Chefanlegerin von Ark: „Der Bitcoin wird uff 1,5 Millionen Dollar steigen“

Frau Wood, die Börsen kennen im Moment nur ein Thema: die Künstliche Intelligenz (KI). Gibt es dort eine Kursblase oder nicht?

Ich bin sehr froh, dass die Anleger gerade so viel darüber diskutieren. Das ist wichtig. Viele, die heute in der Finanzbranche Führungspositionen innehaben, können sich noch gut an die Internetblase des Jahres 2000 erinnern. Das Geschehen von damals hat sie geprägt, und sie wollen auf jeden Fall verhindern, dass es sich wiederholt. Diese Vorsicht prägt das Handeln vieler Entscheidungsträger, und genau deswegen wird es zu keiner Wiederholung kommen. Diese Sorgen, die man nun überall hört, sind gut für die Märkte.

Sie selbst waren zur Jahrtausendwende auch schon aktiv. Bestehen wirklich keine Parallelen?

Die Grundlage für alles, was heute den Börsenaufschwung treibt, wurde damals gelegt. Aber die Technologien waren einfach noch nicht so weit. Ich benutze dafür gerne ein Bild, mit dem vor allem Fernsehzuschauer etwas anfangen können: Die Techkonzerne waren damals schlicht nicht bereit für die Primetime, die Hauptsendezeit. Heute ist das anders: Es gibt die Cloud, also die Datenwolken im Internet, die als Speicherplatz dienen. Es gab einen echten Durchbruch bei der Verwendung von KI. Und vergessen Sie die Biotechnologie nicht: Die DNA-Sequenzierung – ein Prozess zur genaueren Identifizierung unseres Erbgutes – ist in all den Jahren so viel einfacher geworden. Die Menschheit hat in den vergangenen 25 Jahren wirklich viele herausragende Fortschritte gemacht.

Sie sind bekannt dafür, die Dinge und die Börsen grundsätzlich positiv zu sehen. Kann denn gar nichts Ihren Optimismus erschüttern?

Das wird mir oft nachgesagt, aber das stimmt so nicht. 2001 fing ich bei einer Fondsgesellschaft als Chefanlegerin an, und ich weiß noch, dass ich damals in den Portfolios einen Anteil an Techaktien in Höhe von 40 Prozent vorfand. Den habe ich dann schnell auf elf Prozent gesenkt, weil ich fand, dass es damals viel zu wenige lukrative Gelegenheiten in dem Sektor gab. Heute leben wir in einer anderen Welt. Das einzige, was mir wirklich Sorgen machen würde, wäre eine ernsthafte Rezession.

Würde das die Techkonzerne denn so hart treffen? Sie verfügen über hohe finanzielle Reserven.

Das stimmt. Ich glaube nicht, dass die Kräfte, die in der digitalen Welt am Werk sind, dadurch vom Wege abkämen. Wir erleben eine Revolution, und wir sind dabei noch ganz am Anfang. Das ist und bleibt eine außerordentliche Gelegenheit, die sich Anleger nicht entgehen lassen sollten. Ein starker Wirtschaftseinbruch wäre aber auch für die Technologiekonzerne mit zeitweiligen Schwierigkeiten verbunden. In meinem Unternehmen Ark sind wir überzeugt von der Gültigkeit des Wright’schen Gesetzes. Es ist benannt nach dem Ingenieur Theodore Paul Wright und besagt im Wesentlichen: Jedes Mal, wenn sich die Menge an produzierten Einheiten verdoppelt, sinken die Kosten um einen konstanten Prozentsatz. In einer Wirtschaftskrise wäre diese Dynamik durchbrochen. Ironischerweise hätte das allerdings auch sein Gutes.

Wir sind gespannt.

In schwierigen Zeiten geraten die Geschäftsmodelle der Firmen unter Druck, und die Manager sind zur Kreativität gezwungen, um das Problem zu lösen. Sie müssen sich dann ändern und werden effizienter, produktiver, schneller. So gesehen lasse ich mir meinen Optimismus wirklich nicht nehmen.

Für Ihre Anleger ist das nicht nur schön. Ihr bekanntester Fonds, der ARK Innovation, hat in guten Zeiten stark hinzugewonnen, in schlechten Zeiten aber auch deutliche Verluste eingefahren. Warum agieren Sie nicht auch mal vorsichtiger?

