Regierungskrise in Frankreich: Lecornu übersteht beiderlei Misstrauensanträge dieser Opposition

Der französische Premierminister Sébastien Lecornu hat beide Misstrauensvota gegen seine Regierung überstanden. Im französischen Parlament stimmte zweimal nur eine Minderheit der Abgeordneten gegen ihn. Damit kann Lecornu zunächst Premierminister bleiben. Um durchzugehen, hätte einer der Anträge 289 Stimmen gebraucht. 

Für den Antrag der Linkspopulisten stimmten nach offiziellen Angaben 271 Abgeordnete. Dazu gehörten alle Abgeordneten von La France Insoumise (LFI) rund um Jean-Luc Mélenchon, fast alle Abgeordneten der Grünen und der Kommunisten, aber auch alle Abgeordneten des Rassemblement National (RN) und der Rechtskonservativen um Éric Ciotti. Doch auch sieben Sozialisten, eine Abgeordnete der Republikaner, ein Abgeordneter der Übersee-Abgeordneten und zwei Parteilose stimmten für den Antrag.

Für den Antrag der Rechtspopulisten um Marine Le Pen stimmten nur 144 Abgeordnete. Darunter fielen alle Abgeordneten des RN, alle Abgeordneten der Rechtskonservativen sowie drei Abgeordnete der Republikaner und zwei Parteilose.

Lecornu zeigte sich sichtlich erleichtert. Nach Verkündung der Ergebnisse des zweiten Misstrauensvotums verließ er das Plenum. „An die Arbeit“, sagte er zu  seinen Ministern auf dem Weg in seinen Amtssitz. Die Debatten im Parlament würden nun beginnen.

Votum gegen Haushalt Lecornus

Die beiden Misstrauensanträge gegen Lecornus Regierung waren bereits
kurz nach der erneuten Ernennung Lecornus zum Premierminister am Montag
eingereicht worden. Sowohl die Linkspopulisten als auch die
Rechtspopulisten hatten ihre Anträge mit der angekündigten Politik der
neuen Regierung begründet.

In der Parlamentsdebatte verteidigte die LFI-Abgeordnete Aurélie
Trouvé den Misstrauensantrag. Das Aussetzen der Rentenreform sei nur
ein Ablenkungsmanöver, der Haushalt schädlich für Frankreich. Die
RN-Vorsitzende Marine Le Pen kritisierte als Begründung ihres
Misstrauensantrags ebenfalls den Haushalt Lecornus und kündigte an, sie
erwarte, dass die Nationalversammlung im Folgenden aufgelöst werde. 

Lecornu bezeichnete die
Abstimmung über die Misstrauensanträge als einen „Moment der Wahrheit“. Es gehe um
den Erhalt einer „republikanischen Ordnung“ oder das Ausbrechen von „Unordnung“.
Er forderte die Abgeordneten auf, sich der Debatte über den Haushalt im Parlament
anzunehmen, die in der kommenden Woche beginnen soll.

Haushalt als Herausforderung

Lecornu hatte erst am Dienstag die großen Punkte seines Haushaltsplans für Frankreich vorgestellt. Laut seines Entwurfs will Lecornu das Haushaltsdefizit auf unter fünf Prozent im kommenden Jahr senken und sieht dafür Einsparungen von rund 30 Milliarden Euro vor. 

Zugleich hatte Lecornu angeboten, die umstrittene und vor allem bei den Linken und Gewerkschaften unbeliebte Rentenreform von 2023 aufzuschieben, sodass es bis Januar 2028 keine Erhöhung des Renteneintrittsalters geben soll. Das hatten die Sozialisten zudem zur Bedingung einer möglichen Zusammenarbeit mit der Mitte-Rechts-Regierung gemacht, die keine Mehrheit hat.

Lecornu ist bereits der fünfte Premierminister während der zweiten Amtszeit des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die im Frühjahr 2022 begann. Es ist zudem streng genommen schon seine zweite Amtszeit: Bereits kurz nach seiner Ernennung und der Vorstellung eines möglichen Kabinetts war Lecornu wieder zurückgetreten. Grund dafür war die Kritik an der Verteilung der Regierungsposten. Vergangene Woche hatte Macron ihn dann jedoch erneut zum Premierminister ernannt, um einen Haushalt aufzustellen und dringende Regierungsentscheidungen anzugehen.