„Jedes Baby in Gaza ist ein Feind“: Diese genozidale Hetze vernehmen Israelis täglich im TV

Der Sieg wird nur unter einer Bedingung kommen […] Jetzt muss es wirklich die totale Vernichtung sein“: Dies sind die Worte des israelischen Journalisten Itamar Fleischman. Gesagt hat er sie im Programm von Channel 14, einem der populärsten Fernsehsender Israels, in dem Fleischman regelmäßig auftritt. Es ist nicht seine einzige Aufforderung zur „Vernichtung“ Gazas in den letzten zwei Jahren. Überhaupt: Auf Channel 14 sind solche Aussagen keine Ausnahme, sondern eher die Regel.

Moderatoren des Senders wie Yinon Magal oder Erel Segal sagen dort live Sätze wie diesen: „Die Zahl [der getöteten in Gaza] sollte 600.000-mal so hoch sein wie die Zahl der Ermordeten auf unserer Seite.“ Oder: „Es geht nicht nur darum, die Hamas zu töten. Jeder einzelne dieser Kannibalen muss sterben.“

Die Logik dahinter zeigt sich auf Channel 14 nicht nur in Worten, sondern auch in Bildern und Zahlen. Bis Mai 2024 blendete Channel 14 auf seiner Internet-Startseite einen Live-Ticker ein, der die Zahl aller Toten in Gaza zählte, überschrieben mit: „Eliminierte Terroristen“. Die Botschaft war klar: Für Channel 14 sind alle Menschen in Gaza Terroristen – und deren Tötung ist legitim.

Ein Bündnis israelischer Menschenrechtsgruppen versucht bereits, Channel 14 für diese Rhetorik zur Rechenschaft zu ziehen, und reichte eine Beschwerde bei Israels Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara ein. Sie fordern eine juristische Überprüfung von Channel 14 wegen täglicher Anstachelung zu Gewalt gegen Palästinenser:innen. Ihre Argumentation ist wachrüttelnd: Der Sender laufe Gefahr, sich zu einer israelischen Variante des berüchtigten Radio Ruanda (RTLM) zu entwickeln – jenem Radio-Sender, der 1994 zum Völkermord an den Tutsi in Ruanda anstachelte.

Die exakt gleiche Gefahr für Menschenleben und Werte, die einst von Radio Ruanda ausging, geht heute von Channel 14 aus“, sagt der israelische Menschenrechtsanwalt Michael Sfard im Gespräch mit dem Freitag. Über das Schalten von Werbung auf Channel 14 könnte auch Yad2 finanziell darin verwickelt sein – ein Tochterunternehmen von Axel Springer.

Channel 14 ist bei jungen israelischen Männern beliebt, vor allem bei Soldaten

Channel 14 hat seit Oktober 2023 nahezu täglich gegen das verstoßen, was der Internationale Gerichtshof (IGH) bereits im Januar 2024 in seinen einstweiligen Maßnahmen verlangt: Dass Israel alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen unternimmt, um die direkte und öffentliche Anstiftung zum Völkermord an Mitgliedern der palästinensischen Gruppe in Gaza zu verhindern und zu bestrafen. Im Laufe meiner Recherchen habe ich das Programm des Senders über Monate hinweg verfolgt und bin dabei immer wieder auf Aussagen gestoßen, die auf Anstiftung zum Völkermord schließen lassen.

Der israelische Menschenrechtsanwalt Michael Sfard betont im Gespräch, Channel 14 sei „zu bestimmten Tageszeiten der zweitmeistgesehene Sender in Israel“. Besonders beliebt sei er unter jungen Männern und insbesondere unter Soldaten. Der Sender ist zudem eines der sehr wenigen Medien, denen Benjamin Netanyahu Interviews gibt. Seit seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2022 hat sich Channel 14 de facto zu einem Sprachrohr für staatliche Gewalt gegen Palästinenser:innen entwickelt.

Seit Oktober 2023 rufen Moderator:innen und Gäste dort immer wieder offen zur Aushungerung und Vernichtung von Palästinenser:innen auf. Im israelischen Diskurs ist derartige Rhetorik heutzutage weitgehend normalisiert. Nicht zuletzt auch wegen ihrer permanenten Verstärkung durch Channel 14.

