E-Payment: Wero sagt Pay Pal den Kampf an

Der Wero-Macher und die teilnehmenden Banken führen gerne das Verkaufsargument ins Feld, dass man sich durch das europäische Bezahlsystem unabhängig von US-amerikanischen Anbietern wie Pay Pal, Google, Apple, Visa und Mastercard mache. Bei ihnen bestehe stets die Gefahr, dass sie vom unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump ins Visier genommen werden.

Nimmt Trump Pay Pal & Co in Geiselhaft?

Denkbar sei etwa, dass die Payment-Dienste abgeschaltet werden oder zur Herausgabe von Nutzerdaten gezwungen werden. „Die US-Anbieter könnten womöglich zu Opfern der amerikanischen Politik werden, um deren Forderungen durchzusetzen“, befürchtet Henning Brandt, der als Chief Communication Officer im Executive Board des Payment Service Providers Computop sitzt.

Er würde sich wünschen, dass die Händler diese Gefahr ernster nehmen als bisher. Der Grund: „Wenn es hart auf hart kommt, kann ihnen Wero das Geschäft retten“, sagte der Manager im Gespräch mit der TextilWirtschaft.

Handelsverband spricht Empfehlung aus

Ins gleiche Horn bläst der Handelsverband Hessen: „Die europäische Unabhängigkeit zeigt sich auch in unserer Art zu zahlen: Girocard und Bargeld heute, Wero und Digitaler Euro morgen“, sagt das Präsidiumsmitglied Joachim Stoll.

Er empfiehlt „nationale Lösungen zu stärken, neue Systeme wie Wero unter Beachtung der Kosten für Händler und Verbraucher zu unterstützen und die Entwicklung des Digitalen Euros zugunsten aller Verbraucher und Händler voranzutreiben“, heißt es in einer Pressemitteilung der Interessenorganiation. Ziel sei es, „ein kosteneffizientes, sicheres und europaweit einsetzbares Zahlungssystem“ zu schaffen.

Gut für die Händler, schlecht für die Kunden

Die Echtzeit-Überweisungen von Wero sind insofern ein Vorteil für die Händler, als sie das Geld somit sofort erhalten. Aber: „Für den Kunden ist das nicht unbedingt ein Vorteil, weil das Geld sofort weg ist“, sagte der Payment-Forscher Horst Rüter vom Kölner EHI Retail Institute im TW-Interview. Damit sei Wero nicht so angenehm wie etwa der Rechnungskauf, der laut EHI-Studie die zweitbeliebteste Zahlungsart ist, nach Pay Pal.

„Der Rechnungskauf hat immer den Vorteil, dass Sie sich die Ware zunächst in Ruhe angucken können und dann erst die Rechnung begleichen müssen. Das ist bei einem System, das auf Echtzeitüberweisungen beruht, komplizierter. Dort müssen Sie das Geld zurückfordern, wenn Sie die Ware zurückschicken“, erklärt Rüter. Bei Pay Pal gehe das relativ einfach. „Das ist ein Vorteil für Pay Pal-Nutzer“, betont der Payment-Forscher.

Wero fährt stationär zweigleisig

Ein Vorzug von Wero besteht nach Expertenmeinung darin, dass die Nutzer an den stationären Kassen nicht nur über NFC-Chips, sondern auch durch das Einscannen eines QR-Codes ihre Käufe bezahlen können: „Technisch ist der QR-Code überholt, aber die Einfachheit seiner Anwendung macht ihn für bestimmte Situationen trotzdem attraktiv“, sagt der Computop-Manager Brandt.

So könnten sogenannte Person-to-Professional-Zahlungen mit statischen QR-Codes auch von Kleinhändlern genutzt werden, die sich kein Terminal anschaffen würden. Aber: „Wo es auf Tempo ankommt, ist QR aber im Nachteil gegenüber dem NFC-Funksignal, und umständlicher ist es auch.“

Jeder fünfte TW-Testclub-Teilnehmer (20%) kann sich vorstellen, die Bezahlung per Wero an seinen stationären Kassen anzubieten. Fast die Hälfte (48%) antwortete mit „vielleicht“ und knapp ein Drittel (32%) mit „nein“.

Die Voraussetzungen für die Implementierung von Wero in die Store-Terminals sind insofern günstig, als schon viele Kundinnen und Kunden ihre Modeeinkäufe per Smartphone oder Smartwatch bezahlen. Bei fast jedem dritten Befragten liegt der Anteil der mobilen Zahlungen am Umsatz bei über 10%. Bei 28% sind es 5 bis 10% und bei 40% weniger als 5%.

Für die Nutzer dürfte viel entscheidender sein, dass Wero ihnen einen Mehrwert anbietet, der über das reine Bezahlen im Online-Shop oder stationärem Handel hinausgeht, den Wero Mitte 2026 in Angriff nehmen will.

