Korruptionsskandal: Selenskyj hält an Präsidialamtschef Jermak verspannt

Für die ukrainische Opposition und Teile der Zivilgesellschaft ist Jermak seit je das zentrale Feindbild. Infolge des Korruptionsskandals im Energiebereich hatten Oppositionsabgeordnete nun aber mit neuem Nachdruck dessen Absetzung verlangt. Zuletzt war aber auch in den eigenen Reihen die Kritik lauter geworden. Zudem hatte eine Gruppe Abgeordneter der Regierungsfraktion (unbekannter Anzahl) sich der Oppositionsforderung nach einer „Koalition der nationalen Einigkeit“ angeschlossen. Darauf soll Selenskyj, mit Verweis auf die erfolgten Ministerentlassungen und Sanktionen, in dem Treffen mit der Fraktion mit einer Absage reagiert haben. Einem Bericht von „censor.net“ zufolge äußerte Selenskyj, er habe nicht wissen können, was sich hinter seinem Rücken abspiele.
Weitere NABU-Veröffentlichungen erwartet
Als Nachfolger für den zurückgetretenen Justizminister Herman Haluschtschenko schlug Selenskyj demnach den Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Denis Maslow, vor. Das erste Treffen nach einer längeren Auslandsreise Selenskyjs soll in angespannter Atmosphäre stattgefunden haben. So berichtete ein Abgeordneter, man habe alle Teilnehmer der Zusammenkunft zur Abgabe ihrer Mobiltelefone aufgefordert. Er schrieb in sozialen Medien, er habe sich dieser Aufforderung verweigert und sei deshalb von der Teilnahme ausgeschlossen worden.
Die innenpolitische Krise dürfte auch in der kommenden Woche weiter andauern. Die Opposition drängt auf zusätzliche Rücktritte. Zudem werden in Kiew weitere Veröffentlichungen der Antikorruptionsbehörden erwartet. In der Zivilgesellschaft äußern viele Menschen die Sorge, dass die Spitze des Eisbergs in diesem Skandal noch nicht erreicht ist.
Anlass dafür ist auch eine Aussage des seit Sommer in Untersuchungshaft befindlichen NABU-Ermittlers, der bei der Aufklärung eine entscheidende Rolle spielte. In einem schriftlich über die Anwältin geführten Interview mit dem öffentlichen Rundfunk „Suspilne“ äußerte dieser, er halte den im Zentrum des Skandals stehenden Timur Minditsch zwar für „einen Topmanager“ in dem Korruptionsschema, der Hauptnutznießer sei aber jemand anderes.
Source: faz.net