Channel 14 lässt Aufrufe zu Völkermord und zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht nur zu“, betonte Menschenrechtsanwalt Sfard. „Solche Aufrufe sind sprichwörtlich Channel 14’s redaktionelle Linie“.

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Sfard führt eine aktuelle Petition gegen Channel 14 an, die seit Mai 2025 beim Obersten Gericht Israels liegt, gerichtet an die Generalstaatsanwältin, die Staatsanwaltschaft und die israelische Polizei. Für die Petition wertete ein unabhängiges Team sämtliche Primetime-Sendungen von Channel 14 seit dem 7. Oktober 2023 aus. Diese Auswertung liegt dem Freitag vor. „Ich war schockiert, als ich die Recherche erhalten habe“, sagt Sfard. „Das Material ging weit über meine schlimmsten Albträume hinaus.“

Israels Gesetz zur Verhinderung von Anstiftung zum Völkermord

Ursprünglich hatten die beteiligten Organisationen nicht vor, den Fall vor das Oberste Gericht Israels zu bringen. Nachdem Generalstaatsanwältin Baharav-Miara jedoch monatelang nicht reagierte, reichten sie die Petition ein, um die Behörden zum Handeln zu bewegen. In gewisser Weise ist die Petition ein Test, ob ein Mainstream-Medium nach Israels landeseigenem Gesetz zur Verhinderung von Anstiftung zum Völkermord zur Verantwortung gezogen werden kann. Dieses Gesetz besagt ausdrücklich, dass jede Person, die zum Völkermord anstiftet, „wie eine des Völkermords schuldige Person zu behandeln“ ist.

Als historische Referenz verweist die Petition auf das Ruanda-Tribunal von 1994. „Die Macht der Medien, grundlegende menschliche Werte zu schaffen oder zu zerstören, geht mit einer großen Verantwortung einher“, so wird das Urteil jenes Tribunals zitiert, das heute als ein Wegbereiter des Internationalen Strafgerichtshofs gilt. Mehrere Verantwortliche des Radiosenders RTLM, darunter Ferdinand Nahimana und Jean-Bosco Barayagwiza, wurden damals wegen Anstiftung zum Völkermord in Ruanda zu langen Haftstrafen verurteilt.

Shai Golden: Löscht Gaza komplett aus, lasst keinen einzigen Menschen dort zurück“

Die Petition stützt sich auf Hunderte Aussagen auf dem Kanal, wonach es „keine Unschuldigen“ in Gaza gebe, Menschen „ausgelöscht“ werden müssten und dabei als „Tiere“, „Ratten“, „Kannibalen“ und ähnliche entmenschlichende Begriffe bezeichnet werden. Dutzende solcher Aussagen sind in der Petition zitiert. Ich habe die hier zitierten Aussagen alle selbst überprüft.

Im Oktober 2023 etwa sagte Channel-14-Moderator Shai Golden: „Schreibt euer ,Free Palestine‘, spielt eure Opferrolle – wir werden kommen, um euch zu vernichten. Um euch zu v-e-r-n-i-c-h-t-e-n.“

Im selben Monat forderte der israelische Sänger Eyal Golan auf Channel 14: „Löscht Gaza komplett aus, lasst keinen einzigen Menschen dort zurück.“ Sein Kollege, der Sänger Kobi Peretz, erklärte dort: „Alle Soldaten denken wie ich […] wir brennen nicht nur ihr Dorf nieder, wir löschen es komplett aus.“

Im November 2023 wurde in der Channel-14-Sendung The Patriots ein Dialog zwischen dem Moderator Yinon Magal und dem Diskussionsteilnehmer Eldad Yaniv über Einsatzregeln des israelischen Militärs in zivilen Gebieten ausgestrahlt. Magal: „Was sollte man tun? Du siehst Zivilisten …“ Yaniv: „Feuer eröffnen!“ Magal: „Auf Zivilisten schießen?“ Yaniv: „Natürlich! Das sind keine Zivilisten.“

Der Journalist und regelmäßige Channel-14-Gast Yaki Adamker sagte im Februar 2024: „Ich glaube nicht, dass irgendjemand in Israel Mitleid mit Gazanern haben sollte – nicht mit Erwachsenen, nicht mit Alten, nicht mit Jungen und nicht mit Kindern […] sollen sie doch zu Tode hungern.“ Vergleichbare Aussagen, die Aushungerung als Kriegstaktik rechtfertigen oder einfordern, sind auf Channel 14 seit Oktober 2023 nahezu täglich ausgestrahlt worden.