Es ist wichtig zu verstehen, was wir mit unseren Fonds beabsichtigen und was nicht. Wir wollen nicht einfach den Markt abbilden, und wir wollen auch nicht breit streuen, um in einer Abschwungphase womöglich besser dazustehen. Nein, wir konzentrieren uns auf einige wenige Namen, denen wir echte technologische Innovationen zutrauen. Und wenn die Kurse fallen, besteht unsere einzige Absicherung darin, in solchen Momenten noch mehr von den Aktien zu kaufen, von denen wir am meisten überzeugt sind. Wir agieren eher wie ein Risikokapitalgeber und nicht wie ein normaler Fonds.

Woher wollen Sie wissen, welche Unternehmen zu solchen Innovationen in der Lage sind?

Ich gebe Ihnen gerne ein Beispiel, wie wir arbeiten. Schon 2014 hat eine unserer Analystinnen zu selbstfahrenden Autos recherchiert und kam auf diesem Wege darauf, wie wichtig Grafikchips dafür eines Tages sein würden – sie bilden in gewisser Weise das zentrale Nervensystem dieser Autos. Die Kollegin stieß darauf, dass Nvidia bei der Ausstattung dieser Autos eine große Bedeutung zukommen würde. Heute kennt jeder die Firma, sie ist das wertvollste Unternehmen der Welt. Damals allerdings stand Nvidia unter Druck. Viele Anleger hatten den Bedeutungsverlust von PCs vor Augen, für die Nvidia Grafikkarten herstellte. Bald darauf haben wir in größerem Stil Nvidia-Aktien gekauft.

Sie haben die Aktien allerdings verkauft, bevor Nvidia zum wertvollsten Unternehmen der Welt wurde. Ärgert Sie das heute?

Nein, uns geht es darum, Trends früh zu erkennen, und das ist uns in diesem Fall eindeutig gelungen. Nvidia gehört längst nicht mehr zu unseren größten Positionen. Auch der jüngste Kursrutsch macht die Aktie für uns nicht interessanter.

Ausgelöst hat die Kursbewegung ein Bericht, dass Mark Zuckerbergs Meta-Konzern seine Computerchips in Zukunft von Alphabet kaufen könnte und nicht mehr von Nvidia. Hat Sie das überrascht?

Für uns war das nichts wirklich Neues. Ich sagte ja bereits: Gute Recherche ist der Kern unseres Jobs. Wir haben damit gerechnet, dass Alphabet den Wettbewerb mit Nvidia suchen würde.

Das Unternehmen, dem Sie am meisten zutrauen, ist seit Jahren Tesla. Sie erwarten, dass der Aktienkurs sich bis zum Ende des Jahrzehnts versechsfacht. Ist das nicht völlig übertrieben?

Keineswegs. Mein Vertrauen in die Aktie hat sich im Gegenteil sogar noch einmal erhöht. Die Annahme für den Aktienkurs beruht zu 90 Prozent auf unserer Überzeugung, dass es Tesla gelingen wird, Robotaxis in großem Stil zu verkaufen. Diesen Autos, die keinen Fahrer mehr brauchen, gehört die Zukunft, und Tesla ist führend in ihrer Entwicklung. Bei der Kalkulation des künftigen Aktienkurses haben wir übrigens noch nicht einmal die Chancen berücksichtigt, die aus der Produktion humanoider Roboter entstehen könnten. Auch daran arbeitet Tesla.

Sie gehören zu jenen Aktionären, die dem Tesla-Vorstandsvorsitzenden Elon Musk das höchste Gehaltspaket zugebilligt haben, das je ein Firmenchef erhalten könnte: eine Billion Dollar. Kann ein einzelner Mensch wirklich derart wertvolle Arbeit leisten?

Ja. Vielen Firmenchefs gelingt es, den Umsatz zu steigern, aber Elon hat viel mehr getan: Die Projekte, die er sich vornimmt, verändern die Wirtschaftswelt. Denken Sie nur an die Elektroautos oder an sein Raumfahrtunternehmen Space X. Was er anpackt, macht nicht nur viele Menschen sehr reich, sondern löst auch Probleme in der Welt des Verkehrs oder bei der Erkundung des Weltalls. Und all das macht uns produktiver und effizienter und könnte zu Entwicklungen führen, die man sich heute noch gar nicht vorstellen kann.

Musk hat eine Zeit lang die amerikanische Regierung beraten. Haben Sie ihm diesen Ausflug in die Politik nicht verübelt?

