unter tatkräftiger Mithilfe Benkos entstanden sei. Von 16 hochpreisigen Uhren, von denen sehr wohl etliche an seinen Insolvenzverwalter gegangen seien, habe er zuvor im Jahr 2021 in einem emotionalen Moment einige ausgesucht und seinen Söhnen geschenkt. In dem ein oder anderen Fall habe er sich eine Uhr danach auch noch selbst umgeschnallt. Auch solche Geschenke an einen Sechsjährigen oder einen Elfjährigen seien in einem Familienverband doch ganz normal. Man schenke eben quasi auf lange Sicht.

Auch bezüglich des Bargeldes handle es sich keinesfalls um eine Barreserve für den Notfall, sondern vielmehr um Haushaltsgeld und Erspartes, also um Gelder von Nathalie Benko, die zu großen Teilen schon vor Jahren zur Seite gelegt worden waren.

Verteidiger Nathalie Benkos kritisiert Anklage als mangelhaft

Der Verteidiger von Nathalie Benko, Michael Hohenauer, bezeichnete die Anklage indes als mangelhaft und fehlerhaft. Das Fundament der Anklage, ein Gespräch zwischen den Eheleuten Benko, bei dem sie den Tatplan geschmiedet haben sollen, sei frei erfunden. Darüber hinaus habe Nathalie Benko den Tresor angeschafft, um ihre wertvollsten Gegenstände, nämlich sieben Diamantringe im Wert von fünfeinhalb Millionen Euro, im Zuge eines Umzuges in Sicherheit zu bringen. Die Ringe waren nicht anklagegegenständlich, befanden sich jedoch unter Verschluss bei der WKStA. Während René Benko als Investor und Immobilienunternehmer im Mittelpunkt stand, agierte dessen Gefährtin in der Öffentlichkeit vergleichsweise zurückhaltend. Sie trat hauptsächlich im gesellschaftlichen Kontext in Erscheinung – etwa bei Kultur-, Benefiz- oder Wirtschaftsevents –, hielt sich aber von operativen Entscheidungen oder öffentlichen Statements zur Signa-Gruppe weitgehend fern.

Als Zeuge war schließlich der Masseverwalter in Benkos persönlichem Konkursverfahren als Unternehmer, Andreas Grabenweger, geladen. Dieser schilderte, wie er kurz nach Benkos Insolvenzeröffnung in der Villa in Innsbruck-Igls gewesen sei. Er habe den Signa-Gründer aufgefordert, ihm zu zeigen, was ihm gehöre. Daraufhin habe ihn Benko zu einem Tresor geführt, in dem sich zwei Uhren befanden, dahinter Halterungen für weitere Uhren. Als vorhandenes Bargeld habe der Unternehmer indes „null“ angegeben, was er so in seiner gesamten Laufbahn bisher noch nie erlebt habe, erklärte Grabenweger vor Gericht.

Bei der ersten Verhandlung wegen betrügerischen Bankrotts war der Finanzjongleur, der eine der großen Unternehmenszusammenbrüche in Europa zu verantworten hat, nicht rechtskräftig zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die WKStA ging zuletzt im Verfahrenskomplex rund um den Zusammenbruch von Signa vierzehn verschiedenen Sachverhaltssträngen nach. Zu den Vorwürfen zählen neben betrügerischen Bankrotts auch Untreue, schwerer Betrug, Gläubigerbegünstigung und Förderungsmissbrauch. Im Visier hat sie mehr als ein Dutzend Beschuldigte sowie zwei Verbände. Der ermittlungsgegenständliche Gesamtschaden belaufe sich aktuell auf rund 300 Millionen Euro. Benko wies bisher stets jegliche Vorwürfe zurück und steht neben strafrechtlichen Ermittlungen auch im zivilrechtlichen Fokus von betuchten Geldgebern.