„Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach sich ziehen wir so viel Vertrauen verloren“, sagt Julia Ruhs

Constantin Schreiber startet heute bei WELT TV sein neues Talkformat. In der ersten Ausgabe diskutiert er unter anderem mit Julia Ruhs um Objektivität und Ausgewogenheit im Journalismus, politische Debattenkultur und Grenzen des Humors.

Axel-Springer-Global-Reporter Constantin Schreiber bekommt eine eigene Talkshow bei WELT TV. Darin will der frühere „Tagesschau“-Sprecher mit Gästen aus Politik, Medien und Kultur über gesellschaftliche Themen diskutieren.

Das Format „Constantin Schreiber Late Night“ geht aus seiner gleichnamigen Bühnenveranstaltung hervor, die seit Januar regelmäßig in Berlin stattfindet. Die Sendung läuft ab heute (27. Oktober, 23 Uhr) im zweimonatigen Rhythmus bei WELT TV.

Als einen „Abend zwischen Hass und Hoffnung“ leitet Schreiber selbst die erste Folge ein. Zu Gast sind die Generalsekretäre von SPD und CDU, Tim Klüssendorf und Carsten Linnemann, BR-Journalistin Julia Ruhs, der Neurowissenschaftler Raphael Bonelli sowie Comedian Vince Ebert.

Im Vorfeld hatte Schreiber seine Gäste darum gebeten, Hassnachrichten mitzubringen, die sie während der Sendung vortragen. Er selbst, der für WELT häufig aus dem Nahen Osten berichtet, äußert sich nach zwei Jahren Zurückhaltung erstmals wieder zum Islam. „Ich habe noch nie so viel Hass abbekommen, wie jetzt“, sagt Schreiber. Hass und Hetze gehörten für ihn und seine Gesprächspartner inzwischen zum Alltag.

Lesen Sie auch

Julia Ruhs gehört zu den Journalisten, die mit 31 Jahren bereits besonders viel davon abbekommen hat. Gegen die Journalistin und ihr Format „Klar“ hatten jüngst NDR-Mitarbeiter intern massiv aufbegehrt und ihrer Kollegin vorgeworfen, sich zu kritisch zum Thema Migration zu äußern. Ihre konservative Haltung passe zudem nicht zum Selbstverständnis des Hauses.

Ruhs wurde daraufhin beim NDR ersetzt und attestierte dem Sender daraufhin eine „Cancel Culture“. Dabei habe sie mit ihrem Format genau das Gegenteil bewirken wollen, sagt Ruhs nun in der ersten „Late Night“-Folge. „Ich merke, dass wir gerade beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk so viel Vertrauen verloren haben. Die Sache, so wie sie am Ende ausgegangen ist, war eigentlich genau das, was wir verhindern wollten.“

Lesen Sie auch

Verantwortlich für diese Cancel Culture ist in Ruhs‘ Augen ein „Bubble-Denken“ in bestimmten Kreisen. „Man hat natürlich Angst anzuecken, Angst, dass man Kollegen gegen sich auflehnt und man will noch Leute haben, mit denen man nachher in der Kantine essen geht, die man nett auf den Gang grüßt. Vieles ist ja auch dieses Soziale, das man nicht verlieren will.“ Wer stattdessen das Gefühl habe, alleine mit seiner Meinung zu sein, halte diese inzwischen eher zurück, „um sich nicht der ganzen Kritik auszusetzen“.

Constantin Schreiber ist Teil des Axel Springer Global Reporters Netzwerk, zu dem neben WELT auch „Bild“, „Business Insider“, „Onet“ und „Politico“ gehören.

saha

Source: welt.de