Jedes Kind in Gaza ist ein Feind“

Im Februar 2024 erklärte Channel-14-Moderator Shimon Riklin: „[E]ines der Dinge, die mir seit dem 7. Oktober beim Einschlafen helfen, ist, Gebäude in Gaza explodieren zu sehen. Ich genieße das. Mehr davon!“ Im Februar 2025 bezog Riklin sich explizit auf Amalek, den biblischen Aufruf zur Vernichtung von ,Männern und Frauen, Kindern und Säuglingen‘. Riklin sagte: „Es gibt ein Gebot, Amalek auszulöschen […] Gaza ist Amalek, und die Amalekiter müssen vernichtet werden […] Deshalb ist es geboten, Gaza zu zerstören.“

Im Mai 2025 sagte der ehemalige Knesset-Abgeordnete Moshe Feiglin live auf Channel 14: „Jedes Kind, jedes Baby in Gaza ist ein Feind. Der Feind ist nicht die Hamas und nicht der militärische Flügel der Hamas (…) Jedes Kind in Gaza ist ein Feind.“

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Anfang August 2024 bot Channel 14 einem der zehn israelischen Soldaten eine Bühne, die beschuldigt wurden, palästinensische Gefangene in der Haftanstalt Sde Teiman vergewaltigt zu haben. Ein anderer Sender, Channel 12, hatte Videoaufnahmen veröffentlicht, die zeigen, wie israelische Soldaten einen palästinensischen Gefangenen sexuell misshandeln. Der Vorfall führte zur vorübergehenden Festnahme von neun Soldaten.

Laut behandelndem Arzt erlitt das palästinensische Opfer diverse schwere Verletzungen – darunter einen Darmriss und gebrochene Rippen. In Uniform und maskiert, um seine Identität zu verbergen, trat einer der Beschuldigten im Programm von Channel 14 auf. Dort wies er die Vorwürfe zurück und verteidigte die Vorgänge in Sde Teiman als „Standardverfahren“. Während eines Interviews wurde er beklatscht, als wäre er ein Nationalheld.

Ein Channel-14-Produzent postete: „[Wir] müssen einfach einen Holocaust an ihnen durchführen“

Auch auf sozialen Medien veröffentlichen Mitarbeiter des Senders Aufrufe zu Gewalt. Im Februar 2025 postete Channel-14-Produzent Elad Barashi auf X: „Gaza verdient den Tod. Die 2,6 Millionen Terroristen in Gaza verdienen den Tod! … Männer, Frauen und Kinder – auf jede erdenkliche Weise müssen wir einfach einen Holocaust an ihnen durchführen – ja, lesen Sie das noch einmal: H-O-L-O-C-A-U-S-T!“ Der Beitrag wurde später gelöscht.

Am 7. Oktober 2023 schrieb Shimon Riklin auf X: „Gaza sollte von der Erdoberfläche getilgt werden.“ Tage später tweetete er: „Sagt mir, warum genau haben wir eine Atombombe?“

Die Menschenrechtsgruppen hinter der Petition gegen Channel 14 argumentieren, die Rhetorik des Senders habe dazu beigetragen, Israels Vorgehen in Gaza zu normalisieren: Es handle sich um eine systematische Medienkampagne, die den Massenmord in Gaza mit angeheizt und aktiv ermöglicht habe.

Aufrufe zur Gewalt gegen Palästinenser:innen sind im israelischen Medienbetrieb kein neues Phänomen. Die in Berlin lebende palästinensische Journalistin Abir Kopty betont im Gespräch mit dem Freitag, die Unterschiede der anderen großen Sender Israels zu Channel 14 lägen „in erster Linie in Intensität und Rahmung“. Kopty sagt: „Alle großen Kanäle haben Palästinenser:innen entmenschlicht.“ Sämtliche TV-Sender in Israel hätten ethnische Säuberung propagiert und Kriegsverbrechen sowie gezielte Aushungerung geleugnet oder gar gerechtfertigt. „Das israelische Medienökosystem hat kanalunabhängig eine Rolle dabei gespielt, den Genozid in Gaza zu befördern.“

Als Beispiel nennt sie den Journalisten Zvi Yehezkeli, der Ende 2023 auf Channel 13 erklärte, Israel hätte „von Anfang an 100.000 Menschen in Gaza töten müssen“.