Elon hat seine Unternehmen nie vernachlässigt, er hat immer ambitionierte Vorgaben gemacht – und sich dann eingeschaltet, wenn die Firmen drohten, diese Ziele zu verfehlen. So hat er immer gearbeitet, und es war auch während seiner Monate in Washington nicht anders. Für mich ist Elon einer der genialsten Erfinder unserer Zeit, und wir können ihm dankbar dafür sein, dass er einen Teil seiner Zeit dafür verwendet hat, die amerikanische Verwaltung effizienter zu machen.

Viele seiner Maßnahmen haben in Teilen der Bevölkerung Unmut auf sich gezogen. Sie haben nichts daran zu kritisieren?

Erst war Elon der Held der Demokratischen Partei, weil er E-Autos entwickelt hat und die Welt vor der Klimakatastrophe bewahren will. Dann half er der Trump-Regierung, und die Demokraten wandten sich von ihm ab, während die Republikaner auf einmal dachten: So schlimm ist der Typ ja gar nicht. Aus meiner Sicht ist Elon ein Macher, der sich jeder einfachen Zuordnung entzieht.

Nicht nur im Falle von Tesla ist Ihre Kursprognose gewagt. Auch der Kryptowährung Bitcoin trauen Sie eine Menge zu.

So ist es. Der Bitcoin wird auf 1,5 Millionen Dollar steigen. Das ist unsere Erwartung für das Jahr 2030.

Das wäre sechzehnmal so hoch wie heute. Manch einer hat Sie deswegen schon für verrückt erklärt.

Das kümmert mich nicht. Bitcoin verkörpert für mich drei Revolutionen in einem. Zuallererst ist Bitcoin das erste private, digitale und regelbasierte geldähnliche System der Welt. Zweitens steckt dahinter eine neue Technologie. Und drittens handelt es sich um eine neue Anlageklasse.

Ist das wirklich so? Der Bitcoin-Kurs bewegte sich zuletzt sehr ähnlich zum Aktienmarkt: Er verlor, wenn die Aktienkurse fielen, und gewann, wenn die Aktienkurse stiegen.

Richtig ist, dass Bitcoin in jüngster Zeit vermehrt klassische Investoren angezogen hat, die dann auch auf klassische Weise reagieren. Aber Sie sollten eines nicht vergessen: Bitcoin wird eine der Kryptowährungen sein, mit denen wir in Zukunft in der digitalen Welt bezahlen.

Wie können Sie sich da so sicher sein? Der Kurs des Bitcoin schwankt enorm.

Das ändert nichts daran, dass jüngere Leute keinerlei Berührungsängste damit haben. Wir stehen auch an den Finanzmärkten vor einem Generationenwechsel: Viel Reichtum wird von der älteren Generation an die jüngere vererbt. Und diese jüngere Generation wird einen Teil ihres Geldes in Bitcoin anlegen wollen. Das ist ein wichtiger Punkt.

Einer der größten Unterstützer von Kryptowährungen war zuletzt US-Präsident Donald Trump. Wie sollen Anleger mit ihm umgehen?

Da würde ich mich an eine einfache Regel halten: Schaut auf das, was er tut, nicht auf das, was er sagt. Er redet den ganzen Tag von Zöllen, Zöllen, Zöllen. Ich bin auch keine Freundin von Zöllen. Aber am Ende ist etwas anderes viel wichtiger: Donald Trump hat die effektiven Unternehmenssteuern in den USA deutlich gesenkt, zum Beispiel durch schnellere Abschreibungsmöglichkeiten. Und das wird die Wirtschaft im kommenden Jahr stark stimulieren.

Frau Wood, Sie haben einmal erzählt, dass Sie der Heilige Geist zur Gründung Ihres Unternehmens inspiriert hat. Das müssen Sie einem skeptischen Deutschen erklären.

Ich bin gläubige Christin und habe immer schon viel in der Bibel gelesen. Oft habe ich die Stelle aufgeschlagen, an der von der Bundeslade die Rede ist, in der die zehn Gebote transportiert worden sein sollen. „Ark of the Covenant“ ist der englische Ausdruck dafür. Ich erinnere mich genau, es war im Jahr 2012, der Tag war sonnig, und in meinem Haus herrschte eine sonderbare Stille. Ich fühlte mich weder glücklich noch traurig, ich fühlte mich einfach anders. Plötzlich war mir klar: Du musst deine eigene Firma gründen und sie „Ark“ nennen. Und das habe ich dann gemacht.

Source: faz.net