Luxuskarossen: Beim Start des Elektro-Ferraris bricht die Aktie ein

Ferrari ist bei den Luxus-Karossen und Hochleistungs-Sportwagen in kleinen Stückzahlen schon lange ein Pionier. Daher konnte es sich das traditionsreiche Unternehmen aus Maranello bei Monza nicht entgehen lassen, auch bei den vollelektrischen Wagen voranzuschreiten. Während der Erzrivale Lamborghi erst 2029 in den Markt einsteigen will, hat Ferrari am Donnerstag am Stammsitz einen Großteil des ersten „Ferrari Elettrica“ präsentiert. Anders als zuvor angekündigt, stellte der Hersteller freilich nicht das ganze Auto vor, sondern nur das Chassis und seine wichtigsten Komponenten. Das Auto existiert bereits, wird auf der Straße getestet, doch offenbar ist es noch nicht präsentabel. Ferrari spricht von einer bewussten Entscheidung, die Vorstellung auf drei Etappen bis zum Frühjahr 2026 hinauszuziehen. Die eigentliche Markteinführung erfolgt frühestens erst in einem guten Jahr.

Ferrari nimmt gleichzeitig seine Volumenziele für den Verkauf vollelektrischer Fahrzeuge zurück. Vor drei Jahren strebte der Hersteller noch an, im Jahr 2030 40 Prozent seiner Autos als Elektrowagen an den Kunden zu bringen. Das neue Ziel lautet nur noch 20 Prozent, während Ferrari dagegen in den kommenden fünf Jahren den Verbrenneranteil auf 40 Prozent bringen will – das Doppelte des 2022 angekündigten Anteils. Die Hybridfahrzeuge bleiben unverändert bei 40 Prozent.

Manche Kunden zögern

„Einige unserer Kunden werden keinen elektrischen Ferrari kaufen. Der Kunde steht immer im Zentrum unserer Pläne“, sagte der Vorstandsvorsitzende Benedetto Vigna. Ferrari strebe an, auch die Modellzahl der Verbrenner zu erhöhen und die der vollelektrischen Wagen zu verringern. Im Zeichen wachsender Personalisierung sei es besser, viele Modelle mit tendenziell geringen Volumen zu haben als umgekehrt, sagte Vigna. „Es herrscht Unsicherheit, wir müssen vorsichtig sein”.

Die allgemeine Unsicherheit in der Automobil-, aber auch in der Luxusindustrie, zu der Ferrari oft gerechnet wird, zeigte sich am Donnerstag besonders am Aktienmarkt. Am späten Vormittag brach die Ferrari-Aktie plötzlich um 16 Prozent ein. Denn Ferrari enttäuschte mit seiner Prognose, dass der Umsatz des vergangenen Jahres von 6,7 Milliarden Euro bis 2030 lediglich auf rund 9 Milliarden Euro steigen werde. Einige Analysten hatten 10 oder 11 Milliarden Euro erwartet. Auch für die operative Umsatzmarge bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen und Steuern hatten die Analysten mit 32 Prozent oder mehr gerechnet.

Ferrari meint die Marge bis 2030 jedoch nur auf rund 30 Prozent zu heben – ein Wert, von dem Volumenhersteller träumen. Doch an der Börse waren die Erwartungen in den Himmel gewachsen. Der Vorstandsvorsitzende Vigna sagte der F.A.Z. am Rande, dass es wichtig gewesen sei, dies zu korrigieren. „Wir tun nicht, was andere uns sagen. Wir müssen stattdessen das liefern, was wir versprechen“. Die Ferrari-Aktie hatte bis vor rund einem Jahr erhebliche Kurssteigerungen erlebt; seither stagniert das Papier mehr oder weniger bei einem Marktwert von rund 80 Milliarden Euro, was den Hersteller zeitweise zum teuersten Unternehmen Italiens gemacht hat. Inzwischen hat wieder der teilstaatliche Stromhersteller Enel diesen Titel übernommen.

Der Sound kommt vom Antriebsstrang

Das erste Elektromodell gehört zu jenen für die Glaubwürdigkeit so wichtigen Versprechungen, auch wenn es zumindest anfangs für den Konzernumsatz nur eine untergeordnete Rolle spielen wird. Nach eigenen Angaben wird der erste Elektro-Ferrari über eine Antriebskraft von mehr als 1000 PS verfügen. Jeweils ein Elektromotor an jedem Reifen, die unabhängig voneinander gesteuert werden können, soll besondere Effizienz garantieren. Die Reichweite des Viertürers und -Sitzers beträgt 530 Kilometer, die Höchstgeschwindigkeit 310 Stundenkilometer. Die Batterie wird in Maranello entwickelt und hergestellt. Sie verfügt über eine Energiedichte von 195 Wattstunden pro Kilogramm – das ist angeblich der höchste Wert aller Elektromodelle und belegt eine große Speicherkapazität. Ein umfangreiches Kühlsystem ergänzt die Batterie; diese ist etwa so groß wie das Fahrgestell zwischen den Achsen und ist tief unter den Sitzen in den Boden integriert.

Der „Elettrica“ soll geräuscharm fahren können, doch nur auf Wunsch. Über den Sound des Elektro-Ferrari ist viel spekuliert worden. Für viele Fans des Edelherstellers ist das Röhren der Motoren unverzichtbar, „es ist eine echte Sprache, die Emotionen übersetzt“, wie der Produktentwicklungschef Gianmaria Fulgenzi sagte. Daher soll der Sound keine Kopie sein, sondern im Wagen entstehen. Ein bisschen muss dennoch nachgeholfen werden. Die Vibrationen am Antriebsstrang sollen so verstärkt werden, dass eine Art Motorengeräusch entsteht – „wie beim Verstärker einer akustischen Gitarre“, meinte Fulgenzi. Der Fahrer kann die Funktion auch ausschalten, wird betont.

Preis eine halbe Million?

Über den Preis des neuen E-Ferrari hüllt sich das Unternehmen in Schweigen; er sei angeblich noch nicht festgelegt. Über rund eine halbe Million Euro war spekuliert worden. Ferrari hat seine Autos in den vergangenen Jahren immer teurer verkauft. Auch in der Zukunft sollen vor allem Preiserhöhungen und der Verkauf von teureren Modellen den Umsatz treiben. Für den vollelektrischen Ferrari hofft der Hersteller, neue Kundengruppen zu erschließen. Viele Abnehmer haben heute schon etliche Ferraris in ihren Garagen stehen.

Der E-Ferrari stelle eine weitere Etappe in der stolzen Innovationsgeschichte des Unternehmens dar, betonte der Verwaltungsratsvorsitzende John Elkann, der als Vertreter der Agnelli-Familie auch größter Aktionär ist. Seit dem Börsengang vor zehn Jahren hat Ferrari 6,5 Milliarden Euro investiert und 41 neue Sportwagen auf den Markt gebracht. Die Zahl der Mitarbeiter verdoppelte sich in jener Zeit auf 6000.