Geplanter Stellenabbau: Verdi warnt vor Kahlschlag am Boden für Lufthansa

Arbeitnehmervertreter haben die Pläne des Lufthansa-Konzerns scharf kritisiert, 4000 Stellen abzubauen und weitere Funktionen auszugliederen. „Die Beschäftigten der Lufthansa haben dem Kranich nach der Corona-Krise wieder Flügel verliehen. Jetzt dürfen sie nicht zu den Leidtragenden des Sparkurses werden“, sagte Marvin Reschinsky, Lufthansa-Konzernbetreuer der Gewerkschaft Verdi und Verhandlungsführer bei der anstehende Tarifrunde, am Montag im Gespräch mit der F.A.Z.

Nachdem das Effizienz- und Kostensenkungsprogramm „Turnaround“ innerhalb der Kerngesellschaft Lufthansa Airline wohl nicht so erfolgreich gewesen sei wie erhofft, versuche man nun mit einem drastischen Personalabbau vor allem bei Investoren zu punkten, führte der Gewerkschafter weiter aus. Gegen einen „Kahlschlag am Lufthansa Boden“ zulasten der Beschäftigten werde man Widerstand leisten. Verdi will die anstehende Tarifrunde dazu nutzen, um die Arbeitsplätze am Boden zu sichern, wie Reschinsky weiter ausführte.

Zuvor hatte die Lufthansa auf ihrem „Kapitalmarkttag 2025“ in München mitgeteilt, einen operativen Gewinn von acht bis zehn Prozent erreichen und eine „nachhaltig attraktive Rendite für Aktionäre“ erzielen zu wollen. Als Mittel, dieses Ziel zu erreichen, werden nicht nur die üblichen Instrumente aufgezählt wie Digitalisierung, Synergien zu heben und Effizienz zu steigern. Es ist vor allem auch davon die Rede, dass der Konzern bis 2030 alles in allem etwa 4000 der rund 20.000 Stellen am Boden – vor allem in der Administration – abbauen will.

Im Januar wollte die Lufthansa noch Personal einstellen

In der Mitteilung des Unternehmens für den Kapitalmarkt ist zwar von einem „weltweiten“ Abbau der 4000 Stellen die Rede. Da aber das Gros der administra­tiven Kräfte in der Frankfurter Konzernzentrale im Lufthansa Aviation Center arbeitet, spricht viel dafür, dass Frankfurt besonders von dem Arbeitsplatzabbau betroffen sein wird.

Die Pläne sorgen bei Arbeitnehmervertretern für erhebliche Unruhe, obwohl oder gerade weil Details noch nicht genannt werden. So wollte das Unternehmen am Montag we­der aktuelle Zahlen zu den in Frankfurt Beschäftigten noch zu den dort von den Kürzungen betroffenen Arbeitsplätzen nennen.

Im Januar dieses Jahres hatte die Lufthansa Group noch angekündigt, allein in diesem Jahr rund 10.000 Frauen und Männer einstellen zu wollen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Dabei war keineswegs nur von 800 Piloten und gut 2000 Flugbegleitern die Rede, sondern auch von mehr als 1400 Kräften für den Service am Boden und 1200 in der Administration.

Für die rund 20.000 am Boden tätigen Männer und Frauen der Lufthansa-Gruppe beginnt zum Jahreswechsel die neue Tarifrunde. Verdi will dabei laut Gewerkschafter Reschinsky vor allem über eine Absicherung der Arbeitsplätze am Boden mit der Konzernleitung verhandeln.

Im Ernstfall sei man auch bereit, über Personalabbauinstrumente zu sprechen, wenn es darum gehe, betriebsbedingte Kündigungen zu verhindern. Ein erprobtes Mittel für einen sozialverträglichen Abbau sei etwa die Wiedereinführung von Altersteilzeit, hob der Verdi-Vertreter hervor.

Die Stellenreduzierung soll dem Vernehmen nach erreicht werden, indem man Stellen nicht wieder besetzt und Verträge in Verbindung mit Abfin­dungsan­geboten aufhebt. Um einen Personalabbau in diesem Umfang zu praktizieren, muss der Konzern eine erhebliche Summe an Geld bereitstellen für ent­sprechende Abfindungszahlungen.

Wohl mehr Köpfe als Stellen betroffen

Welche Summe die Gruppe dafür ein­kal­kuliert, konnte eine Unternehmenssprecherin am Montag nicht sagen. Da bei der Lufthansa auch viele Beschäftigte in Teilzeit arbeiten, ist davon auszugehen, dass bei einem Abbau von 4000 Stellen eine höhere Zahl von Frauen und Männern unter den alles in allem 103.000 Konzernbeschäftigten betroffen sein werden.

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Laut Verdi hat die Lufthansa zudem vor, weitere Arbeitsplätze von Deutschland ins Ausland zu verlagern oder dort zu schaffen, anstatt in Deutschland. Etwa bei Lufthansa Systems ist das mit dem Aufbau eines neuen Global Capa­bility Centers im indischen Bengaluru schon vollzogen.

Mit dem Center will der Konzern nach eigenem Bekunden die Software- und Produktentwicklung von Lufthansa Systems für die Lufthansa Group und externe Kunden weiterent­wickeln. Entsprechende Verlagerungen änderten dann zwar die Gesamtzahl der weltweiten Mitarbeiter nicht, wohl aber die in Deutschland, gibt Reschinsky zu bedenken, der als Arbeitnehmervertreter auch im Aufsichtsrat der Lufthansa sitzt.