Palästina-Israel | Ein Trump-Tower pro Gaza: Wohlhabende Palästinenser die Erlaubnis haben bleiben
Für den 27. August war im Weißen Haus eine Konferenz in kleiner Runde angekündigt. Es sollte um eine Gaza-Agenda für die Zeit nach Kriegsende gehen. Teilnehmer sind außer Donald Trump sein Außenminister Marco Rubio, der Sonderbeauftragte Steve Wittkoff, Schwiegersohn Jared Kushner und Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair.
Allein der kleine Kreis an Personen lässt annehmen, das Weiße Haus will letzten Endes selbst entscheiden, was mit dem Küstenstreifen geschieht, und alle internationalen Aktivitäten abschmettern, die auf eine Eigenstaatlichkeit der Palästinenser zielen. Tony Blair hatte als Labour-Premier niemals deren Interessen vertreten, während sich der derzeitige Labour-Premierminister Keir Starmer nur durch innerparteilichen Druck gezwungen sah, die Anerkennung eines Palästinenser-Staates zumindest in Aussicht zu stellen.
Von Jared Kushner ist bekannt, dass er dazu auserkoren ist, zum Hauptakteur der Gaza-Riviera-Pläne seines Schwiegervaters zu werden. Wie zur Übung betreibt er gerade ein kleineres Projekt auf der albanischen Insel Sazan, wo ein luxuriöses Ferienresort für Superreiche im Werden ist.
Da sich jedoch die internationale Öffentlichkeit zusehends von Israel abwendet und Druck ausübt, scheint die Fünferrunde vorrangig darauf bedacht gewesen zu sein, dem entgegenzuwirken. Das gilt besonders für die auf der anstehenden UN-Generalversammlung erwartete offizielle Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Frankreich, Australien, Kanada und Belgien.
The GREAT Trust
Einige Informationen aus diesem Inner Circle in Washington hat nun am 2. September die Washington Post öffentlich gemacht. Das Blatt bezieht sich auf einen von ihr eingesehenen 38-seitigen Reader, der Details des von der Trump-Familie und Teilen der israelischen Elite verfolgten Gaza-Planes enthält.
Das „The GREAT Trust“ benannte Projekt trägt den Untertitel: „From a Demolished Iranian Proxy to a Prosperous Abraham Ally“ (Vom zerstörten iranischen Stellvertreter zum prosperierenden Abraham-Verbündeten). GREAT steht für: Gaza Reconstitution, Economic Acceleration and Transformation (Gaza-Wiederaufbau, wirtschaftliche Beschleunigung und Transformation).
Bei der Ausarbeitung des GREAT-Trust-Projekts haben zum Teil dieselben Israelis und Amerikaner kooperiert, die auch für die Gaza Humanitarian Foundation verantwortlich zeichnen, von der eine von den UN getragene Verteilung von Hilfsgütern durch eine Strategie der allseitigen Unterversorgung ersetzt wurde. Falls der GREAT Trust Gestalt annimmt, soll Gaza zunächst für zehn Jahre unter US-Treuhandverwaltung stehen.
Es sei davon auszugehen, dass Israels „Verwaltungsbehörden und Verantwortlichkeiten in Gaza an den GREAT Trust im Rahmen eines bilateralen Abkommens zwischen den USA und Israel übergehen“, heißt es in dem der Washington Post vorliegenden Dokument. In zehn Jahren solle es gelingen, dass in Gaza eine als „prosperierender Abraham-Verbündeter“ einzuschätzende politische Klasse das Ruder übernimmt. Zur Rekonstruktion des Gebietes seien nur wenig staatliche Mittel notwendig.
Für das Errichten von modernster Infrastruktur, High-Tech-Zentren und Luxusresorts sollen private Investoren mit dem Versprechen einer innerhalb von zehn Jahren zu erwartenden, extrem lukrativen Rendite angelockt werden – darunter auch Saudis und andere zahlungskräftige Araber. Palästinenser, die es sich leisten können, mindestens 75.000 Dollar, vermutlich aber mehr für ein neues Appartement in vom GREAT Trust errichteten Hochhäusern aufzubringen, sind ebenfalls willkommen. Für die Gewähr von innerer Sicherheit sollen sowohl Bürger aus Drittstaaten als auch private westliche Militärdienstleister sorgen.
Aussiedeln gegen Geld
Wer von der jetzigen Bevölkerung Gazas nicht ausgesiedelt werden kann, soll provisorisch in bestimmten Zonen untergebracht und versorgt werden. Da die dafür notwendigen Kosten auf 23.000 Dollar pro Person und Jahr veranschlagt sind, sollen möglichst viele Menschen Gaza verlassen. Denen wird ein Handgeld von 5.000 Dollar mitgegeben, das ausreichen soll, sich ein Jahr lang mit Lebensmitteln zu versorgen.
Der Plan des GREAT Trust spricht offen an, dass es sich um ein geostrategisches Projekt handelt, das Gaza als „Kreuzungspunkt“ in einer „proamerikanischen Region“ betrachtet, die den USA Zugang zu Energieressourcen und wichtigen Mineralien verschafft sowie als Logistikzentrum für den Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa dient. Bemerkenswert ist, dass der GREAT Trust die Vision von Benjamin Netanjahus rechtsradikalen Ministern Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir in keiner Weise zu berücksichtigen scheint. Sie haben ihren Anhängern eine Neubesiedlung des Gazastreifens mit Kibbuzim versprochen.
Das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser spielt bei den Planungen des GREAT Trust keine Rolle. Ob die sich durchsetzen lassen, wird sich zeigen. Mit der versprochenen Einbindung arabischer Eliten glaubt Trump vermutlich, genau das erreichen zu können. Ob die jedoch angesichts zu erwartender massiver Proteste ihrer Bevölkerungen mitmachen werden, ist momentan eher unwahrscheinlich.
Auch ist noch kein Mittel gefunden, um Jordanien und Ägypten zur Aufnahme einer größeren Zahl von Palästinensern zu bewegen. Um sich gegen überraschende Fluchtszenarien abzusichern, hat Kairo die Verlegung von 40.000 Soldaten an die Grenze zum Gazastreifen beschlossen. Und um künftig in einer möglicherweise in die Eigenstaatlichkeit entlassenen Region Sicherheit zu garantieren, werden zur Zeit 10.000 in Ägypten lebende Palästinenser zu Polizisten ausgebildet.
„Responsibility to Protect“
Es ist bekannt, dass die von wichtigen westlichen Staaten angekündigte Anerkennung Palästinas an die Bedingung eines völlig entmilitarisierten Staatswesens gebunden sein soll. Das ist mit dem völkerrechtlichen Prinzip unteilbarer Sicherheit unvereinbar und würde die Souveränität eines palästinensischen Staates von vornherein beschneiden. Dabei dürfte die Anerkennungsdeklaration Frankreichs den Palästinensern in ihrer aktuellen Not nur nützlich sein, wenn sie konkrete Sanktionen gegen Israel nach sich zieht, die dem Handel und gegebenenfalls den diplomatischen Beziehungen gelten.
Das gebietet die nach dem Genozid in Ruanda von 1994 erarbeitete, vom UN-Sicherheitsrat erstmals 2005 in einem völkerrechtlich verbindlichen Dokument verwendete Resolution 1674. Sie verpflichtet die Staaten der Welt im Falle von Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischer Säuberung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ihre Schutzverantwortung wahrzunehmen – die „Responsibility to Protect“ (RtP).