People & Culture: Darum sollten Führungskräfte hinauf Linkedin sein

Ein Netzwerk spinnen. Nicht nur ein Grund, warum sich eine Linkedin-Präsenz lohnen kann.

Kontakte knüpfen, Bewerber begeistern, das Unternehmen bekannter machen. Es gibt viele Gründe, warum sich eine Präsenz auf Linkedin lohnt. Das gilt es dabei zu beachten.

Mehr als 850 Millionen Mitglieder weltweit nutzen Linkedin. Allein in der DACH-Region waren es im August dieses Jahres 28 Millionen Nutzer, wie das Statistik-Portal Statista angibt. Das sind immerhin mehr als ein Viertel aller Menschen, die in der Region leben. Grund genug, genauer hinzuschauen, ob und warum sich eine Präsenz auf der Plattform lohnt – insbesondere für Führungskräfte. Denn „Menschen folgen Menschen“, wie Christina Richter, Gründerin des Personal Branding Institut betont. Oder anders formuliert: „Unternehmensseiten haben Schwierigkeiten, organische Reichweite zu generieren“, wissen Antonia Munte und Karline Wenzel, Gründerinnen der Boutiqueberatung Maxima Communications.

Die strategischen Kommunikationsberaterinnen erläutern: „Studien belegen, dass Beiträge von Mitarbeitenden knapp dreimal mehr Impressionen und fünfmal mehr Engagement als vergleichbare Beiträge der Unternehmensseite erzielen.“ Darüber hinaus präsentiere sich die Führungskraft auch für die eigene Belegschaft und externe Kontakte als offen und nahbar. So entstünden unter anderem neue Kontakte oder Einladungen zu Branchenevents, die es über eine Unternehmensseite nicht geben würde.

Silvia Bentzinger, CEO Seidensticker, 12.442 Follower

„In einer zunehmend vernetzten Wirtschaftswelt findet Führung heute nicht mehr nur im Konferenzraum statt – sondern auch im digitalen Raum. In meiner Rolle als CEO verstehe ich mich nicht nur als Entscheiderin, sondern auch als Markenbotschafterin für unser Unternehmen, unsere Werte und unsere Vision.
Linkedin bietet aus meiner Sicht eine einzigartige Plattform, um Haltung zu zeigen, Themen zu setzen und Vertrauen bei Mitarbeitenden, Partnern und Kunden aufzubauen. Darüber hinaus ermöglicht der direkte Austausch mit einem vielfältigen Netzwerk neue Impulse und fördert Innovation.

Authentizität steht für mich an erster Stelle. Es geht nicht darum, sich künstlich zu inszenieren, sondern Einblicke zu geben und echte Mehrwerte zu teilen.
Linkedin ist keine Werbefläche zur Selbstdarstellung, sondern ein Dialograum. Deshalb ist mir wichtig, nicht nur zu senden, sondern auch zuzuhören, in den Austausch zu gehen und Perspektiven aufzunehmen.“

Allzu offen und nahbar muss es dabei gar nicht werden. Richter gibt zu bedenken: „Ich habe es schon erlebt, dass Führungskräfte, die im Berufsalltag eher distanziert sind, auf Linkedin eine sehr persönliche Geschichte geteilt haben – was in der Belegschaft nicht gut ankam.“

Überhaupt sind sich alle Beraterinnen einig: Es gibt einen Unterschied zwischen persönlich und privat. „Persönlichkeit darf und soll sichtbar werden: Anekdoten, Erfolge, Fehler oder Lernprozesse machen eine Führungskraft menschlich“, betonen Munte und Wenzel. Sehr private Details, etwa zur Gesundheit oder dem Familienleben, sollten nur dann kommuniziert werden, wenn sie bewusst ein Signal setzen und einen Mehrwert für die Community hätten.

Fokus setzen

Lara-Sophie Bothur, die als erste Corporate Influencerin gilt und bei Deloitte die Social Media-Kanäle bespielt, meint: „Das Privatleben offenzulegen ist auch gar nicht gewünscht. Die Plattform dreht sich um Business-Themen.“ Sie plädiert dafür, sich für ein Fokusthema zu entscheiden, damit die potenziellen Follower wissen, warum sie einem folgen sollten. Und die Community dann mitzunehmen, indem man erklärt, warum man einen Post absetzt oder ein Event besucht. Hier kann man sich etwa auch dafür entscheiden, ob man mithilfe der Präsenz neue Kunden oder potenzielle Mitarbeitende erreichen möchte.

