Aktie steigt fühlbar: Überraschender Medikamentenerfolg beflügelt Bayer

Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer hat positive Studienergebnisse für seinen Gerinnungshemmer Asundexian veröffentlicht und damit den Aktienkurs am Montag kräftig nach oben getrieben. Zeitweilig um zwölf Prozent legte das Papier zu und stieg damit auf ein Jahreshoch von 30,98 Euro, auch im Tagesverlauf lag der Aktienkurs noch mehr als zehn Prozent im Plus und war damit mit Abstand stärkster Wert im Dax. Zwar ist der Aktienkurs damit immer noch weit entfernt von früheren Höhen, aber am Markt wird offenbar anerkannt, dass Bayer mit seinen zahlreichen Baustellen vorankommt: Seit Jahresanfang steht ein Plus von fast 60 Prozent zu Buche.

Besonders erfreulich für Bayer an der jüngsten Studie ist, dass es sich mit Asundexian um ein Mittel handelt, das dem Konzern vor zwei Jahren große Sorgen bereitet hat. Das Mittel war ein Hoffnungsträger als Nachfolger des Gerinnungshemmers Xarelto, der den Leverkusenern seit Jahren beständige Milliardenerlöse einbringt, dessen Patent allerdings ausläuft, weshalb die Umsätze zurückgehen. Von Asundexian erhoffte sich Bayer jährliche Umsätze in Höhe von fünf Milliarden Euro, musste allerdings im November 2023 mitteilen, dass das Mittel gegen Vorhofflimmern nicht so wirkte wie erhofft. Bayer musste eine Studie in der wichtigen Phase III abbrechen.

Plötzlich wieder ein Blockbusterkandidat

An der Börse ließ das den Aktienkurs daraufhin um mehr als ein Fünftel abstürzen, mehr als sieben Milliarden Euro Börsenwert verlor der Pharmakonzern in kurzer Zeit. Auch Analysten hatten das Potential von Asundexian danach abgeschrieben, weshalb die neuen Studiendaten dem Unternehmen nun besonders Auftrieb geben: Von Asundexian war nichts mehr erwartet worden – jetzt könnte es doch noch zu einem Blockbusterkandidaten werden. Analysten von JP Morgan schrieben am Montag von einem Umsatzpotential von mehr als einer Milliarden Euro, James Quigley von Goldman Sachs sieht das globale Marktpotential sogar bei drei Milliarden Euro.

In einer zulassungsrelevanten Studie hat Asundexian das Risiko für ischämische Schlaganfälle signifikant verringert, wie Bayer am Sonntag mitteilte. Gegenüber einem Placebo zeigte sich bei Patienten die mit Asundexian behandelt wurden, auch kein erhöhtes Risiko für schwere Blutungen. Das Mittel könnte vor allem dabei helfen, das Risiko wiederkehrender Schlaganfälle zu mindern. Im Jahr haben rund zwölf Millionen Menschen auf der Welt einen Schlaganfall. Einer von fünf Überlebenden erleidet innerhalb von fünf Jahren im Schnitt einen weiteren Schlaganfall, wobei das Sterblichkeitsrisiko bei dem wiederholten Anfall nochmals höher ist, auch treten tendenziell größere Behinderungen auf.

Bayer kündigte an, nach den Studienergebnissen auf der ganzen Welt Gespräche mit Gesundheitsbehörden über Zulassungsanträge aufzunehmen. Die vollständigen Studienergebnisse sollen auf einem wissenschaftlichen Kongress präsentiert werden. Der Goldman-Sachs-Analyst Quigley bezeichnete den Studienerfolg als „wegweisend für den Wandel im Pharmabereich“. Jetzt seien die Aussichten deutlich besser.

„Wegweisend“ für den Pharmabereich

Der Wettlauf um solche Gerinnungshemmer ist hart: Der amerikanische Konkurrent Bristol Myers Squibb hat erst in diesem Monat eine Studie mit dem Präparat Milvexian gestoppt, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass Ergebnisse für Patienten mit Herzkomplikationen hinter den Erwartungen blieben. Bristol Myers sieht in Milvexian einen Nachfolger seines Blockbuster-Gerinnungshemmers Eliquis. Genauso wie Bayer fokussieren sich die Amerikaner in der Wirkstoffentwicklung für die Blutverdünnung darauf, den Gerinnungsfaktor XIa zu hemmen, um Thrombosen zu verhindern und das Blutungsrisiko zu vermindern. Die Schwierigkeiten von Bristol Myers Squibb hatten auch die Erwartungen an Bayer gedämpft. Dem stehen nun die Studienergebnisse entgegen.

Für den Dax-Konzern reiht sich der Erfolg ein in ermutigende Ergebnisse der Pharmasparte, die dafür sprechen, dass Verluste aus Patentabläufen mehr als kompensiert werden können. Erst vor wenigen Tagen hatte die Europäische Kommission das Mittel Elinzanetant zugelassen. Mit dem Medikament, das Bayer in Europa unter dem Markennamen Lynkuet vermarkten will, sollen Hitzewallungen und Nachtschweiß behandelt werden.

Das Medikament zur Linderung von Wechseljahrbeschwerden ist schon in den Vereinigten Staaten zugelassen. Nach Angaben von Bayer wird die Zahl der Frauen in der Menopause global bis zum Jahr 2030 voraussichtlich auf 1,2 Milliarden steigen, das Unternehmen traut dem Mittel auch Blockbusterpotential zu, also Umsätze von mehr als einer Milliarde Euro. Schon auf gutem Weg dahin sind zudem zwei Neueinführungen, das Nierenmedikament Kerendia und das Mittel gegen Prostatakrebs Nubeqa.