Axel-Springer-Tochterunternehmen Yad2 schaltete Werbung auf Channel 14

Parallel zu der Petition gegen Channel 14 hat eine Gruppe Israelis eine öffentlich zugängliche Datenbank erstellt, die auf Channel 14 ausgestrahlte Werbung seit Oktober 2023 sekundengenau erfasst. In dieser Datenbank finden sich internationale Konzerne wie Unilever, Nestlé und Carrefour – ebenso wie die israelische Kleinanzeigenplattform Yad2. Bis Ende April 2025 befand sich diese vollständig im Besitz der deutschen Axel Springer SE.

Ende April übertrug der Konzern die Kontrolle über sein Kleinanzeigengeschäft, zu dem Yad2 zählt, an die US-Investmentfirma KKR und den kanadischen Pensionsfonds CPP. Die Axel-Springer-Hauptanteilseigner Mathias Döpfner und Friede Springer behielten einen Minderheitsanteil von zehn Prozent von Yad2. KKR selbst hält 35,6 Prozent an der Axel Springer SE.

Sprich, ein Axel-Springer-Tochterunternehmen schaltete knapp anderthalb Jahre lang durchgehend Werbung auf einem Sender, der regelmäßig offen zum Völkermord an Palästinenser:innen in Gaza aufruft. Zwar betont der Konzern, „jede Form von Diskriminierung“ abzulehnen – über die finanziellen Verbindungen zu Channel 14 wollte er sich dem Freitag gegenüber allerdings nicht äußern.

Wir halten eine Minderheitsbeteiligung von zehn Prozent an den AS Classifieds, zu denen Yad2 gehört“, erklärte eine Unternehmenssprecherin gegenüber dem Freitag. „Die Unternehmen innerhalb von AS Classifieds entscheiden eigenständig, wo und wie sie Werbung schalten.“ Axel Springer ließ offen, ob dem Unternehmen die auf Channel 14 ausgestrahlte Rhetorik bekannt war. Channel 14 reagierte auf eine entsprechende Presseanfrage nicht.

Die Auswertungen der israelischen Recherche-Gruppe zeigen auch, dass Yad2 infolge des 7. Oktober auch 2024 und 2025 weiter als Werbekunde aktiv blieb – allein im Jahr 2024 mit zusammengenommen knapp 505 Sekunden Sendezeit – circa 8,5 Minuten.

Der in Berlin lebende Filmemacher und Autor des Substack-Blogs über deutsch-israelische Beziehungen Staatsräson Monitor, Alon Sahar, bezeichnete die Werbeschaltung für Yad2 auf Channel 14 nach dem 7. Oktober 2023 „extrem besorgniserregend“. Sahar sagte dem Freitag: „Werbekunden, die diesen Sender unterstützen – insbesondere internationale – sind mitschuldig daran, seine Agenda zu verstärken.“

Werbung auf Channel 14 in Israel sei wie Werbung bei Breitbart News

Laut dem israelischen Journalisten Itamar Benzaquen (The Seventh Eye, Shakuf) variieren Preise für solche Werbe-Slots, richten sich aber grob nach Einschaltquoten des jeweiligen Senders. Diese sind im Fall von Channel 14 in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Nach Zuschauerzahlen konkurriert Channel 14 heute mit Israels größten Sendern: Channel 11, Channel 12 und Channel 13.

Entscheidend, so Benzaquen, sei die Entscheidung, überhaupt Werbung auf Channel 14 zu kaufen. Der Journalist vergleicht das mit US-Unternehmen, die bei Breitbart News Anzeigen schalten würden. „Wenn eine große Marke wie Yad2 auf Channel 14 wirbt, ist das mehr als nur eine kommerzielle Entscheidung. Es ist ein Statement, dass der Sender in den Augen des Werbekunden als legitim gilt.“

Eigentümer von Channel 14 ist Yitzhak Mirilashvili, Sohn des russisch-israelischen Oligarchen Michael Mirilashvili, der Netanyahu nahesteht. Seit dessen Rückkehr an die Macht hat seine Regierung dafür gesorgt, dass öffentliche Gelder an Channel 14 gelenkt werden. Sie könne sich auf dessen loyale Berichterstattung verlassen, so Benzaquen gegenüber Freitag. Er beschreibt das mit den Worten „Eine Hand wäscht die andere“.

