Kampf gegen die Krise: VW verkauft sozusagen 80 Prozent mehr Elektroautos in Europa

Nach langer Durststrecke kommt der Volkswagen-Konzern in seinem europäischen Geschäft mit Elektroautos voran, kämpft aber in anderen Weltregionen – vor allem in China – mit immer größeren Schwierigkeiten. Wie VW am Freitag mitteilte, sind die Auslieferungen vollelektrischer Autos in Europa in der Zeit von Januar bis September um 78 Prozent auf 522.600 Fahrzeuge gestiegen. Das entspricht einem knappen Fünftel der Auslieferungen in der Region.
In China sind die Absatzzahlen des Konzerns quer über alle Antriebsarten dagegen nur wegen der Verbrennermodelle halbwegs stabil geblieben. Diese verkaufen sich weiter recht ordentlich, während der Konzern im Markt für Elektroautos wegen des brutalen Preiskampfs bislang kaum einen Fuß auf den Boden bekommt. Im Nordamerikageschäft lasten Trumps Zölle und eine generell schwächere Nachfrage auf den Auslieferungen.
Marco Schubert, in der Konzernleitung für Vertrieb verantwortlich, sprach in einer Pressemeldung von „herausfordernden Rahmenbedingungen“ in Amerika und China. Generell kämen neue Modelle des Konzerns gut an, aber es sei weiter intensive Kostenarbeit nötig. „Um in diesem anspruchsvollen Marktumfeld gut bestehen zu können, müssen wir weiter mit ganzer Kraft an der Umsetzung unserer konzernweiten Produktoffensive und der laufenden Performance-Programme arbeiten“, ließ sich Schubert zitieren.
Die Politik ringt um den richtigen Kurs
Auf dem Autogipfel in Berlin hatte die Branche gerade erst mit der Bundesregierung darüber gesprochen, wie einerseits Elektroautos gefördert, andererseits Verbrennermodelle länger als bislang geplant verkauft werden können. Eine klare Position zu den Verhandlungen in Europa über eine Abkehr vom Verbrenner-Aus im Jahr 2035 haben SPD und Union aber noch nicht gefunden.
Die jetzt bekanntgegebenen Zuwächse im europäischen E-Autogeschäft scheinen nicht zu den Produktionsstopps zu passen, die VW gerade erst an Standorten wie Zwickau verhängt hat. Bei genauerem Hinsehen gebe es aber „keinen Widerspruch“, wie Vertriebsmanager Schubert in einem am Freitag verbreiteten internen Interview für die VW-Belegschaft ausführt. „Der Gesamtmarkt für vollelektrische Fahrzeuge in Europa wächst stetig, aber insgesamt deutlich langsamer als wir und auch andere Hersteller und Experten vor einigen Jahren erwartet haben.“
Quer über alle Antriebsarten lieferte VW binnen Jahresfrist rund um die Welt 6,6 Millionen Autos aus, ein Zuwachs von etwas mehr als einem Prozent. In Europa stand vor allem wegen der E-Auto-Zuwächse ein Plus zu Buche. Auch in Amerika gingen mehr Batteriefahrzeuge an Kunden, aber das Geschäft blieb klein, und in der Summe aller Antriebe gingen die Verkäufe um acht Prozent zurück. In China ging es um vier Prozent bergab, die reinen E-Auto-Verkäufe gaben dort um mehr als 40 Prozent auf nur noch 85.100 Fahrzeuge nach.
Audi, der Premiumhersteller des VW-Konzerns, tut sich weiter schwer. China ist der wichtigste Markt für die Vier-Ringe-Marke. Hier verkaufte Audi mit 434.435 Verbrenner- und Elektroautos in den ersten neun Monaten neun Prozent weniger als zuvor und reihte sich damit ein in die schwachen Absatzzahlen, die in dieser Woche auch die beiden Konkurrenten BMW und Mercedes vermeldet hatten. Mit der neuen Elektromarke „AUDI“ – in Großbuchstaben und ohne die vier Ringe – will Vorstandschef Gernot Döllner im Reich der Mitte die Trendumkehr schaffen. Das erste Modell E5-Sportback legte nach Angaben des Konzerns einen vielversprechenden Start hin, zumal es mit einem Verkaufspreis von umgerechnet rund 30.000 Euro mit den Tiefpreisangeboten der chinesischen Hersteller mithalten kann.
Auch die Stammmarke des Konzerns, VW, will China als Markt noch nicht verloren geben. „Unsere neuen Elektro-Modelle, die ‚In China for China‘ entwickelt wurden und jetzt sukzessive in den Markt eingeführt werden, werden uns dabei helfen, mit unserer Elektro-Performance an die dynamische Marktentwicklung anzuknüpfen“, gibt sich VW-Manager Schubert überzeugt. Ob die Autos bei den dortigen Kunden verfangen, ist aber längst nicht sicher. In China kämpfen inzwischen etwa 150 Automarken mit Kampfpreisen um Kunden. Der einstige Marktführer VW ist im dortigen E-Auto-Geschäft bislang nur ein Nischenanbieter.