Die Schwächen des autoritären Mannes

Die Brusttrommler rotten sich zusammen, möchten die Zeit zurückdrehen. Denn in guten alten Zeiten durfte noch alles gesagt und darüber gelacht werden. Dass sie sich damit so autoritär und kulturkämpferisch verhalten wie Pussy-Hat-Frauen, fällt ihnen gar nicht auf.

Es ist immer ein bisschen unangenehm, als Frau übers Frausein zu schreiben. Schließlich ist dieses Merkmal angeboren. Man hat dafür nichts geleistet und möchte lieber für eigene Leistung oder kluge Gedanken außerhalb der eigenen Hülle beachtet werden. Als Individuum eben. So haben es uns unsere Mütter vorgelebt. Aber wir sind nun wieder an dem Punkt. Frauen werden auf ihr Geschlecht reduziert. Nicht wie vor einigen Jahren von anderen Frauen, die mit pinken Pussy-Hüten uneingeschränkte Solidarität und Meinungskonformität forderten. Jetzt sind es die Männer.

Wobei ein bisschen Differenzierung notwendig ist. Es sind die autoritären Männer. Den autoritären Mann gibt es in jeder sozialen Schicht. Links, rechts, in der Mitte. Jene Männer können wohlhabend, arm oder Bausparer sein. Sie tragen zu enge Slim-Fit-Anzüge, Segelschuhe mit weißen Sohlen und kämpfen gegen Haarausfall oder tragen großstädtische Männer-Dutts, Nagellack und kämpfen mit den eigenen Kindern als Prellbock vorn im Lastenrad gegen Autofahrer.

Sie hängen tagsüber an Regionalbahnhöfen herum und glotzen Frauen in kurzen Sommerkleidern an. Nicht nur, weil sie die Frau elegant finden. Es wird gegeiert, weil sich die Frau sichtbar unwohl dabei fühlt, woran sich der autoritäre Mann wiederum aufgeilt. Autoritäre Männer gibt es überall. Was sie gemein haben: Oft sind ihre Lippen vor lauter unterdrückter Wut ganz schmal und farblos geworden.

Der autoritäre Mann findet Frauen verdächtig. Es mag daran liegen, dass ihm zu oft das Herz gebrochen wurde oder eben noch nie. Frauen mit einer eigenen Meinung und einer eigenen Idee vom Leben sind unvorhersehbar. Sie lassen sich schwer kontrollieren und lenken. Das ist ärgerlich für autoritäre Ehemänner, die eine gefügige Hausfrau zu Hause haben wollen. Das ist ärgerlich für unsichere Chefs, die jede abweichende Meinung als Angriff auf ihre Person oder ihre Position deuten.

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Das Aufbäumen der Breitbeinigen ist ein weltweites Ereignis. Mein geschätzter Kollege Tobias Blanken schrieb neulich, Trump führe „maximal breitbeinig“ die Impotenz des Westens vor, „der sich im Kulturkampf selbst zerlegt – statt dem äußeren Gegner Einhalt zu gebieten.“ Der Breitbeinige im Oval Office ist dabei lediglich ein Symptom.

Er ist das Ergebnis eines linken Kulturkampfes, deren Kämpferinnen in den letzten zehn Jahren Frauen auch nicht als Individuen sehen wollten und abweichende Meinungen als Verrat geächtet haben. Genau jener Kampf richtete sich auch gegen alle Männer. Dass sich die Breitbeinigen ohne Grund fürs Breitbeinigsein zwischen den Beinen genauso autoritär und kulturkämpferisch verhalten wie jene Pussy-Hat-Frauen, fällt ihnen gar nicht auf.

Die autoritären Brusttrommler rotten sich nun zusammen und möchten die Zeit zurückdrehen. Denn in guten alten Zeiten durfte noch alles gesagt und darüber gelacht werden. Endlich dürfen in Meetings die Breitbeinigen Witze über den frisch verlassenen Kollegen machen, der seit der Trennung nur noch beim Lieferdienst bestellt, weil „seine Köchin“ abgehauen ist. Herzhaftes Gelächter. Wie erlösend, endlich wieder die gelben Zähne zu fletschen, um den maskulinen Urlaut auszustoßen: „Höhöhö“.

Wenn den Herren dann auffällt, dass doch noch eine Frau in ihrer Männerrunde übrig geblieben ist, wird dieser Fremdkörper eindringlich angeschaut. Sehr laut und langsam wird die Frau dann aufgeklärt, sie ist ja ein kleines empfindliches Dummerchen, es handle sich „nur um einen Scherz“. Wenn sie darauf nichts zu sagen hat, wird weitergelacht. Über Scherze lacht man schließlich.

Der autoritäre Mann schreit gern. Schließlich hat er recht. Immer. Manchmal schreit er, um seinen Frust abzulassen. Meist schreit er aber, um anderen Männern zu imponieren. Schau mal, ich habe alles im Griff, will er damit sagen. Er will Furcht verbreiten, denn Ehrfurcht bekommt er nicht. Dafür müsste er mehr können als Schreien.

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Der autoritäre Mann ist gesellig. Er schart gern Zustimmungssoldaten um sich. Wie in autoritären Systemen üblich, sind Nein-Sager unerwünscht, Frauen sowieso. Letzteres ist auch selbst verschuldet. Die Frauenquoten der letzten Jahre haben eine Menge inkompetenter Quotenfrauen in Positionen gehoben, die jene Alphaterrier als Beweis dafür nehmen, dass es grundsätzlich unnötig ist, Frauen in Chefetagen zu sehen.

Männer, die Frauen andere Orte und Aufgaben als ihnen selbst zuweisen, sind nicht besonders klug. Sie erkennen nicht, wie widersprüchlich ihr Verhalten ist. Sie schreien Frauen an, halten sie klein, kontrollieren sie oder entfernen sie aus ihren Blickfeldern, wollen aber nicht, dass ihre Töchter, Schwestern oder Ehefrauen von anderen Männern so behandelt werden.

Autoritäre Männer sind nicht verboten. Sie verstoßen mit ihrem Verhalten gegen keine Gesetze. Sie vergiften ihr Umfeld, in dem sich nur noch Gleichgesinnte aufhalten wollen oder können. Sie ersetzen das Leistungsprinzip durch ein einziges Kriterium, Loyalität. Sie machen Organisationen und Gesellschaften dumm, faul und dreist. Autoritäre Männer schaden dem Wirtschaftsstandort.

Source: welt.de