Zulieferer in dieser Krise: Wie ZF-Chef Miedreich den Kampf gegen die Schulden plant

Den Posten, den Mathias Miedreich im Oktober übernommen hat, gehört zu den aktuell schwierigsten in der deutschen Autoindustrie. Der gebürtige Saarländer soll als Vorstandsvorsitzender den angeschlagenen Zulieferer ZF aus der Krise und vor allem aus den Schulden führen. Schulden in Höhe von mehr als elf ­Milliarden Euro, für die das Traditionsunternehmen aus Friedrichshafen am Bodensee zurzeit jedes Jahr mehr als 700 Millionen Euro Zinsen zahlt. „Die Entschuldung hat für mich absolute Priorität, nur so können wir uns wieder Handlungsspielräume erarbeiten“, sagte Miedreich am Montagabend vor Journalisten im Wirtschaftspresseclub Stuttgart.

Miedreich beschönigte die Situation des Stiftungsunternehmens nicht – und doch blitzte in seinen Ausführungen immer wieder Optimismus durch. Seine Zuversicht gründet der Manager nicht zuletzt auf den Bereich, der in den vergangenen Jahren das große Sorgenkind war und für hohe Verluste gesorgt hat: die Antriebssparte, in der ZF die Produktion von konventionellen Getrieben, Hybrid-Antrieben und Komponenten für die Elektromobilität gebündelt hat. „Die Wirkung der Performance-Programme ist schon zu spüren. Die Antriebssparte schreibt dieses Jahr eine schwarze Null“, erklärte Miedreich – und kündigte an, die Sparmaßnahmen, die ZF in der Antriebs- und Fahrwerkssparte umgesetzt hat, im nächsten Jahr auf die übrigen Geschäftsbereiche zu übertragen. Die Zahlen spiegeln die Verbesserung: Zwischen Januar und September hat ZF seinen operativen Gewinn (Ebit) um 22 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro gesteigert. Die Umsatzrendite verbesserte sich von 2,8 auf 3,7 Prozent. Der Umsatz ging im Zuge der stockenden Konjunktur um acht Prozent auf 28,9 Milliarden Euro zurück.

Vom Sparten-Leiter zum Vorstandschef

Miedreich stieß im Herbst 2024 vom belgischen Recycling-Spezialisten Umi­core zu ZF und leitete zuerst die Antriebssparte, bevor er kurz nach der Automesse IAA Mobility in München den glücklosen Holger Klein an der Spitze des Unternehmens ablöste. Sein Vorgänger hatte sich vor allem in einem Streit mit Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich aufgerieben, den Miedreich gemeinsam mit Personalvorständin und Arbeitsdirektorin Lea Corzilius beendete: Während das Unternehmen auf eine Ausgliederung der Antriebssparte verzichtete, stimmten Betriebsrat und Gewerkschaft einem Sanierungspaket zu.

Im Wirtschaftspresseclub erklärte Miedreich nun, dass die bislang angekündigten Stellenabbauprogramme ausreichen. „Ich gehe davon aus, dass da nichts mehr dazukommt“, sagte der ZF-Chef. Der Manager, klassisch im blauen Sakko, mit dunkler Krawatte und weißem Hemd, antwortete sachlich auf die Fragen, ruhig und überlegt führte er seine Gedanken aus. Im Sommer 2024 hatte ZF angekündigt, bis 2028 bis zu 14.000 Stellen in Deutschland abzubauen – davon entfallen 7600 auf die Antriebssparte.

Klar ist nach Ansicht des ZF-Chefs allerdings auch, dass die Effizienzprogramme nicht ausreichen, um die Schulden vollständig abzubauen. „Ohne eine anorganische Entschuldung wird es nicht gehen“, sagte Miedreich mit Blick auf den Verkauf von einzelnen Geschäftsfeldern. ZF hat da vor allem die Airbag-Sparte im Blick, die seit gut einem Jahr vollständig ausgegliedert ist und zum Verkauf steht. „Da muss man sagen, dass der Verkauf auch durch die aktuelle Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump schwieriger geworden ist.“ Grund dafür sind die Werke der Sparte in Mexiko. Neben der Airbag-Produktion überlegt Miedreich auch, ob ZF die Bereiche elektronische Fahrerassistenzsysteme, Inverter und Elektromotoren abgibt. „Die Prüfung läuft noch und ist nicht abgeschlossen“, erklärte Miedreich im Wirtschaftspresseclub.

Große Hoffnungen setzt Miedreich auf die Abkehr vom Verbrenner-Aus. „Für ZF wird die Entscheidung nur positive Auswirkungen haben“, erklärte der ZF-Chef. Der Zulieferer bietet neben Plug-in-Hybrid-Antrieben auch Range-Extender-Lösungen an. Miedreich will die Technik in Zukunft auch in Europa verkaufen. In China hat ZF für die Produkte jetzt einen ersten Großauftrag gewonnen. Das SUV-Modell D19 von ­Leapmotor soll von 2026 an mit ZF-Technik unterwegs sein.