Aber wie fängt man überhaupt an, wenn man sich für einen Account auf Linkedin entscheidet? „Ich behandle mein Profil wie eine kleine Website“, sagt Richter. Dabei geht es sowohl darum, den eigenen Werdegang und die eigenen Themen vorzustellen als auch die Algorithmen durch suchmaschinenoptimierte Formulierungen zu bedienen. Im Anschluss könne man damit beginnen, Stück für Stück einen Fußabdruck zu hinterlassen, indem man bei anderen Nutzern kommentiert. So erhalte man auch ein Gefühl für die Plattform.

Daniel Grieder, CEO Hugo Boss, 110.761 Follower

„Letztlich sind Führungskräfte auch Botschafter unseres Unternehmens. Sie können dieses als attraktiven Arbeitgeber präsentieren und damit auch neue Talente ansprechen. Darüber hinaus ist Linkedin auch eine gute Plattform, um sich als Ideengeber mit neuen Themen in der Branche zu positionieren und mit Stakeholdern im Austausch zu sein. Es gibt immer wieder neue, spannende Kontakte auch über Generationen hinweg.

Für mich sind authentische Geschichten und Einblicke in die Unternehmenskultur wichtig. Es geht darum, seine persönliche Sicht auf bestimmte Themen zu teilen und auch bewusst Botschaften zu platzieren. Wir posten mit meinem Team zum Beispiel von unseren Fashion Shows, Standortbesuchen oder Sportsponsoring-Events oder teilen Beiträge zu Themen und Partnerschaften, die mir besonders wichtig sind. Der erfolgreichste Beitrag auf meinem LinkedIn-Kanal war beispielsweise die Bekanntgabe unserer Partnerschaft mit David Beckham.“

Ein Punkt, der für Bothur essenziell ist: „Ein Verständnis für die Plattform entsteht nicht durch Posten, sondern durch das Beobachten von Inhalten.“ Ihr zufolge lohnt es sich, die Schemata hinter gut und weniger gut funktionierenden Beiträgen zu identifizieren. „Das Wissen, das ich jetzt teile, ist das Ergebnis von vier Jahren Learning by Doing“, hält Bothur fest. Und das Lernen hört nie auf – allein schon, weil der Algorithmus sich immer wieder ändert.

Zeiten beachten

Aktuell sieht er unter anderem vor, dass vor einem eigenen Post proaktiv bei anderen kommentiert wird, damit der eigene Inhalt angekurbelt wird. Was sollte man in Hinblick auf den Algorithmus außerdem beachten? „Unserer Erfahrung nach spielt die frühe Interaktion in der sogenannten ‚Golden Hour‘ eine entscheidende Rolle: Beiträge sollten dann veröffentlicht werden, wenn die Zielgruppe besonders aktiv ist, und in den ersten Minuten gezielt Kommentare und Reaktionen anstoßen – zum Beispiel durch direkte Ansprache des Netzwerks oder schnelle eigene Antworten“, raten Munte und Wenzel. Fragen am Ende eines Posts sollten dabei nicht zu offen gestellt werden, rät Richter. Denn Zeit zu antworten haben andere am ehesten dann, wenn sie sich nicht zu viele Gedanken über das Geschriebene machen müssen.

Larissa Schmid, Co-CEO Saint Sass, 19.286 Follower

„Linkedin ist für mich die Schnittstelle zwischen Business und Persönlichkeit. Wer dort sichtbar ist, zeigt nicht nur die eigene Expertise, sondern auch wofür man als Person und als Unternehmen steht. Das zieht Partner, Kunden und vor allem die besten Talente an. Gerade für Start-ups ist das entscheidend, weil Top-Leute nicht nur einen Job suchen, sondern sich mit einer Vision identifizieren wollen. Wer als Führungskraft präsent ist, schafft diesen Zugang.

Für mich steht Authentizität im Mittelpunkt. Ich teile unsere Reise bei Saint Sass so, wie sie ist, mit allen Erfolgen, Rückschlägen und Learnings. Mein Ziel ist es, andere Menschen zu inspirieren, selbst den Schritt ins Unternehmertum zu wagen, die Angst vor dem Scheitern zu verlieren und zu sehen, dass dieser Weg machbar ist. Linkedin gibt mir die Möglichkeit, genau diese Geschichten zu erzählen: nahbar, ehrlich und gleichzeitig mit der Kraft, andere zu motivieren und mitzunehmen.“

Mit Inhalten, die über einen Textpost hinausgehen und im Feed bleiben, lassen sich höhere Reichweiten erzielen: Carousels – eine Art digitale Dia-Show –, kurze Videos oder Beiträge mit Fotos und ohne externe Links. Übrigens: Likes sind schön und gut, aber besser sind Kommentare, Diskussionen und das Teilen von Inhalten. Denn das wertet der Algorithmus höher und macht den Post sichtbarer.