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Unter Israels derzeitiger Verkehrsministerin Miri Regev stiegen die Werbeausgaben bei Channel 14 Benzaquens Recherchen zufolge um 480 Prozent. Auch das Büro des rechtsextremen Sicherheitsministers Itamar Ben Gvir wurde ein wichtiger Werbekunde.

Die Medienforscherin Ayala Panievsky, Presidential Fellow an der City St George’s, University of London, erklärt gegenüber dem Freitag, Channel 14’s Aufstieg sei „nichts Organisches“. Benjamin Netanyahus Regierung habe alles daran gesetzt, den Sender strategisch aufzubauen. „Sie verfolgen eine Mission, die den objektiven Anschein von Journalismus nutzt“, so Panievsky. Die Hetze sei „sehr konstant“ und ihr Einfluss auf den öffentlichen Diskurs „übergroß“ – „Channel 14 sollten zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt Panievsky.

Palästinensische Journalistin Abir Kopty ist skeptisch gegenüber der Petition

Mehrere Expert:innen, mit denen ich für diesen Text gesprochen habe, beschrieben Channel 14 als dominante Kraft für die öffentliche Meinungsbildung in Israel – und somit als eine Art Nachfolger von Israel Hayomeine Netanyahu-nahe Zeitung, die 2024 eine Medien-Partnerschaft mit Axel Springer einging.

Im Gegensatz zu Israel Hayom seien Channel 14 journalistische Standards jedoch komplett egal, sagt der israelische Journalist Benzaquen. Die Mission sei klar: „Dem Führer [Benyamin Netanyahu] dienen. Wenn das bedeutet zu lügen, Verschwörungstheorien zu streuen und zu Kriegsverbrechen aufzuhetzen, dann ist das eben so.“

Benzaquen betont, dass das Channel-14-Personal den Umgang mit Sozialen Medien meisterhaft beherrsche und vorhandene Drähte zur politischen Elite unverhohlen nutzten. „Dadurch bleibt ihr Inhalt nicht auf Netanyahus Basis beschränkt – er erreicht jeden Haushalt, jedes Smartphone“.

Beweismaterial für das Genozid-Verfahren gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof

Die auf Channel 14 ausgestrahlte Hetze könnte auch als Beweismittel im von Südafrika angestrengten Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) interessant werden, um Israels Völkermord-Absicht juristisch zu untermauern. Der IGH hatte Anfang 2024 mehrfach einstweilige Maßnahmen erlassen, die Israel verpflichten, „alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um direkte und öffentliche Anstiftung zu Völkermord an Palästinenser:innen in Gaza zu verhindern und zu bestrafen“. Die Beschwerde sieht Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara verpflichtet, eine Untersuchung einzuleiten gestützt auf die IGH-Anordnungen.

Mehrere Expert:innen, mit denen ich für diese Recherche gesprochen habe, sehen im Nichteinschreiten israelischer Behörden – also im Versäumnis Israels, offenkundige Fälle von Anstiftung zum Völkermord zu ahnden – einen belastenden Faktor, neben Israels militärischem Vorgehen in Gaza. Dies könnte den IGH letztlich dazu bewegen, im Sinne Südafrikas zu urteilen, dass Israel einen Völkermord begeht. Auch das von Deutschland im Zusammenhang mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) häufig vorgebrachte Komplementaritätsprinzip – wonach zunächst israelische Behörden tätig werden müssen, bevor internationale Gerichte eingreifen können – wird durch die Channel-14-Petition beispielhaft unterlaufen.

Die in Berlin lebende palästinensische Journalistin Abir Kopty sieht die Petition gegen Channel 14 jedoch skeptisch: In ihren Augen ist diese weniger Ausdruck eines moralischen Umdenkens, sondern der Versuch, Israels ramponiertes Image zu retten.

Die Darstellung, allein Netanyahu und die ihm nahestehenden offen rechten Medien trügen Verantwortung für Anstiftung zu Völkermord, hält sie für irreführend. „Das Narrativ dahinter lautet, dieser Extremismus sei nicht mehrheitsfähig und nicht alle Israelis seien verantwortlich. Doch Umfragen zeigen eine überwältigende Zustimmung für den Genozid in Gaza. Das ist kein rechtsextremes Randphänomen, sondern gesellschaftlicher Konsens.“