Dunkle Gefühle: „Der Druck sucht ein Ventil“

DIE ZEIT: Wenn wir über Habgier, Neid, Hochmut, Rachsucht, Eifersucht und deren kleine Schwester, die Schadenfreude, sprechen: Wofür stehen diese Gefühle in unserem Leben?

Wolfgang Schmidbauer: Der Mensch ist ein soziales Tier, und Sie können bereits bei Kindern beobachten, wie sie den Raum zwischen Zärtlichkeit und Aggression ausloten.

ZEIT: Wohin führt das, wenn wir erwachsen sind?

Schmidbauer: Sigmund Freud hat den großen Unterschied zwischen den Lebens- und Liebestrieben und dem, was er den Todestrieb nannte, markiert. Damit meinte er die dunkle Seite des Menschen, die sich in Aggression und auch in einem Exhibitionismus ausdrückt, wenn man zeigen möchte, dass man groß ist und stark, verbunden mit der Botschaft, ein anderer sei schwächer, kleiner, sogar minderwertig. Das ist aus meiner Sicht schon das Konzentrat dieser dunklen Seite, die sich in unserer Kultur in mannigfaltigen Gefühlen ausdrückt.