Wer versucht, den Algorithmus auszutricksen, kann sich einen Bärendienst erweisen. Viele Personen zu taggen, also zu verlinken, damit diese auf den Beitrag reagieren, funktioniert nur, wenn diese sehr schnell reagieren. Passiert das nicht, wertet Linkedin den Post als Spam und drosselt ihn. Selbst wenn Nutzer sich untereinander absprechen und sich gegenseitig darauf hinweisen, wann ein Beitrag erscheint, um sich dann zu unterstützen, wird das nicht lange gut gehen. Der Algorithmus durchschaut nämlich auch, wenn immer die gleichen Personen miteinander interagieren.

Antje von Dewitz, CEO Vaude, 68.949 Follower

„Als Unternehmerin sehe ich Linkedin als eine große Chance, unsere Werte und unser Verständnis von Unternehmertum sichtbar zu machen. Ich möchte der Community zeigen, dass Veränderungen möglich sind, Mut machen und konkrete Lösungen aufzeigen. Das kann ich auf meinem Kanal viel persönlicher tun als auf unserem Unternehmenskanal. Menschen folgen nicht nur Marken, sie wollen wissen, wofür die Menschen hinter diesen Marken stehen. Wenn wir als Führungskräfte dort präsent sind, können wir authentisch zeigen, was uns antreibt, wofür wir Verantwortung übernehmen und wie wir die Zukunft gestalten wollen. Das stärkt Vertrauen, macht die Unternehmenskultur erlebbar und eröffnet neue Möglichkeiten für Austausch und Zusammenarbeit – weit über klassische PR hinaus.

Mir ist wichtig, dass mein Linkedin-Auftritt authentisch ist und im Einklang mit unseren Werten bei Vaude steht: Transparenz, Nachhaltigkeit, Verantwortung und Menschlichkeit. Es geht nicht um Selbstdarstellung, sondern darum, das Unternehmen und seine Haltung aus einer persönlichen Perspektive erlebbar zu machen. Wenn Führungskräfte auf Linkedin offen über Herausforderungen, Visionen und auch Lernprozesse sprechen, wird Unternehmenskultur greifbar. Genau dadurch entsteht ein echter Mehrwert – weil Menschen spüren: Diese Werte sind nicht nur Schlagworte, sie werden wirklich gelebt. Ich freue mich, wenn ich anderen dadurch Mut und Zuversicht geben und zeigen kann: Gemeinsam schaffen wir positive Veränderungen.“

Wichtig ist, dranzubleiben. Ein Post pro Woche ist das Minimum, besser sind zwei bis drei Beiträge wöchentlich – je nachdem, was der „eigentliche“ Job zulässt. Hier gilt: Lieber etwas weniger, dafür regelmäßig. Wichtig ist auch, durchzuhalten. „Nach drei Monaten kann man einen kleinen Rückblick machen, nach sechs Monaten wird es erst richtig interessant und gefestigt ist die eigene Sichtbarkeit in der Regel erst nach zehn bis zwölf Monaten oder sogar erst nach Jahren“, konkretisiert Richter. Und sie empfiehlt, sich nicht zu sehr mit anderen zu vergleichen. Ein Beispiel: Influencer haben möglicherweise eine höhere Anzahl an Followern. Dennoch können die Inhalte einer Person mit weniger Anhängern für diese einen höheren Mehrwert bieten.

  • Am Anfang stehen die W-Fragen: Wen will ich wie womit erreichen? Und warum?
  • Das Profil wie eine Website gestalten
  • Sich mit anderen vernetzen und kommentieren
  • Eigene Posts so verfassen, dass Diskussionen angeregt werden 
  • Den Algorithmus mitdenken, aber auch nicht alles für den Algorithmus tun: Authentizität entscheidet
  • Mindestens einmal pro Woche etwas posten und auf Regelmäßigkeit achten
  • Bei kritischen Kommentaren in den Dialog gehen; Trolle dürfen blockiert werden
  • Ggf. Mitarbeitern Zeit einräumen, um Linkedin zu pflegen