Edgar Reitz‘ Film „Leibniz“: Wollen wir klitzekleines bisschen miteinander denken?

Es gibt viele Spiegel in diesem Film. Einer, der größte, ist gesprungen, in der Mitte seines Glases spannt sich eine kreisrunde Delle mit einem Netz aus Rissen wie von einer Faust, die hineingeschlagen hat. Ein anderer ist trüb, sein Metallgrund verwittert wie bei vielen Spiegeln der frühen Neuzeit, sodass die Welt darin wie hinter Schleiern erscheint. Der dritte Spiegel ist nicht mehr als eine große Scherbe, ein gezacktes Bruchstück, aber von ihm geht in der Geschichte die größte Wirkung aus. Denn die niederländische Malerin, die den Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz porträtieren soll, fängt mit der Scherbe das Licht ein, das sie für ihr Bildnis braucht. Sie bewegt das Spiegelstück hin und her, bis es die Strahlen der Sonne genau auf den Punkt wirft, an dem der Porträtierte stehen soll. Dann ruft sie: „Herr Hofrat, Ihr Licht ist da!“
Source: faz.net