EU-Emissionshandel: Kein Preis, kein Plan

Gut gedacht, schlecht gemacht. Der Emissionshandel ist wie so vieles in der EU Stückwerk. Die Idee überzeugt durchaus: Unternehmen, die viel CO2 ausstoßen, müssen auch viel bezahlen. Damit wird es für sie lohnend, in grüne Technologie zu investieren. Die EU legt fest, wie viel Kohlendioxid im Jahr noch klimaverträglich in die Luft geblasen darf, den Rest regelt der Markt. Wer emittiert, muss Zertifikate an der Börse kaufen oder in grüne Technik investieren.
Seit 2005 läuft das System, und das Ergebnis kann sich auf den ersten Blick sehen lassen: Um knapp die Hälfte ist die Emission von Treibhausgasen aus Schornsteinen der betroffenen Kraftwerke und Industrieunternehmen in Deutschland gefallen. Wahr ist freilich auch: Treiber des Rückgangs waren bisher vor allem der Ausstieg aus der Kohleverstromung, dazu Effizienzmaßnahmen der Industrie.
Die steigenden Gaspreise haben die Unternehmen allerdings nicht dem Emissionshandel, sondern Putins Krieg zu „verdanken“. Bisher nämlich hat die Industrie die meisten Emissionszertifikate geschenkt bekommen. Jetzt aber ist die Aufwärmphase vorbei, und das Rennen beginnt. Immer weniger Zertifikate werden kostenlos zugeteilt, Ende 2034 ist ganz damit Schluss. Doch kaum wird es ernst, treten die Mängel zutage. Der Emissionshandel funktioniert nämlich nur, wenn Importeure ebenfalls zahlen müssen. Die wenigsten Unternehmen in Deutschland glauben aber daran, dass das funktioniert und kontrolliert werden kann.
Zudem klagen sie zu Recht über die Rahmenbedingungen. Die Politik, das muss man so platt sagen, hat es versäumt, die Utensilien für den teuren Umbau bereitzustellen. Allen voran fehlt es an grünem Wasserstoff und an leistungsfähigen Netzen. Folge: Die energieintensive chemische Industrie fordert jetzt weiter eine kostenlosen Zuteilung, mindestens bis der Grenzausgleich funktioniert.
Verständlich, ohne Frage, aber damit fehlt das in der Marktwirtschaft so wichtige Preissignal. Was dann passiert, kann man schon heute in der Stahlindustrie sehen, wo Umbauprojekte besonders teuer und deshalb besonders gut überlegt sind. Arcelor Mittal und Salzgitter haben ihre langfristigen Umbaupläne zusammengestrichen. Nicht nur weil es an Wasserstoff fehlt, sondern auch an einer verlässlichen Perspektive. Der grüne Umbau rechnet sich nämlich nur, wenn der CO2-Preis steigt.