Schließlich gilt immer noch die alte Branchenweisheit, dass beim Mobile Payment das größte Problem darin besteht, dass es kein Problem gibt. Das heißt: Solange die Bezahlsysteme keine Probleme lösen bzw. einen gewissen Mehrwert bieten, werden sie sich nicht am Markt durchsetzen.

Payback schreitet voran

Einen Schritt in diese Richtung ist kürzlich Payback gegangen: Der mit Abstand größte Bonusprogramm-Anbieter der Republik hat seine Bezahl-App zu einer digitalen Brieftasche gemacht. In dieser können die registrierten Nutzer Kundenkarten anderer Unternehmen abspeichern, auch wenn diese nicht Partner des Münchner Loyalty-Anbieters sind.

Epi will bei diesem Service nachziehen. Darüber hinaus planen die Brüsseler unter anderem die Einführung von Ratenzahlungen und zahlreichen Funktionen, darunter Preisanpassungen bei Abonnementzahlungen, One-Click-Zahlungen und die Bezahlung von Rechnungen über QR-Codes. Darüber hinaus soll die hauseigene Konfliktmanagement-Lösung weiter automatisiert werden.

„In drei bis vier Jahren wird Wero eine All-in-One-Zahlungslösung sein, die jedem die Möglichkeit bietet, seine Finanzen einfach und sicher zu kontrollieren und dabei den Bedürfnissen in Bezug auf den Datenschutz und die Einhaltung europäischer Vorschriften nachkommt“, verspricht die Bankeninitiative auf Ihrer Website.

Das bedeutet: „Wero macht viele Fehler nicht, die bei Giropay und Paydirekt passiert sind“, erklärte der Deutschlandchef von Mastercard, Peter Robejsek, im Herbst vergangenen Jahres im TW-Interview.

Friedhof der E-Payment-Systeme

Giropay und Paydirekt stehen auf der langen Liste der Payment-Systeme, die in der Vergangenheit gescheitert sind und Wero ein warnendes Beispiel sein dürften. Dazu gehören auch die einstige Otto Group-Tochter Yapital und der Person-to-Person-Bezahldienst der Sparkassen, Kwitt.

Das Aus von Giropay war insofern erstaunlich, als es Ende 2022 mit Paydirekt verschmolzen und die ganze Zeit von den deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken sowie der Deutschen Bank unterstützt wurde.

Warum ist Giropay gescheitert?

Trotz dieser Marktmacht konnte sich Giropay, das zum Schluss von der Paydirekt GmbH betrieben wurde, nicht gegen Pay Pal durchsetzen. Die erhofften Synergieeffekte aus der Fusion mit Paydirekt blieben aus. 

Dem Branchendienst Finanz-Szene zufolge kam das Bezahlsystem im Jahr 2022 auf gerade einmal 23 Millionen Transaktionen und ein Transaktionsvolumen von etwa 1,6 Mrd. Euro, was einem Marktanteil im niedrigen einstelligen Prozentbereich entsprochen habe. Im Folgejahr seien die Transaktionszahlen noch einmal stark eingebrochen, berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf Insider. In der Folge hätten die Paydirekt-Gesellschafter entschieden, das Bezahlsystems Ende 2024 einzustellen. Laut EHI wickelte Giropay zum Schluss nur noch 0,4% des Umsatzes im deutschen E-Commerce ab.

„Paydirekt wollte mit einer analogen Technologie eine ähnliche User Experience wie Pay Pal emulieren. Das ist nicht gelungen“, erklärt der Mastercard-Manager Robejsek. „Das deutet darauf hin, dass es wahrscheinlich keinen ausreichenden Zusatznutzen für den Konsumenten gab. Über diese Hürde der Kundenrelevanz muss jeder neue Anbieter springen.“

Auf Anhieb Marktführer in den Niederlanden

Laut Rüter kam erschwerend hinzu, dass „das System nicht ganz einfach bei den Händlern zu installieren war“. Wero werde hingegen „professioneller aufgezogen“. Für einen großen Schub bei der Reichweite werde die Tatsache sorgen, dass Wero Ende 2027 die niederländische Zahlungslösung iDeal mit ihren 245.000 angeschlossenen Händlern ersetzt. „Damit wird Wero quasi über Nacht Marktführer in Holland. Das bekommt man in Deutschland nicht so einfach hin.“

Darüber hinaus hat Epi kürzlich die Deutsche Bank und die europaweit aktive Neobank Revolut als Partner gewonnen. 2026 will die Bankeninitative nach Luxemburg expandieren und laut Weimert „mindestens 15 weitere Kreditinstitute dazuschalten“. Und im Hintergrund unterstützen die großen Zahlungsanbieter Worldline, Nexi und Computop die Wero-Akzeptanz bei den deutschen Online- und Stationärhändlern.