Gericht stoppt Trumps Zölle: „Unsere Handelspartner sollen wie benommen und verwirrt sein“

Mit der Entscheidung des Bundesberufungsgerichts, die meisten von Präsident Donald Trump verhängten Zölle für illegal zu erklären, beginnt eine neue Hängepartie für Unternehmen und Regierungen. Die Zölle bleiben bis zum 14. Oktober in Kraft. Die Frist gibt der Regierung Zeit, den Supreme Court anzurufen. Trump hatte auf seinem Sprachrohr „Truth Social“ einen entsprechenden Plan angekündigt.
Kurz vor Veröffentlichung des Urteils am Freitagabend hatten Minister aus Trumps Kabinett vergeblich versucht, auf die Richter Druck auszuüben. Sie erklärten dem Berufungsgericht, dass eine Aufhebung der Zölle des Präsidenten der amerikanischen Außenpolitik erheblich schaden würde. Finanzminister Scott Bessent hatte gewarnt, dies würde zu einer „gefährlichen diplomatischen Blamage“ führen und Handelsgespräche untergraben.
Trump wetterte noch am Freitag auf „Truth Social“: „Heute hat ein stark parteiisches Berufungsgericht fälschlicherweise erklärt, dass unsere Zölle aufgehoben werden sollten, doch sie wissen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika am Ende gewinnen werden.“ Er schrieb: „Wenn diese Zölle jemals verschwinden würden, wäre das eine völlige Katastrophe für unser Land. Würde diese Entscheidung Bestand haben, würde sie buchstäblich die Vereinigten Staaten von Amerika zerstören.“
Wahrscheinlich nimmt sich der Supreme Court des Falles an
Wendy Cutler, die ehemalige langjährige Unterhändlerin der US-Regierung für Handelsfragen, schrieb auf Linkedin: „Unsere Handelspartner müssen wie benommen und verwirrt sein.“ Viele von ihnen hätten mit den USA Rahmenabkommen geschlossen, einige verhandelten noch. Sie spekulierte, dass die Bemühungen der EU, für ihr Abkommen die innenpolitische Zustimmung in den jeweiligen Ländern zu sichern, nun infrage gestellt sein könnten. Japan und Korea könnten den Versuch, die mündlichen Abmachungen in einen schriftlichen Vertrag zu gießen, verlangsamen, bis rechtliche Klarheit in den USA herrscht – zugleich aber weiter auf niedrigere Autozölle drängen.
Als wahrscheinliches Szenario gilt, dass der Supreme Court sich des Falles annimmt. Er kann das aber verweigern. Dann ginge der Fall zurück an das Internationale Handelsgericht, das darüber zu entscheiden hätte, ob die vom Berufungsgericht bestätigte Entscheidung sich nur auf die Kläger bezieht – das wären eine Handvoll mittelständischer Unternehmen und einige demokratisch geführte Bundesstaaten – oder auf alle, die diese nun für illegal erklärten Zölle entrichtet haben. Doch selbst wenn nur die Kläger Entlastung bekämen, könnten alle betroffenen Akteure auf der Basis des Urteils ihr Geld zurückfordern. Darauf wies der Verfassungsrechtler Ilya Somin hin, einer der treibenden Kräfte hinter dem Liberty Justice Center, das die Kläger vertrat.
Das US-Finanzministerium hat mit Einnahmen zwischen 300 Milliarden und 500 Milliarden Dollar aus den Zöllen kalkuliert, von denen rund 70 Prozent nun zur Disposition stehen und ein neues Loch in den Haushalt reißen, der schon ein geschätztes Defizit von 1,6 Billionen Dollar im Fiskaljahr 2025 hat, das am 30. September endet.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts, die mit sieben zu vier Stimmen fiel, besagt, dass sich Trump Rechte angeeignet hat, die ihm nicht zustehen. Das 48 Jahre alte Notstandsgesetz International Emergency Economic Powers Act, auf das sich Trump beruft, erlaubt US-Präsidenten in Notsituationen, den Handel zu „regulieren“. Das Wort Zölle findet im Gesetzestext keine Erwähnung. Die Mehrheit der Richter kam zum Ergebnis, dass die Erhebung von Zöllen nicht unter den Begriff „regulieren“ fällt. Denn immer, wenn der Gesetzgeber ein so zentrales Recht des Kongresses wie die Erhebung von Zöllen delegierte, tat er dies mit präziser Beschreibung, die dem Notstandsgesetz fehlt. Wenn der Gesetzgeber an anderer Stelle „Regulierung“ erwähnt, fallen Zölle regelmäßig nicht darunter.
Überdies berufen sich die Richter auf eine Doktrin, der zufolge substanzielle Änderungen der Aufgabenteilung zwischen Legislative und Exekutive mit großer Klarheit formuliert sein müssen und nicht durch vage Formulierungen begründet sein können. Das ist insofern brisant, weil diese „major questions doctrine“ die zentrale Rolle in der Begründung des Supreme Courts spielte, ein Programm der Biden-Regierung zu stoppen. Präsident Joe Biden wollte Studienkredite in Höhe von bis zu 400 Milliarden Dollar am Kongress vorbei erlassen. Der Supreme Court erklärte das für illegal. Das Urteil schrieb damals der als konservativ geltende Verfassungsrichter John Roberts.
Von dem aktuellen Urteil sind Zölle, die spezielle Produktgruppen betreffen, wie Autos, Kupfer, Stahl und Aluminium, nicht betroffen. Trump hat andere rechtliche Instrumente, Zölle zu erlassen, die aber aus seiner Sicht daran kranken, Zeit bei der Einführung beanspruchen und überdies die Zölle in Zeit und Höhe begrenzen.