Trumps Militäreinsatz: Ein kleinster Teil Frieden in Portland, Oregon
Die US-Nationalgarde darf vorerst
nicht nach Portland kommen. Das entschied die zuständige Bundesrichterin Karin Immergut am Samstag, und stellte sich damit gegen eine entsprechende Anordnung von
Präsident Donald Trump. Die USA seien eine „Nation des Verfassungsrechts, nicht
des Kriegsrechts“, schreibt Immergut, die 2019 von Trump ernannt worden war, in
ihrem Urteil. Damit trägt sie entscheidend zur Deeskalation bei, die auch
Portlands Bürgermeister Keith Wilson in den vergangenen Tagen immer wieder
bemüht hatte. Don’t take the bait, lautete sein Motto: Schluckt den
Köder nicht.
Denn die Lage in der Stadt ist
durchaus angespannt. Im Süden Portlands, vor der örtlichen ICE-Zentrale, kommt
es seit Anfang Juni zu Protesten gegen die mitunter menschenverachtende Abschiebepraxis
der Regierung. Die ICE-Beamten setzen immer wieder Tränengas gegen Demonstrierende ein, mehrfach kam es zu Festnahmen, auch am Samstag. Dennoch
sind die Proteste verhältnismäßig klein und örtlich beschränkt.
Dass sich das schnell ändern
könnte wurde in den vergangenen Tagen deutlich, als vermehrt rechtsextreme
Influencer und MAGA-Aktivisten vor der ICE-Zentrale auftauchten, offenbar um
die Stimmung gezielt anzuheizen. Den Köder zu schlucken, wie Bürgermeister
Wilson sagt, würde also bedeuten, sich von ihnen und einem möglichen
Einsatz der Nationalgardisten provozieren zu lassen, die Proteste eskalieren zu
lassen. Das will hier kaum jemand. Denn die Bilder aus Los Angeles sind auch in
Portland noch präsent. Dorthin hatte Trump die Nationalgarde im Juni geschickt,
um ICE-Beamte bei deren Razzien zu schützen. Die Folge waren Straßenschlachten,
brennende Autos.
Portlands Bürgermeister Wilson
und die Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, dürften mit ihrer zentristischen Rhetorik
zum Erfolg ihres Eilantrags vor Gericht beigetragen haben. Anders als vom
Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, war von ihnen kein überhartes Wort
gegen Trump zu hören, kein Zynismus, kein Abgesang auf ein mutmaßlich „protofaschistisches
Regime“. Wilson und Kotek übten sich stattdessen im fast gebetsmühlenartigen
Verweisen auf die Lebensqualität von Portland, auf das friedliche
Zusammenleben, den Farmers Market, den Willamette River, in dem man sogar
schwimmen kann.
Die Zahl der Soldaten, die
Portland brauche, um mit Ausschreitungen im Zuge der Proteste vor der
ICE-Zentrale umzugehen, sei null, schrieb Wilson nach der
Urteilsverkündung auf Instagram. „Wir haben durch Frieden gewonnen.“ Für
den Moment mag er Recht haben. Portland zeigt, vom Lokalpolitiker, über die friedliche
Demonstrantin, bis hin zur Bundesrichterin, dass Deeskalation in den USA noch
möglich ist. Donald Trump, der zwar gerne den Friedennobelpreis hätte, dürfte
dieser Frieden nicht schmecken. Die Anwälte der Bundesregierung haben
angekündigt, in Berufung zu gehen.